Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
Einkommensteuer (Steuerpflicht) 
In der systematischen Darstellung, die 
hier folgt, ist bei Abweichung von der Regel auch 
auf andere deutsche Staaten als die vorerwähnten 
Bezug genommen. 
4. Stenerpflicht und Stenerpflichtige. 
f:. Allgemeinheit der Steuer- 
pflicht. Die C. beruht auf dem Prinzipe der 
Allgemeinheit der St Pflicht. Sie ist eine sub- 
jektive und eine objektive. Die E. trifft alle selb- 
ständig erwerbenden Personen ohne Rücksicht auf 
Art und Höhe ihres Eink und sie erfaßt physische 
und nichtphysische Personen ohne Rücksicht auf 
Alter, Geschlecht oder Zivilstand. Ebenso will sie 
alles Eink ohne Unterschied oder Beschränkung 
oder irgend welche Vorzugsstellung zur Leistung 
heranziehen. Die Allgemeinheit der E. tritt auch 
dadurch zutage, daß sice das allgemeine Eint, 
dessen objektive Bestandteile in ihrem Zusammen- 
fluß beim Rechtssubjekt als Einheit oder Ganzes 
zu besteuern strebt. 
II. Die physischen Personen. Bei 
den physischen Personen werden drei Gruppen 
unterschichden: Inlander, Reichsangehörige und 
Ausländer. Inländer und Reichsangehörige sind 
steuerpflichtig, wenn sie innerhalb des St Gebiets 
festen oder dauernden Wohnsitz oder ihren amt- 
lichen Dienstsitz haben oder daselbst längeren 
Aufenthalt nehmen. Die Ausländer sind jenen 
steuerrechtlich gleichgestellt, wenn sie sich im In- 
land länger als 1 Jahr oder des Erwerbes halber 
aufhalten. Hier ist dann das gesamte Eink steuer- 
pflichtig. Ohne Rücksicht auf Wohnsitz, Aufenthalt, 
Dienstsitz oder Aufenthalt sind Personen mit dem- 
jenigen Eink im Inland steuerpflichtig, das aus 
inländischem Grund= und Gebäudeeigentum oder 
aus im Inland betriebenen Gewerbe= und Han- 
delsanlagen oder sonstigen gewerblichen Betriebs- 
stätten fließt, selbst wenn es nach dem Ausland 
bezogen wird. Auch die Empfänger von Besol- 
dungen, Wartegeldern, Pensionen und Ruhe- 
genüssen aus inländischen Staats-, Gemeinde-, 
Hof= und Stiftungskassen sind für diese Bezüge 
stets im Inland steuerpflichtig, ohne Rücksicht 
darauf, ob sie im Inlande oder Auslande verzehrt 
werden. Dagegen dürfen nach dem R v. 
22. 3. 09 [Doppelbesteuerung] im 
Reichs= oder Staatsdienste stehende Deutsche, die 
neben ihrem inländischen Dienstsitz noch in einem 
andern Bundesstaat einen Wohnsitz haben, nur 
vom Bundesstaate des Dienstsitzes oder, wenn sie 
nur einen Dienstsitz haben, vom Bundesstaate 
dieses Dienstsitzes, nicht aber vom Heimatsstaate 
#ur E. herangezogen werden. Eine Sonder- 
estimmung besteht für Ausländer, die sich kürzere 
Zeit als 6 Monate im Inlande aufhalten, indem 
sie nicht mit ihrem GesamtEink, sondern nur mit 
der innerhalb dieser Frist verzehrten Quote des 
Eink zur St herangezogen (Hamburg, Sachsen) 
werden. 
Die frühere Beschränkung der St Pflicht bei den 
von Personal St befreiten Häuptern und Mitglie- 
dern der ehemals reichsständischen Familien 
(Standesherrn) ist meist durch Vertrag gegen 
Entschädigung abgelöst worden (preuß. Gv. 
18. 7. 922) [Adel, Mediatisiertel. 
