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Domänen (Bayern)
delt worden. Die Summe der Bruttoeinnahmen
beträgt für ein Jahr der Finanzperiode 1910/11:
4800 100 Mk. Die Reineinnahmen belaufen
sich aber nur auf 3 329 900 Mk., da laut Gv.
16. 8. 08 von den Einnahmen an Grundgefällen
der Staatskasse ein derartiger Betrag zur Stär-
kung des Amortisationsfonds verwendet wird,
daß mit Schluß des Jahres 1940 die Bodenzinfe
zur Staatskasse getilgt sind. Als Ueberbleibsel der
„grundbaren Güter“ des Staates und demnach
als „Staatsdomänen“, welche für die Civilliste des
Königs haften und den Bestimmungen des Ti-
tels III VuUl unterliegen, kommen in Betracht:
a) Die Grundgefälle zur Staats-
kasse. b) Der Amortisationsfonds.
c) Der hauptsächlich aus freiwilligen Ablösungen
der Bodenzinse zur Staatskasse bestehende, bereits
auf eine Höhe von 22 241 440 Mk. angewachsene
Gefällablösungsfonds.
1I. Neuerwerbungen. Hiezu ist die Geneh-
migung des Königs erforderlich (Form. V v. 9. 12.
1825 5 93 Abs 3). Ein Ueberbleibsel des in T. II#
der Domanialfideikommißpragmatik niedergeleg-
ten Grundsatzes besteht darin, daß auch nach Vu.
III #& 1 die neo acquisita des Königs, wenn er
ohne Verfügung darüber stirbt, mit den D. ver-
einigt werden.
8 3. Beräußerung von Staatsdomänen (Rechte
des Landtags). Hauptgrundsatz ist: Das Staats-
gut ist unveräußerlich — VU F1ff. Wenn aber
Veräußerungen vorgenommen werden, dann soll
der Erlös rentierend angelegt werden, so daß die
Einkünfte nicht geschmälert werden (Vu III
§##6 6 u. 7). Die Anordnung der Veräußerung von
Werten über 2000 Mk. erfolgt durch den König
(V v. 19. 4. 52 I Z. 1). Ueber die dem Regenten
auferlegten Veräußerungsbeschränkungen siehe
Vu I1 818 mit III 2. Ein Mitwirkungsrecht des
Landtages bei Veräußerung von Staats D. besteht
nicht. Nur die Verleihung von „Staatsdomänen
oder Staatsrenten" zur Belohnung von bedeu-
tenden, dem Staate geleisteten Diensten ist aus-
nahmsweise an die Zustimmung des Landtages
gebunden (VuU III 38.5u. VII # 18). Der Landtag
hat aber bei Verletzung des in VU Tit. III auf-
gestellten Prinzips der ungeschmälerten Erhaltung
des Staatsguts ein Recht der Verfassungs-
beschwerde und Ministeranklage (Vu
X s8 5 u. 6). Nach Seydel St II2 389 soll
auf die dem König vorbehaltene Veräußerung
und Neuerwerbung von StaatsD. das Peti-
tionsrecht des Landtages Anwendung fin-
den. M. E. mit Unrecht, denn es handelt sich hier
mit Ausnahme der Fälle in Tit. III 5 Vu und
VII # 18 nicht um einen zum Wirkungskreis der
Stände gehörigen Gegenstand (VuU VII 8§ 1 ff
und § 19). Dies kommt dadurch zum Ausdruck,
daß die Veräußerungen und Neuerwerbungen
von StaatsDD. nicht im Budget, weder im ordent-
lichen noch im außerordentlichen, ausgewiesen
werden. Lediglich aus den Rechnungsnachweisen
über die „besonderen im Budget nicht enthaltenen.
