Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
Eisenbahnen (III. Behörden — Beiräte) 
aus den Präsidenten und Vorständen der Direktiv- 
behörden, einem vortragenden Rate des Ministe- 
riums und 6 Mitgliedern, die vom Könige aus den 
Mitgliedern der Direktivbehörden ernannt werden. 
Dem Rate der Verkehrsanstalten kommt nur eine 
begutachtende Stimme zu (5§ 6). — Die unmittel- 
bare Leitung und Beausfsichtigung des Betriebs 
sowie der Neubauten und Ergänzungsbauten 
innerhalb der Staats E. Verwaltung (und der 
Bodenseedampfschiffahrt) liegt der General- 
direktion der Staats E. ob, einer selbständigen, 
mit den Rechten und Pflichten von Landeskolle- 
gien ausgestatteten, dem Min untergeordneten 
Direktivbehörde mit 3 Abteilungen, die die Ver- 
waltung in allen Rechtshandlungen und Streitig- 
keiten vertritt. Nur soweit die Geschäftsordnung 
für die Generaldirektion für bestimmte Geschäfte 
kollegiale Beratung und Beschlußfassung vor- 
schreibt, kommt ihr der Charakter einer Kollegial- 
behörde zu, im übrigen ist die Geschäftsbehandlung 
bei den Abteilungen burcaumäßig. Der an der 
Spitze stehende Präsident ist für die ganze Ge- 
schäftsführung verantwortlich und allen der Ge- 
neraldirektion angehörigen und unterstellten Be- 
amten vorgesetzt. Die Geschäftsordnung für die 
Generaldirektion ist geregelt durch die Vf g v. 
6. 11. O1 (Al d. Verkehrsanst. 625) und v. 
18. 11. 03 (das. 557). Für die einzelnen Dienst- 
zweige bedient sich die Generaldirektion der Be- 
triebs-, Bau-, Maschinen= und Werkstätten in- 
spektionen sowie der Telegrapheninspektion, 
Kal V v. —8. 3. 00 (Reg Bl 227) und Vfg v. 10.3.00 
(AnBl 177). — Zur Vertretung des Fiskus in 
Rechtsstreitigkeiten ist ausschließlich die General- 
direktion berufen, Vig v. 26. 3. 00 (Reg Bl 337). 
V. In Baden ist für die obere Verwaltung und 
Leitung des Baues und Betriebs der Staats E. 
und der unter Staatsverwaltung stehenden Pri- 
vatbahnen (sowie der Bodenseedampfschiffahrt) 
die dem Ministerium des Großherzog- 
lichen Hauses und der auswärtigen 
Angelegenheiten (orgl. V v. 15. 9. 08, 
GVBl Nr. XXXVIII) untergeordnete, aus ad- 
ministrativen und technischen Mitgliedern gebildete 
Großh. Generaldirektion der StaatsE. be- 
stellt. An ihrer Spitze steht der Generaldirektor, 
sie gliedert sich in 5 Abteilungen: Verwaltungs-, 
Betriebs-, Verkehrs-, Bau- und Rechnungsabtei- 
lung (Vov. 22. 11.98, GVhl Nr. XXXV, 15. 9.08, 
GVBl Nr. XXXVIII und 19. 3. 09, das. Nr. VIII). 
Die Geschäftsordnung der Generaldirektion ist 
genehmigt durch Min E v. 27. 12. 02. — Für die 
Wahrnehmung und Ueberwachung des äußeren 
Dienstes sind unter Leitung der Generaldirektion 
Betriebs-, Bahnbau= und Maschineninspek- 
R#nten bestimmt (V v. 11. 5. 06, GVBl Nr. 
VI. Der E.Besitz des Großherzogtums Hessen 
ist auf Grund des Staats Vt v. 23. 6. 96 — in 
Preußen genehmigt durch G v. 16. 12.96 (GS 215) 
— mit den preußischen Staats E., unbeschadet der 
Eigentumsverhältnisse, zu einer Betriebs= und 
Finanzgemeinschaft vereinigt. Die Verwaltung 
dieser vereinigten preußischen und hessischen 
Staatsbahnen wird auf gemeinsame Rechnung 
nach den jeweilig gültigen Verw Vorschriften für 
die preußischen Staats E. geführt. Zentralbehörde 
der Gemeinschaftsverwaltung ist der preu- 
Hische Minister der öffentlichen Ar- 
v. Stengel-Fleischmann, Wörterbuch 2. Aufl. I. 
