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Dotationen — Durchsuchung
Teil der Reform, die Erleichterung der eigenen
provinziellen Armenlasten (Landarmenverbände)
und die Unterstützung leistungsschwacher Gemein-
den und Kreise und zwar lediglich für Zwecke des
Armen= und Wegewesens und zur Deckung von
Kosten des Baues und der Unterhaltung von
Brücken Verwendung fanden. Dabei sollte für
ersteren Zweck als Regel ½ der 7 Millionen Ver-
wendung finden.
Eine Besonderheit des neuen Gesetzes gegen-
über der alten D. Gesetzgebung war namentlich
die Aufstellung eines anderweitigen Ver-
teilungsgrundsatzes. Der alte Maßstab der
Verteilung „nach Land und Leuten“, d. h. nach
Flächeninhalt und Bevölkerungszahl, schien schon
deshalb nicht angezeigt zu sein, weil es sich dies-
mal nicht wie früher in erster Linie um eine
Dezentralisation von Staatsaufgaben,
sondern um eine Unterstützung der Pro-
vinzial= und engeren Kommunalverbände auf
gewissen Gebieten ihrer Selbstverwaltungstätig-
leit handelte. Der gewählte Maßstab wurde des-
halb aus den 3 Momenten der Leistungsfähigkeit,
der Belastung mit kommunalen Abgaben und der
Bevölkerungszahl kombiniert. Die Verteilung
der 7 Millionen erfolgte nämlich gemäß §&2 des Ge-
setzes zu ½ nach dem umgekehrten Verhältnisse
der Staatseinkommensteuer, zu ½ nach dem
Prozentverhältnisse der kommunalen Abgaben
zur Staatseinkommensteuer und zu ½ nach der
Zahl der Zivilbevölkerung (nach der Volkszählung
1900). Nur für die kleinen Kommunalverbände
von Lauenburg und die Hohenzollernschen Lande
behielt man den alten Maßstab bei (5§ 3 d. G).
Die Höhe der Jahresrenten für jeden Pro-
vinzialverband ist endgültig festgestellt durch § 1
der Kgl V v. 22. 6. 02 (GS S?258). Die Unterver-
teilung innerhalb der einzelnen Provinzen erfolgt
nach Maßgabe von provinziellen, staatlich zu ge-
nehmigenden Reglements durch den Provinzial-
ausschuß im Einvernehmen mit den Oberpräsi-
denten. Bei mangelndem Einverständnis setzen
die Minister den Plan fest. Die für Chaussce-
wesen bestimmten 3 Millionen werden zu 1 Million
auf alle Provinzialverbände und zu 2 Millionen
lediglich auf die 6 östlichen, also die leistungs-
schwächeren Provinzialverbände verteilt, jedes-
mal nach dem schon angedeuteten Verteilungs-
maßstabe (88 9, 10 d. G; Kal V. SF 1 u. 2).
Schließlich wurde noch der auf Grund des 8 70
Abs 1 KrO v. 1872 (1881) den Landkreisen der
östlichen Provinzen zu den Kosten der Amtsver-
waltung (s. § 4 oben) überwiesene Gesamtbetrag
ein für allemal auf die Jahressumme von
750 000 Mk. festgesetzt. Es war dies der dem
Durchschnitte der Ersparnissummen an Aufwen-
dungen des Fiskus aus den letzten 10 Jahren
entsprechende Jahresbetrag, den man einstellte,
um die alljährlichen zeitraubenden Arbeiten zu
ersparen, die nicht im Verhältnis zu den Jahres-
unterschieden, die sich daraus ergaben, standen.
5. III. Dotationen in andern deutschen
Staaten
Als D. wird auch bezeichnet und stellt sich im
etatswirtschaftlichen Sinne dar die „Ueberwei-
sung eines Teiles der Grundsteuereinnahmen an
Schulgemeinden“ — künftig wegfallend — im Etat
des Königreichs Sachsen Kap. 109 a Tit. 1
(1908/09: 1 916 140 Mk.). S. näheres im a III
des G betreffend die direkten Steuern v. 3. 7. 02
(GVBl 278) und in den Etatserläuterungen.
1902/03. S. ferner die „Bistumsdotationen“ im
württembergischen Etat Kap. 56, die
Ausgaben, im badischen Etat Tit. IX der
Ausgaben und im hessischen Etat Kap. 35
Tit. 2 der Ausgaben.
Literatur: Eheberg, Fin. W. 1½ 1909 S 556 ff;
v. Reitzensteinin Schönbergs HB #1885, 3. Bd. S641;
L. v. Stein, Finanzwissenschaft 1885 II1 S107 . 227;
v. Stengel, Organisation der Preuß. Verwaltung, 1884;
Parey, Rechtsgrundsätze 7: Brauchitsch, Die Pr.
Verwesetze Bd. II. O. Schwarz.
Durchsuchung
(prozessnal)
# 2. Durchsuchung im Zivilprozeß. 1 3.
#* 4. Durchsuchung der
#5 5. Bestimmungen außerhalb der Strafprozeß-
6# 1. Begriff.
Durchsuchung im Strafprozeß.
Papiere.
ordnung.
[EE — Entw StPd, Reichstagsvorlage 1909,/10.)
5 1. Begriff. D. von Personen oder Sachen
ist das durch staatlichen Befehl angeordnete, u. U.
durch Zwang unterstützte Suchen nach Personen
oder Sachen sowie ihren Merkmalen, wenn diese
zur Durchführung rechtlich anerkannter Zwecke
gebraucht werden sollen. Als starker Eingriff in
die Individualsphäre bedarf sie genauester recht-
licher Begründung und ist ohne Spezialvorschrif-
ten nicht zulässig. Soweit die Verfassungen die
Freiheit der Person und die Unverletzlichkeit der
Wohnung gewährleisten (Preußen a 5, 6), können
allgemeine Bestimmungen, wie ALR Tl. II,
Tit. 17 8 10 über das Amt der Polizei sie nicht
rechtfertigen (sehr bestritten; höchst zweifelhaft
RG#St 3, 188; siehe auch O. Mayer 1, 366 ff).
Allerdings genügen die vorhandenen Bestimmun-
gen kaum, um die notwendige staatliche Energie
mit dem Schutz der Betroffenen in Einklang zu
bringen; wo sie sich finden, sind sie meist sehr
dehnbar. — Wegen der verschiedenen Zwecke ist
die Regelung auf den einzelnen Gebieten ganz
selbständig zu behandeln: für das Prozeß-, Ver-
waltungs-, Völkerrecht. — Das Landesrecht steht
für die ihm vorbehaltenen Gebiete selbständig
neben dem Reichsrecht. — Von D. sind andere
Zwangsmaßregeln zu unterscheiden: Betreten
von Räumen, Besichtigungen, Revisionen durch
Finanz= und Polizeibeamte, anthropometrische
Messungen, Rasieren oder Anlegen bestimmter
Kleidung zum Zweck der Wiedererkennung. Die
Grenzen sind oft schwer zu finden; so wird die
letzte Maßregel oft zur D. gerechnet; sie ist ihr jeden-
falls analog zu behandeln.
&2. Durchsuchung im Zivilprozeß. Bei Geld-
vollstreckung durch Fahrnispfändung sowie bei
jeder Vollstreckung zum Zweck der Herausgabe
einer beweglichen Sache (3PO + 830, 836, 883,
884 — hierher auch Kinder nach BGB Fl 1632,
1800, bestr.) kann der Gerichtsvollzieher zum
Zweck der Auffindung von Pfandstücken oder der