III. Die nichtphysischen Perso- 
nen. Unter diesen sind allgemein steuerpflichtig 
die Erwerbsgesellschaften im weitern Sinn: die 
Aktien = und Kommanditgesellschaften auf 
  
Aktien, die Berggewerkschaften, die Erwerbs- und 
Wirtschaftsgenossenschaften und ähnliche gesell- 
schaftliche Unternehmungsformen, sowie die Per- 
sonenvereine von nicht geschlossener Mitglieder- 
zahl (Vereine, Genossenschaften). Dagegen ist die 
St Pflicht der rechtsfähigen Körperschaften des 
öffentlichen Rechts und der rechtsfähigen Stif- 
tungen nur von einzelnen E. Gesetzen aner- 
kannt (Bayern, Württemberg, Sachsen). Auch 
die Rechtslage der Konsumvereine ist 
schwankend. Sie sind teils steuerfrei, teils unbe- 
dingt steuerpflichtig (Württemberg, Sachsen, Ba- 
den), teils bedingt steuerpflichtig, wenn sie einen 
ofsenen Laden halten oder ihr Geschäftsberrieb über 
den Kreis ihrer Mitglieder hinausgeht (Preußen, 
Hessen). Ebenso sind die Gesellschaften 
m. b. H. ganz steuerfrei (Preußen 1873—1906) 
oder allgemeinsteuerpflichtig (Bayern, Württem- 
berg, Sachsen, Hessen, Baden) oder besonderen 
Normen unterstellt (Preußen seit 1906). Mit- 
unter sind dann die Gewinnanteilce des einzelnen 
Gesellschafters steuerfrei (Preußen, Württemberg). 
Ausländische nichtphysische Personen sind 
unbedingt steuerpflichtig im Inland mit ihrem 
Eink aus inländischem Grundbesitz, Gewerbe- 
betrieb und Kapitalanlagen (Sachsen). 
6. Das steuerpflichtige Einkommen. 1. All- 
gemeine Grundsätze. Die Stesetze 
bezeichnen als St Objekt oder Gegenstand der Ab- 
gabe das Eink und umschreiben es nach bestimmten 
Merkmalen. Steuerpflichtig ist die Summe aller 
in Geld, Geldeswert, und geldwerten Nutzungen 
bestehenden Einnahmen eines Rechts= und St- 
Subjekts. Als Bestandteil des steuerpflichtigen 
Eink gilt insbesondere der Mietwert der Wohnung 
im eigenen Hausc oder sonstige freie Wohnung, 
sowie der Wert der im eigenen Hauehalt ver- 
zehrten oder verbrauchten Erzeugnisse des eigenen 
landwirtschaftlichen und gewerblichen Betriebes 
und der sonstigen dem StSubjekte zustehenden 
Eingänge an Naturalien und Nutzungen. Für 
die Bewertung dieser Bezüge sind die örtlichen 
Mittelpreise oder amtlich festgesetzte Durchschnitts- 
sätze (Bayern) in Ansatz zu bringen. 
Das steuerpflichtige Eink umfaßt daher allen 
Vermögenszuwachs, den das StSubjekt in einer 
Wirtschaftsperiode regelmäßig und der Wieder- 
holung fähig als den Reinertrag einer festen 
Erwerbsquelle empfängt. Diesem hauptsächlichen 
Bestandteil des Eink sind aber auch alle geldwerten 
Genüsse, Nutzungen und Genußmöglichkeiten hin- 
zuzuzählen, soweit sie dem Bezieher während des 
Berechnungsabschnittes eine wirtschaftliche Ver- 
wertung gestatten. Dagegen fallen die unperio- 
dischen und außerordentlichen 
Vermögenszugänge nicht unter den 
Begriff des Eink und scheiden daher aus dem 
Bereiche des Eink aus. Derartige Erwerbungen 
innerhalb eines Gewerbebetriebs sind mitunter 
abzüglich der in diesem Jahre erlittenen Verluste 
sowie der Gewinn aus zu Spekulationszwecken 
abgeschlossenen Geschäften bei regelmäßigem und 
gewohnheitsmäßigem Vorkommen oder Betrieb 
und aus Differenzgeschäften im Börsenverkehr 
der St Pflicht unterworfen (Württemberg). 
2. Feststehende und schwankende 
Einnahmen. Feststehende oder in ihrer 
Höhe im voraus bekannte Einnahmen sind nach 
ihrem Betrage für das laufende oder abgelaufene
	        
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