  
beiten. Die unmittelbare Leitung und Beauf- 
sichtigung der in die Gemeinschaft eingeworfenen 
hessischen Strecken erfolgt durch die E.Direk- 
tionen in Mainz und Frankfurt a. M. als „Ge- 
meinschaftsdirektionen". Die Direktion 
Mainz führt die Bezeichnung „Kgl Preußische und 
Großh. Hessische Eisenbahndirektion“, die Dienst- 
stellen auf hessischem Gebiete heißen „Großher= 
zoglich Hessische“ insoweit, als die gleichen Stel- 
len in Preußen die Bezeichnung als „Königlich 
Preußische“ führen. Die Aufsicht über den Bau 
und Betrieb der in die Gemeinschaft fallenden 
Bahnen wird — unter Mitbeteiligung der hessi- 
schen Regierung für die auf hessischem Gebiete 
belegenen Strecken — durch die zuständigen Ver- 
waltungsorgane der Gemeinschaft geführt (a 6 
fg, 13, 17 ff des Staatsvertrages und Schlußpro- 
tokoll dazu). Aus dem Inhalt des Staatsver- 
trags ergibt sich, daß die Gemeinschaftsdirektionen 
auch im Sinne des hessischen Rechts als Staats- 
behörden anzusehen sind und in Hessen im Namen 
des hessischen Staates Hoheitsrechte ausüben 
(Näheres in der Zcitung des Vereins deutscher 
E. Verwaltungen 1905 S 1101, 1117). 
VII. Die Organisation der StaatsE. in Meck- 
leuburg-Schwerin ist geordnet durch Bek v. 29. 1. 
90 (Regl Nr. 3), in Oldenburg durch G v. 24. 
4. 06 (GBl 646). 
Literatur im Text, außerdem: Witte, Ordnung 
der Rechts- und Dienstverhältnisse der Beamten und Arbeiter 
im Bereiche der preuß. Staats E. Verwaltung (für den Dienst- 
gebrauch); Köhne, Grundriß des E. Rechts, 1906; Eger, 
E.Recht, 1910. Fritsch (Gleim). 
. – ——— 
3. Eisenbahn-Beiräte 
1. Begriff und Entwickelung. 
Rechtszustand. 
4 2. Gegenwärtiger 
[B— Beirat;: ER— Eisenbahnrat.!] 
§ 1. Begriff und Entwickelung. 
I. Begriff. Eisenbahnbeiräte sind 
durch Gesetz oder im VerwWege errichtete, aus 
frei gewählten oder von der Staatsregierung be- 
rufenen Vertretern von Handel, Gewerbe, Land- 
und Forstwirtschaft, sowie des E.Gewerbes zu- 
sammengesetzte Körperschaften. Ihre Aufgabe ist, 
in regelmäßig wiederkehrenden Zusammenkünf- 
ten den E.Verwaltungen bei Bearbeitung aller 
wichtigeren Verkehrs= — insbesondere Tarif= und 
Fahrplan= — Angelegenheiten zu sachgemäßer 
Berücksichtigung der Interessen des Verkehrs bei- 
rätliche Mitwirkung zu leisten. Andere Bezeich- 
nungen sind: Beiräte der Verkehrsanstalten, 
E. Ausschüsse, E.Räte, Reichs-, Staats-, Landes-, 
Bezirks-E. Räte, Räte für E.Tarifangelegenheiten; 
in Frankreich: Comité consultatif des chemins 
de fer. 
II. Entstehung und Entwickelung. 
Ein E.B ist im Deutschen Reiche zuerst in den 
Reichslanden Elsaß-Lothringen neben der Kaiserl. 
Generaldirektion der E. in Straßburg im Jahre 
1874 auf Anregung der Handelskammer in Mül- 
hausen errichtet worden. Ein Versuch des Reichs- 
E. Amts, durch eine Vsig v. 11. 1. 75 die übrigen 
deutschen Staats= und Privatbahnen zur Ein- 
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