Staatsfonds“ kann sich der Landtag Kenntnis
verschaffen. In den erwähnten Nachweisen ist
unter dem Titel Staatsgüterkaufschillinge Teil 1
über den Erlös aus veräußertem Staatsgute und
über die Verwendung dieser Summen zum Er-
werbe von Realitäten und Rechten (insbesondere
Forstrechten) eine Rechnung aufgetan, welche
dem Landtag lediglich zur Kenntnisnahme, nicht
aber zur Prüfung vorgelegt wird. Ebenfalls nicht
im Budget enthalten ist der Ausweis über die
jährlich eingehenden Ablösungsgelder der Staats-
bodenzinse und die Beträge für Ablösung staat-
licher Lehensherrlichkeit.
Eine Erweiterung der Zuständigkeit des Land-
tages ist in folgenden Fällen zu konstatieren: Der
bereits erwähnte, von Ablasungsschillingen der
staatlichen Grundgefälle gebildete Fonds von
22 241 440 Mk. ist nach den Grundsätzen des
Tit. III Vu unveräußerlich und rentierlich ange-
legt worden. Diesem Fonds wurde aber mit
Finanz G v. 20. 8. 06 ein Betrag von 6 Millionen
entnommen, welcher erst nach 35 Jahren wieder
ergänzt sein wird. Der Landtag hat mit den darauf
bezüglichen Anträgen seine Kompetenz über-
schritten, denn cs handelt sich um eine dem König
oder dem Regenten allein obliegende Veräuße-
rung von Staatsgut im Sinne von Vu III #8 4,
welcher nicht einmal ein den Voraussetzungen
des Titels III Vu entsprechendes Aequivalent
gegenüber getreten ist. Eine nicht minder be-
merkenswerte Erweiterung der Kompetenz des
Landtages ergibt sich ferner daraus, daß für „außer-
ordentliche Staatsbedürfnisse“ ein Betrag aus
dem Gefällsablösungsfonds ins Budget herüber-
genommen und dadurch dem Budgetprüsungs-
recht des Landtags unterstellt wird (vgl. die Ein-
tellberüicht zum außerordentlichen Budget 1910/11
.12).
Ziteratur: Außer Riezler, Geschichte Baherns
v. Stengel, Lehrbuch des deutschen VerwRechts; O.
Mayer 1 35 f; Seydel St 8Ki 5W Staats W (1909)
8, S 516 u. 517 und den dort angegebenen Autoren; ferner:
Abert, Die Wahlkapitulationen der Würzburger Bi-
schöfe, 1905; Baumann, Geschichte des Allgäus, 1882 bis
1894; G. v. Below, Die landständ. Berfassung in Jülich
und Berg, 1885—1891; derselbe: Entstehung d. ausschließ-
lichen Wahlrechts d. Domkapitel, 1. Leipziger Studien 1883;
Haff, Die Bauernbefreiung und der Stand des Boden-
zinsrechtes in Bayern, 1910; Leuze, Das Augsburger
Domkapitel im Mittelalter 1909; u. Stutz, Karls des
Großen divisio vom Bistum und Grasschaft Chur, 1909,
S. 22 ff.; Thimme im Arch für Urkundenforschung 2,
101 ff. Val. auch Eifler, Das krarialische Weingut in
Unterfranken, 1908. Haff.
II. Cachsen
* 1. Umfang und Verwaltung im allgemeinen. 1 2.
Eigentum, Veräußerung und Nutzung. 1 3. Domänen im
engeren Sinne.
s 1. Domänen und Domänengt Umfang
und Verwaltung im allgemeinen.
1. Der Ausdruck Domäne wird in der Vl. an
drei verschiedenen Stellen gebraucht, in & 16, 5 17
Abs 2 und — in der Zusammensetzung D. Gut —
in & 22 Abs 2.
2. Wie sich aus den Verhandlungen zwischen
der Regierung und den Ständen über die Ver-
fassung ergibt, soll Domänengut in #122
Abs 2 nichts anderes bedeuten als das, was in dem
Dekret an die Stände, den Entwurf der Vl für
das Kgr. Sachsen betr., v. 1. 3. 1831 (Landtags-
akten 1830/31 Bd. 3 S 1373 ff) mit Domanial-