Elbschiffahrt
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im Lauf der Jahrzehnte mehr und mehr gewach-
sen. Eine den Gegenstand ausführlich behandelnde
Schrift „Die Elbzölle. Aktenstücke und Nachweise.
Leipzig 1860“ hob nachdrücklich hervor, daß ein
solcher kläglicher Zustand unmöglich auf die Länge
geduldet werden könne. Einstweilen hat sich der
Elbzoll nur noch in dem Namen der Elbzoll-
gerichte erhalten (unten §& 3).
. Elbeschiffe und Elbeschiffer.
I. Allgemeine Grundsätze der Ad-
ditionalakte von 1844 (unten 95 5).
Die Befugnis zur Schiffahrt und Flöseerei steht
denen zu, die von der Regierung, deren Untertanen
sie sind, zur selbständigen Betreibung zugclassen
werden. Die Uferstaaten sollen nur solche Perso-
nen und Gesellschaften zulassen, deren ökonomische
und sonstige Verhältnisse für Erfüllung der den
Schiffseignern obliegenden Verpflichtungen ge-
nügende Sicherheit bieten. Jedes Fahrzeug,
dessen Fahrt sich nicht auf das Gebiet seines Ufer-
staats beschränkt, muß der Leitung eines Führers
untergeben sein, der für die Befolgung der §§9—13
verantwortlich ist. Die Fahrzeuge müssen wäh-
rend der Fahrt von den zur Legitimation des
Schiffes und des Führers erforderlichen Paten-
ten begleitet sein (§+9). Das „Schiffspatent"“
ist vor Antritt der ersten Reise von der zuständigen
Behörde des Staats auszustellen, zu dessen Ree-
derei das Fahrzeug gehört, nach Prüfung der
Tüchtigkeit und Feststellung der Tragfähigkeit
(§ 10). Das Schiffspatent verliert seine Gültig-
keit, wenn das Fahrzeug an die Reederei eines
anderen Staates übergeht (5§ 11). „Schiffer-
patente“ für Schiffsführer und solche für Floß-
führer sind von einer je im Uferstaate dazu er-
mächtigten Behörde auszustellen, nachdem der
Bewerber sich über Unbescholtenheit und sonstige
persönliche Verhältnisse sowie darüber ausgewie-
sen hat, daß er in einer nach den in dem betreffen-
den Uferstaat geltenden Vorschriften vorgenom-
menen Prüfung seine Fähigkeit zum# fraglichen
Geschäfte bewährt habe. Das Schifferpatent für
Segel= und Dampfschiffe ermächtigt zur Führung
jedes Elbfahrzeuges, das der betressenden Gat-
tung und der Reederei des Staats angehört, in
dem das Patent ausgestellt wurde; das Patent
für Flößer ermächtigt zur Führung jedes Holz-
floßes, das von einem Platz dieses Staates ab-
geht. Ein Patent zur Führung von Dampf-
schiffen ermächtigt zugleich zur Führung von
Segelschiffen, aber nicht umgekehrt (§ 12). Das
Schifferpatent erlischt mit Aufhören des Unter-
tanenverhältnisses des Schiffers zum patentieren-
den Staat. Die Wiedereinziehung steht nur dem
Staat zu, der das Schifferpatent ausgestellt hat.
Die Behörde hat das Patent zurückzunehmen,
wenn der Inhaber untauglich oder dessen Beibe-
haltung mit Ordnung und Sicherheit des Schiff-
fahrtsverkehrs nicht vereinbar ist (§ 13). — (Hierzu
aus dem Prot. der V. Revisionskommission: Bei
Uebersiedelung aus einem in einen anderen
Uferstaat hat der Schiffer zwar ein neues Schiffer-
patent nachzusuchen, dabei soll aber in der Regel
von einer nochmaligen Prüfung abgesehen wer-
den.) #& 14—17 enthalten Strafbestimmungen.
