60 Adel
bedarf es für Personen, die nicht zum deutschen
Ur-- oder Reichsbrief A. gehören, einer besonderen
Anerkennung ihres A. durch den König. Doch
kann diese Anerkennung für nichtsächsischen A. von
bestimmter Art und bestimmtem Ursprung allge-
mein ausgesprochen werden. Das ist auch ge-
schehen auf Grund von Vereinbarungen zugunsten
des A. aller deutschen Königreiche und Großherzog-
tümer, soweit er schon staatsangehörig war (V v.
19. 9. 02). Weibliche Personen verlieren durch
ihre Verheiratung mit einem Bürgerlichen den A.
Heiraten sie aber in zweiter Ehe einen adeligen
Mann, so gilt ihr A. als niemals erloschen. Macht
das von einem Bürgerlichen adoptierte adelige
Kind von der Möglichkeit des 5 1758 Abs 2 Ge-
brauch, dem neuen Namen seinen früheren Fa-
miliennamen hinzuzufügen, so erhält es sich nach
ALK II 2 J§ 685 den A. Geschieht das nicht, weil
vielleicht der Annahmevertrag ein anderes be-
stimmt, so geht in Preußen durch die Adoption
seitens eines Bürgerlichen für den Adeligen der A.
verloren, es sei denn, daß er gemäß 3 684 eben-
dort durch besondere landesherrliche Begnadigung
aufrecht erhalten würde. Weiter kann der A. durch
einen freiwilligen Verzicht untergehen. Es bedarf
dazu nach den meisten Partikularrechten einer
ausdrücklichen Erklärung, die gegenüber dem Staate
abgegeben wird (Bayr. A.Edikt § 18; das sächsische
A.G gestattet in § 8 ausdrücklich auch den Verzicht
auf ein A. Zeichen, also z. B. Freiherrutitel). Der
Verzicht ist unwiderruflich (sächs. A. G 88), sodaß die
nachträgliche Führung des A. Prädikats auf Grund
des 8 360 Nr. 8 BGB eine unbefugte und strafbare
(KG v. 31. 3. 98). Die Wirkung des Verzichts
erstreckt sich nicht auf die zur Zeit des Verzichts
bereits erzeugten (Sachsen) oder geborenen
(Bayern) Kinder des Betreffenden und deren Ab-
kömmlinge. Steht der Verzichtende unter elter-
licher Gewalt oder Vormundschaft, so bedarf der
Verzicht der Genehmigung des Vormundschafts-
gerichts (Sächs. A.G 5§ 8). Nach badischem Recht
soll der A. Verzicht auch für die zu jener Zeit schon
verheiratete Frau des Verzichtenden keine Wir-
kung haben (VI Konst. Ed. § 21). Die Aenderung
eines adeligen Namens in einen ganz anderen bür-
gerlichen Namen bedarf in Preußen der Genehmi-
gung des Reg Präsidenten. Durch bloßen Nicht-
gebrauch geht der A. nicht unter. Nach Par-
tikularrecht kann es aber bei längerem Nichtge-
brauch zur Wiederaufnahme des A. der Mitwirkung
einer Behörde bedürfen. In Preußen muß bei
Nichtgebrauch des A. in zwei Generationen der-
jenige, der den A. wieder führen will, die Befugnis
dazu nachweisen, und zwar muß dieser Nachweis
jetzt bei dem Min des Kgl Hauses bezw. dem die-
sem unterstellten Heroldsamt geführt werden
(ogl. das Restr. des Justiz Min v. 16. 2. 38, AE
v. 16. 8. 54 und 8 R des Justiz Min v. 13. 6. 55
betr. das Heroldsamt.) In solchen Fällen der
A. Verdunkelung ist die Entscheidung über Bestehen
oder Nichtbestehen des A. also in Preußen jeden-
falls der A. Behörde übertragen (vgl. § 95 LR II 9
und Anhang &§ 120). Auch in Bayern muß dann
um eine Erneuerung des A. nachgesucht werden
unter Vorlegung der Beweise der Abstammung
von einer immatrikulierten adeligen Familie
(Bayr. A.Edikt &J5§ 19, 20). Die Erneuerung darf
dann aber nicht versagt werden. Aehnlich bedarf
in Sachsen, wenn der A. oder ein A. eichen
in zwei Generationen nicht geführt werden, die
Wiederaufnahme (Erneuerung) der Genehmigung
des Königs (Sächs. A.G #8). In Preußen wird
unterschieden zwischen der Anerkennung des A.,
die infolge des bloßen Nichtgebrauchs in zwei Ge-
nerationen notwendig geworden, und der eigent-
lichen Erneuerung. Letztere kann hier geschehen,
falls der A. verloren gegangen; sie geht vom
Landesherrn aus und steht einer Neuverleihung
gleich (LR a. a. O. §#§ 96, 97). Während es einen
Verlust des A. als Strafe heute nicht mehr gibt,
kennt das bayrische Recht (A.Edikt § 21) noch
eine Suspension der A.Titel durch die Uebernahme
niederer, bloß in Handarbeit bestehender Lohn-
dienste, durch die Ausübung eines Gewerbes bei
offenem Kram und Laden oder eines eigentlichen
Handwerkers. Die Suspension erlischt jedoch mit
dem Fortfall ihrer Gründe und dehnt sich nicht
auf die Kinder aus, die sich nicht im gleichen Falle
befinden.
