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Doppelbesteuerung
ausgiebige Rechtsprechung entwickelt (näheres
namentlich bei Maatz S723/25 und Clauß 157 ff).
Wenn ein Reichsangehöriger in keinem
Bundesstaate einen Wohnsitz hat, so entscheidet
der Ort des Aufenthalts; hat er in seinem Heimats-
staate und außerdem in anderen Bundesstaaten
einen Wohnsitz, so darf er nur in seinem Heimats-
staate zu den direkten Staats St herangezogen
werden (F 2 Abs 1 u. 2). Für den Fall, daß ein
Reichsangehöriger in seinem Heimatsstaate keinen
Wohnsitz hat, wohl aber in mehreren anderen
Bundesstaaten, enthält das Reichsgesetz keine
Vorschrift. Ein solcher Deutscher kann daher
in sämtlichen Staaten, in denen er einen
Wohnsitz hat, zu den direkten Staats St herange-
zogen werden; es steht aber in seinem Belieben,
dies durch Erwerb der Staatsangehörigkeit in
einem dieser Staaten abzuwenden. Hat er in
mehreren Bundesstaaten Staatsangehörigkeit und
Wohhnsitz, so kann er ebenfalls in jedem derselben
besteuert werden, so lange er seiner mehrfachen
Staatsangehörigkeit nicht ein Ende macht. Deut-
sche, die im Reichs= oder Staatsdienste stehen,
dürfen im allgemeinen nur in demjenigen Bun-
desstaate besteuert werden, in dem sie ihren
dienstlichen Wohnsitz haben, ohne Rücksicht
auf ihre Staatsangehörigkeit (§ 2 Abs 3).
Dienstlicher Wohnsitz ist die einem Beamten
zur Ausübung seines Berufs zugewiesene Station.
Dabei war es bisher gleichgültig, ob der Beamte
auch tatsächlich dort wohnte oder nicht
(Bundesrats Prot 1872 §390, Nr. 90 der Drucks.).
Die Novelle von 1909 bestimmt indessen (a 1
Ziff. 3), daß in Zukunft der dienstliche Wohnort
nur dann entscheidend ist, wenn der Beamte an
diesem Orte auch wirklich einen Wohnsitz im Sinne
des § 2 Abs 1 des G innehat, oder dann, wenn der
Beamte überhaupt keinen Wohnsitz im Sinne des
8z 2 Abs 1 im deutschen Reiche hat. Wohnt der
Beamte dagegen tatsächlich am Orte des dienst-
lichen Wohnsitzes nicht, wohl aber in einem an-
dern Bundesstaate, so ist in Zukunft dieser steuer-
berechtigt. Reichsbeamte im Auslande werden
von dem Staat, der sie entsendet hat, besteuert
(RT Ster 831).
1II. Ausnahmen von dem Grund-
satze. Diese gehen namentlich dahin, daß der
Grundbesitz und der Betrieb eines Ge-
werbes, sowie das aus diesen Quellen her-
rührende Einkommen nur von demjenigen Bun-
desstaate besteuert werden darf, in dem der
Grundbesitz liegt oder das Gewerbe betrieben
wird. Dieser Grundsatz galt bereits tatsächlich bei
Erlaß des Gesetzes in allen deutschen Staaten;
durch seine Aufnahme in das Gesetz ist aber die
Abänderung den Einzelstaaten unmöglich
gemacht (Drucks. RT 1870, Bd. 4 Nr. 103 S 311).
a) Grundbesitz lnicht unerhebliche Judi-
katur Maatz 725 ff). Unter Einkommen aus
Grundbesitz ist nur ein unmittelbares, also ding-
liches Recht auf Nutznießung zu verstehen,
nicht ein abgeleitetes, wie z. B. ein persönlicher
Anspruch (auf Rente, Hypothekenzinsen usw.).