II. Die einzelnen deutschen:)
1½) Für Oesterreich: hauptsächlich die Kundmachung
des Böhm. Landesgubernium v. 30. 4. 46. Die Reede-
Uferstaaten. Zu erinnern ist an die Reichs-
gewerbeordnung und speziell betreffs der Dampf-
schiffe an die allg. polizeilichen Bestimmungen
über Anlegung von Dampfkesseln lt. Bek des RK
v. 5. 8. 90, RGl 163 f; neuerdings Vorschriften
v. 17. 12. 08, RGBl 1909 Nr. 2 S ö1 ff.
A. Reedereibefugnis und Schiffs-
patent.
1. Sachsen: Vuv. H. 1. 94: Der Erlaubnis-
schein für die Unternehmer wird von der Kreis-
hauptmannschaft Dresden erteilt. Verwendung
eines Fahrzeugs von mindestens 10 t ist nur ge-
stattet nach Erteilung des Schiffspatents. Nach
der in §§ 4—9 geordneten Untersuchung der Fahr-
zeuge durch die Straßen= und Wasserbauinspektion
erteilt eine der Amtshauptmannschaften Pirna,
Dresden-N., Meißen (Elbstromämter) das Schiffs-
patent und gestattet darin dem Eigentümer
des Schiffs, es zum E.Betrieb zu benutzen, so-
lange es in gutem Zustand. Nach & 12 erschüttert
ein bloßer Eigentümerwechsel die Gültigkeit des
Schiffspatents nicht, es ist aber „überzuschreiben“.
§5* 13 wiederholt die Bestimmung der Additional-
akte, daß Schiffs= bezw. Schifferpatente erlöschen
sollen bei Uebergang des Schiffes bezw. Schiffers
in die Zugehörigkeit zu einem anderen Uferstaat!
Dies paßt m. E. nicht mehr auf das Verhältnis
Oesterreichs zu Deutschland und namentlich der
deutschen Uferstaaten (Bundesstaaten) zu einan-
der. — Für Dampfschiffe werden wiederkehrende
Probefahrten und ein „Fahrzeugnis“ verlangt;
vgl. ferner die V des Min Inn, Beaufsichtigung
der Dampfkessel betr., v. 5. 9. 90.
2. Preußen: Die Bek des Finanz Min
v. 6. 12. 44 (Abdruck in den Amtsblättern der Re-
gierungen Merseburg, Magdeburg, Potsdam)
wiederholt im wesentlichen die Vorschriften der
Additionalakte. Sie bestimmt den zuständigen
Wasserbaubeamten und einige Formalitäten für
die Nachsuchung der Patente. Hierzu ein Aus-
schreiben der Kgl Landdrostei Lüneburg v. 13. 3.
46; ferner ein Landesherrl. Patent für Lauenburg
v. 31. 1. 45. Eine Pol Ordnung des Chefs der
Elbstrombauverwaltung für die Reg Bezirke Mer-
seburg, Magdeburg, Potsdam v. 15. 5. 82 wieder-
holt lediglich den § 8 der Additionalakte und be-
droht Zuwiderhandlungen „nach Maßgabe der
Additionalakte § 14—17“. Dieser Pol Ordnung
im wesentlichen entsprechende Bestimmungen
erließen noch die Landdrosti Lüneburg am 5. und
die Reg zu Schleswig am 3. 6. 82. Hinzu kommt
schließlich die Bek des Chefs der Elbstrombau-
reibefugnis wird einem „eigenberechtigten Inländer“
erteilt nach Ausweis über „Wohlverhalten“, Geschäfts-
kenntnis und angemessenen Unternehmerfonds. Die Er-
teilung des Schifferpatents gegen ähnliche Vorbe-
dingungen, wie in Deutschland. Betreffs der österreichi-
schen Lotsen gilt die Kundmachung des böhmischen Statt-
halters v. 4. 11. 97. Danach gehört zur Erlangung der
Lotsenlegitimation außer dem Besitz eines Schifferpatents
noch mindestens 5jährige selbständige Schiffsführung, ge-
naue Kenntnis der österreichischen Elbstrecke und der „gute
Erfolg einer Prüfung". Solche Prüfung außer der
Schifserprüsung fehlt für den Lotsendienst auf deutscher
Elbe, insbesondere für den sächsischen Lotsen-, Ausweis“,
zu dessen Erlangung auch keine 5-, sondern nur 3jährige
selbständige Schiffsführung gefordert wird.
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