b) Arten des niederen Adels. Die
Kreise des A. pflegen heute noch einen Unterschied
zu machen zwischen Ur A., womit sie (oben §# 1)
die Abkömmlinge des mittelalterlichen Ritter NA.
meinen, und bloßem Brief A., der als der geringere
gilt. Einen Unterschied im Rechte bedeutet das
grundsätzlich nicht. Juristisch wichtiger ist die Un-
terscheidung von altem A. und neuem A. Die Be-
zeichnung des Geschlechts als eines altadeligen
meint dabei etwas anderes als die Bezeichnung
der Einzelpersönlichkeit als altadelig. Das Ge-
schlecht ist natürlich immer von altem A., wenn
es sich um sogen. Ur A. handelt. Aber auch Brief# .
kann zu „altem A.“ geworden sein, wenn die A.=
Verleihung schon vor mehreren Generationen gés-
scheheen und deshalb nicht mehr im Gedächtnis der
Zeitgenossen fortlebt. Die Frage, ob das Geschlecht
ein altadeliges, kann namentlich für die Ebenbürtig-
keit einer Dame des niederen A. in einem neufürst-
lichen oder bloß reichsgräflichen Hause des Hoch A.
von Bedeutung sein. Die Bezeichnung der Einzel-
persönlichkeit als altadelig bedeutet das Vorhan-
densein von Ahnen A. Ahnen A. erfordert adelige
Geburt der betreffenden Anzahl väterlicher und
mütterlicher Vorfahren in der Querlinie des
Stammbaums. Die Ahnenprobe erfordert den
Nachweis der Ritterbürtigkeit der betreffenden
Personen (Ritterprobe) wie ihrer ähnlichen Ge-
burt (Filiation). Solcher Ahnen A. von 2, 4, 8,
16 und mehr Ahnen wird vielfach verlangt für
die Folgefähigkeit in Familienfideikommisse, wie
für die Erlangung von gewissen vornehmen Orden,
Würden und Stiftspfründen (daher auch das Wort
„Stifts A.“). Sogenannte „gemalte Ahnen,“ die
bei der A. Verleihung mitverliehen sind, zählen
nicht, im Zweifel werden gemäß Sachsenspiegel 1
à 61 53 schon vier Ahnen zum Begriff des alten .
in diesem Sinne genügen. Ein anderer Unterschied
innerhalb des niederen A. ist bedingt durch die
Rangstufe. In dieser Beziehung unterscheidet
man zunächst die niedrigste Klasse des niederen
A. mit dem bloßen, „von“ als A. Prädikat von allen
übrigen A. Stufen und pflegt die letzteren als
„titulierten A.“ zusammenzufassen; auch dieser
Unterschied kann in Ebenbürtigkeits= und Suc-
cessionsfragen von Bedeutung sein. In Preußen
fehlt es an einer gesetzlichen Feststellung der höhe-
ren A.stufen neben dem einfachen A., herkömmlich
gibt es deren 4: Herzog, Fürst, Graf, Freiherr.