Wenn sich ein einheitlicher Grundwirtschaftsbetrieb
über zwei Bundesstaaten erstreckt vgl. OVGSt
8, 333.
b) Gewerbebetrieb. Eine Definition
des Gewerbebetriebs gibt das Gesetz nicht. Nicht
als Gewerbetreibender ist jedenfalls anzusehen der
Kapitalist, der sein Geld in einen Gewerbebetrieb
steckt, auch nicht der Angestellte, der seine Arbeit
in den Dienst eines fremden Geschäfts stellt und
dafür Zins, Lohn oder Gewinnanteile (Tantie-
me) bezieht. Bei der Frage, „wo“ das Gewerbe
betrieben wird, kam es nach der von den Gerich-
ten gegebenen Auslegung des D. Gesetzes lediglich
auf den Ort an, wo die Quelle sich befindet,
aus der das Einkommen der Einzelwirtschaft und
mittelbar das daraus zu ziehende St Einkommen
des Staates entspringt, wobei es gleich-
gültig sei, ob eine gewerbliche Niederlassung be-
gründet ist oder nicht (Rt 11, 309, RE#Z 15, 17;
39, 134). Bei einem Gewerbe, dessen Betrieb sich
über mehrere Staaten erstreckt, stehe daher das
Recht der Besteuerung jedem der beteiligten Staa-
ten insoweit zu, als überhaupt ein Betreiben des
Gewerbes in seinem Gebiete stattfindet. Da das
Hessische Einkommensteuer G v. 12. 8. 99
àl Ziff. 2 c von der gleichen Anschauung ausgeht,
wie das D. Gesetz, während nach § 2b des Preu-
ßischen Einkommensteuer G zur steuerlichen
Heranziehung Auswärtiger wegen gewerblichen
Einkommens das Vorhandensein einer sicht-
baren gewerblichen Anlage, Niederlassung usw.
gefordert wird, so war in der Praxis die Entschei-
dung in Streitfällen gegen Preußen und zugun-
sten Hessens erfolgt.
Die Novelle von 1909 (Fassung des 3 3) stellt
sich nun, hauptsächlich aus praktischen Gründen,
auf den preußischen Standpunkt, wonach es zur
Annahme eines steuerpflichtigen Gewerbebetriebes
in einem Bundesstaate des Vorhandenseins einer
„Betriebsstätte“ in diesem Gebiete bedarf. Als
solche wird „jede feste örtliche Anlage oder Ein-
richtung, die der Ausübung des Betriebes eines
stehenden Gewerbes dient“, also zugleich eine ge-
wisse Stabilität des Betriebes zeigt, angesehen,
z. B. Zweigniederlassungen, Fabrikationsstätten,
Ein= und Verkaufsstellen, Niederlagen, Kontore
usw. Unter Umständen kann auch die Wohnung
des St Pflichtigen als Betriebsstätte gelten. Be-
finden sich Betriebsstätten desselben gewerblichen
Unternehmens in mehreren Bundesstaaten, so
darf die Heranziehung in jedem Bundesstaate nur
anteilig erfolgen. Diese Neuregelung bezieht sich
nur auf den stehenden Gewerbebetrieb. Die
Besteuerung des Hausierbetriebes und des Wan-
derlagerbetriebs bleibt demjenigen Bundesstaate
vorbehalten, in dessen Gebiet der Betrieb statt-
findet oder stattfinden soll.
III. Gehalt, Pension, Wartegeld.
Das R bestimmte in § 4, daß „Gehalt (im
weiteren Sinne, also auch Wohnungsgeldzuschuß,
Remuneration), Pension und Wartegeld, welche
deutsche Militärpersonen und Zivilbeamte, sowie
deren Hinterbliebene aus der Kasse eines Bundes-
staates beziehen, nur in demjenigen Staate zu
besteuern sind, welcher die Zahlung zu leisten hat".
Beschwerden über diese Vorschrift traten hervor,
seit mit der Entwickelung der Staatseisenbahnen
in zunehmendem Maße die im Besitze von Eisen-
bahnunternehmungen befindlichen Staaten den
Betrieb ihrer Bahnen auf die Gebiete benach-
barter Bundesstaaten ausdehnten, wodurch Be-
amte in steigender Zahl dauernd außerhalb des
Gebicts desjenigen Staats stationiert sind, von
dem sie angestellt sind. Namentlich wurde infolge-
dessen in den thüringischen Staaten, die