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Einkommensteuer (Geschichte)
leitet und eine gründliche St Reform in Aussicht
gestellt. Im Jahre 1908 brachte dann die Staats-
Reg eine Mehrzahl von St Vorlagen ein, die zu-
nächst einer besonders gearteten geschäftlichen Be-
handlung außerhalb der parlamentarischen Tagung
unterstellt wurden. In der Sessionsperiode 1908
bis 1909 wurden dann die Gesetzentwürfe nach
Ueberwindung von sehr erheblichen Schwierig-
keiten und mit namhaften, häufig nicht ver-
bessernden, Abänderungen von beiden Häusern
des Landtags angenommen. Sie wurden dann
zu 9 G v. 14. 8. 10 erhoben. Bayern ist damit zu
einem kombinierten System der Personalbesteu-
erung übergegangen und hat das reine Ertrags-
St System ausgegeben. Den Mittelpunkt der
Staatsbesteuerung bildet nunmehr die allgemeine
E., an deren Seite vier Ertrags St: Grund-,
Haus-, Gewerbe= und Kapitalrenten St, als Er-
gänzungs St mit der Aufgabe der Vorbelastung
des BesitzEink erhoben werden. Diese letzteren
sind wegen dieser Eigenschaft mehrfach modifiziert
und herabgesetzt worden. In der Hauptsache ist
der bayerische Gesetzgeber den sonstigen deutschen
Vorbildern gefolgt.
Das Gesetz über die E. v. 14. 8. 10 tritt am
1. 1. 12 in Kraft.
III. Sachsen
Das ältere St System war 1831 begründet und
1845—50 fortgebildet worden und hatte den Cha-
rakter eines geschlossenen Ertrags St Systems.
Trotz seiner allseitig anerkannten Reformbedürftig-
keit gelang es doch erst 1874 nach langem Schwan-
ken einen Fortschritt zu machen. Man nahm das
Prinzip der allgemeinen E. an, neben der die
Grund St unverändert beibehalten und die Ge-
werbe= und Personal St einstweilen reformiert
werden sollten. Auf Grund eines G v. 22. 12. 74
wurde die allgemeine E. 1875 zum erstenmal
probeweise veranlagt und 1877 erstmals erhoben.
Nach den dabei gemachten Erfahrungen wurde
die E. durch Gv. 2. 7. 78 neu geordnet und durch
ein Gesetz vom gleichen Datum wurde die Personal-
und Gewerbe St aufgehoben und die Grund St
von 9 auf 40% Normalsatz herabgesetzt. Ein G
v. 10. 3. 94 änderte den St Tarif, und 1900—1902
wurde eine neue Reform durchgeführt. Durch
Gv. 24. 7. 00 wurde die StTechnik der allge-
meinen E. verbessert, der St Tarif in seinen
Sätzen erhöht, die aber nur für die Periode 1904
bis 1907 Geltung haben sollten. Durch G’v.
2.7.02 wurde eine Ergänzungs St nach preußischem
Muster hinzugefügt, die das von der Grund St
nicht getroffene Vermögen der physischen und der
meisten nichtphysischen Personen vorbelasten sollte.
IV. Württemberg
Im Laufe des 19. Jahrhunderts war ein zwei-
gliederiges Ertrags St System ausgebildet worden,
das aus zwei Gruppen bestand: 1. aus der Real-
St Gruppe, mit den „Kataster St“ (Grund-, Ge-
bäude-, Gewerbe St) und 2. aus der Personal-
St Gruppe, die die Kapitalrenten- und die par-
tielle E. umfaßte. Seit 1895 setzte in Württem-
berg eine Reformära ein, deren Ziel die Umge-
staltung des St Systems in der Richtung der Ein-
führung ciner allgemeinen E. und der Verbes-
serung der bestehenden Ertrags St war. Die par-
tielle E. sollte ganz beseitigt werden. An einem
verfassungsrechtlichen Konflikt scheiterte zunächst
dieses erste Reformprojekt. 1899 legte die Regie-
rung abermals einen Gesetzentwurf vor, der eine
allgemeine E. vorsah und die Kapital-, Grund-,
Gebäude= und Gewerbe St abänderte. Nach par-
lamentarischen Debatten, die zwei Jahre aus-
füllten, und in deren Verlauf es an Schwankungen
aller Art nicht fehlte, kam endlich die St Reform
durch drei Gesetze v. 8. 8. 03 zustande. Die all-
gemeine E. wurde zur Grundlage der direkten
Staatsbesteuerung. In sie ist die partielle E. (Be-
soldungs-, Dienst Eink-, Apanagen St) aufgegangen.
An die Seite der allgemeinen E. traten zwei
Gruppen von Ergänzungs St: die Kapital St
einer- und die Grund-, Gebäude- und Gewerbe-
St andererseits.
V. Baden
Die ältere direkte Besteuerung beruhte auf
einem reinen Ertrags St System, in dem mehrere
partielle E. vertreten waren. Eine allgemeine E.
war längst, aber erfolglos angestrebt worden.
Eine solche war schon im Jahre 1848 mit degres-
sivem St Fuß (7½7—300) und mit Selbstangaben
der StPflichtigen gesetzlich beschlossen worden,
trat aber nicht in Kraft. Nachdem 1848—1873
die Ertragsbesteuerung systematisch vollendet
worden war, machte man 1873 abermals den
Versuch, eine allgemeine E. als Ergänzungs St
und zur Abschleifung von Härten der Ertrags St
dem St System einzugliedern. Aber auch dieser
Plan scheiterte. Erst durch Gv. 20. 6. 84 gelang
es eine allgemeine E. als selbständiges Glied der
Erwerbsbesteuerung, nicht als bloße Zusatz St
zu errichten. Neben ihr bestanden zunächst als
Ertrags St die Grund-, Gebäude--, Gewerbe= und
Kapitalrenten St als Ergänzungs St, die dann
durch die G v. 28. 9. 06 u. 27. 5. 10 in ebenso viele
Vermögens St Partialen mit dem Prinzipe der
Vorlastung verwandelt wurden.
VI. Hessen
Das dreigliederige St System, das 1824—1827
begründet und 1860—1867 mehrfach erneuert
wurde, bestand aus einer Grund St mit Einschluß
der Gebäude St, einer Gewerbe= und Personal St
als Ertrags St. Durch G v. 12. 4. 68 und 21. 6. 69
ging man zu einer allgemeinen E. über, die in
zwei Abteilungen nach der Eink Größe eine Kom-
bination aus einer einkommensteuerartigen Klassen-
und einer E. darstellte. Die Personal St ging
funktionell in die E. auf. Als ergänzende Vor-
belastung bestanden dann die Grund-(Gebäude-)
und Gewerbe St. Durch G v. 8. 7. 84 wurde die
E. vervollkommnet, eine Kapitalrenten St hinzu-
gefügt und die Gewerbe St reformiert. Nachdem
ein Gv. 25. 6. 95 die E. auf den bisherigen Grund-
lagen fortgebildet und ein Gv. 10. 7. 95 die
Kapitalrenten St einer Neuredaktion unterworfen
hatte, brachte das Jahr 1899 abermals eine
Resorm der Erwerbsbesteucrung. Die E. wurde
weiter ausgebaut durch G v. 12. 8. 99 und eine
Vermögens- und Ergänzungs St nach preußischem
Vorbild neu eingeführt. Zugleich wurden die Er-
hebung der staatlichen Grund= (Gebäude-), Ge-
werbe= und Kapitalrenten St zugunsten der Ge-
meinden außer Hebung gesetzt und die Erträge
diesen überwiesen.