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Eisenbahnen (IV. Tarife)
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Bundesrat in der Sitzung v. 13. 2. 75. Durch
Beschl v. 14. 12. 76 wurde dem von den deut-
schen Staats= und Privatbahnverwaltungen ver-
einbarten Gütertarifschema (s. § 7) mit der Erklä-
rung zugcstimmt, daß vom Standpunkte des
Reiches gegen die Einführung desselben insbe-
sondere mit der Maßgabe nichts zu erinnern sei,
daß die Feststellung der den einzelnen Bahnen
nach Maßgabe ihrer besonderen Verhältnisse
unter Vorbehalt periodischer Revision vorzu-
schreibenden Maximalsätze nach Maßgabe
des a 45 Reichsver fassung und der
bisherigen Beschlüsse des Bun-
desrats eine Mehrbelastung des Verkehres
tunlichst vermieden, vielmehr auf die möglichste
Erleichterung, namentlich auf Beseitigung der
Frachtzuschläge von 1874, Bedacht genommen
werde, und daß vorbehaltlich konzessionsmäßiger
Rechte die Einführung von Ausnahmetari-
fen sowie von Differentialtarifen
von der Genehmigung der Aufsichts-
behörde werde abhängig gemacht werden.“
In der Frage der Frachtdisparitäten
und der Differentialtarife im in-
ternationalen Verkehr (s. oben F 1)
ist durch BRBeschl v. 6. 4. 77 die Erwartung
ausgesprochen,
daß die Bundesregierungen bei der Umgestal-
tung der Frachttarife davon ausgehen werden,
daß, soweit nicht besondere Umstände eine
Ausnahme rechtfertigen, auf dersel-
ben Verkehrsroute nach einer
vorliegenden Station an Ge-
samtfracht nicht mehr erhoben
werden darf als nach einem
darüber hinausliegenden ent-
fernteren Bestimmungsorte —
und daß — behufs tunlichster Fernhaltung von
Tarifen, die den deutschen Handel, Ackerbau
und die deutsche Industric zu schädigen geeignet
sind — alle Tarife der vorgängi-
gen Genehmigung der Aufsichts-
behörde vorbehalten
die für ausländische
oder Fabrikate einen an
oder verhältnismäßig günstige-
ren Frachtsatz gewähren als für
gleichartige inländische Erzeug-
nisse.
Hierzu wurde vom Minöl in Preußen durch
Erl v. 21. 2. und 23. 4. 78 E. VBl 43 u. 115 be-
stimmt:
daß die Genehmigung für Differentialtarife
zugunsten ausländischer Produkte und Fabri-
kate nur dann in Aussicht zu nehmen sei, wenn
entweder eine Benachteiligung
inländischer wirtschaftlicher In-
teressenten überhaupt nicht zu
besorgen sei oder dochüberwiegende
Interessen anderer Zweige der
inländischen Volkswirtschaft für
die beantragte Tariferniedrigung sprechen.
In letzterer Beziehung würden insbesondere die
Interessen des deutschen Scehandels oder des
inländischen Verbrauchs, die eigene Ausfuhr oder,
namentlich wenn es sich um die Konkurrenz gegen
fremde Verkehrsstraßen handelt, die eigenen In-
teressen der deutschen E. in Frage kommen können
(s. Fleck, Betr. Rgl. S 207, 208).
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III. Das Verhältnis der E. Verwaltungen (mit
Ausschluß von Bayern und Württemberg) zu der
Reichs-Postverwaltung ist durch RG
v. 20. 12. 75, RGBl 3l18, geregelt (Vollzugsbe-
stimmungen v. 9. 2. 76, 3331 87, v. 9. 5. 78,
RZBl 261 und 24. 12. 81, Rgvi 1882 S 40).
Auf die Verpflichtungen der Eisenbahnen
untergeordneter Bedeutung zu Lei-
stungen für die Zwecke des Postdienstes beziehen
sich die Bestimmungen des RrK v. 28. 5. 79,
RZBl 380, E. VBl 108. — Die Verpflichtungen
der Kleinbahnen in Preußen gegenüber
der Postverwaltung sind durch Pr. G v. 28. 7. 92
(GS 225) 5F 42 festgesetzt. (N Abschnitt I des Ge-
samtartikels, oben S 659, 660 .
5 7. Die gegenwärtigen Normaltarise der
deutschen Eisenbahnen. 1. Für den Normal-=
Güter tarif wurde im Jahre 1876 von den
dcutschen E. Verwaltungen ein einheitliches
Tarifschema vereinbart und nach der Be-
schlußnahme des B v. 14. 12. 76 (s. zu §& 6)
am 12. und 13. 2. 77 in einer von dem preußischen
Minister der öffentlichen Arbeiten berufenen Ge-
neralkonferenz der deutschen Ei-
senbahnen festgestellt. Es beruht auf dem
sog. gemischten System (s. zu §& 1) und
gliedert sich im wesentlichen (vom Eilgut,
Sperrgut und anderen Besonderheiten abge-
sehen) in zwei Stückgutklassen (eine allgemeine
Klasse für Güter aller Art und eine Spezialstück-
gutklasse für besonders benannte Güter) und vier
Wagenladungsklassen (eine allgemeine Wagen-
ladungsklasse für Güter aller Art und drei Spe-
zialtarifklassen für besonders benannte Güter) mit
Unterabteilungen für Wagenladungen von min-
destens 5000 und von mindestens 10 000 kg Ta-
rifgewicht (s. hierüber Ulrich, ETWesen 262;
auch die genaue Darstellung bei Cauer, Per-
sonen- und Güterverkehr, 1903, 546 ff). Bei der
Einführung wurden — dem BBeschl v. 14. 12.76
(s. zu § 6) entsprechend — den Privatbahnen für
die Tarifklassen Höchstsätze bewilligt.
Abweichende Tarifsätze für einzelne Güter
wurden nur in Form von Ausnahmetari-
fen zugelassen und an die besondere Genehmi-
gung der Regierung geknüpft (preuß. Min E v.
25. 12. 76, 5. 3. 77, 12. 4. 77. Drucks. des Hauses
der Abgeordneten Nr. 103 v. 1877/78 S 23 ffh.
Für die Preußischen Staatsbahnen
wurden nach der ersten Verstaatlichung im Jahre
1880 übereinstimmende Einheits-
sätze für die normalen Tarifklassen festgesetzt,
die später auch von den übrigen deutschen Staats-
E., die zuerst meist höhere Sätze berechneten, im
wesentlichen angenommen wurden, so daß jetzt
auf allen deutschen Staatseisen-
bahnen für die Normalklassen
des einheitlichen Güter-Tarif-
schemas auch übereinstimmende
Einheitssätze gelten (s. d. Entwicklung der
Gütertarife der preußisch- hessischen Staats E.:
Arch für E.Wesen 1905 S 83, 86 saus dem NAnz
v. 30. 11. 041: Ulrich, Die fortschreitende Ermä-
Hhigung der E.Gütertarife in Jahrbüchern NOek
1891 S 64).
Die gemeinsame Fortbildung des einheitlichen
Tarisschemas erfolgt in regelmäßig wiederkeh-
renden, vom preuß. MinöA berufenen Gene-
ral-Konferenzen der deutschen E., deren