Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
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Fabrik — Fähren 
  
auf sie ohne weiteres anwendbar, wie z. B. die 
über Handlungslehrlinge. Auch im Gewu G 
v. 30. 6. 00 wird bestimmt, daß alle in „Fabri- 
ken“ beschäftigten Arbeiter gegen die Folgen der 
bei dem Betriebe sich ereignenden Unfälle ver- 
sichert werden. Wenn dort gleichzeitig aufgestellt 
wird, daß als F. insbesondere die dort näher be- 
zeichneten Betriebe zu erachten seien, so ist damit 
nicht eine allgemeingültige Feststellung des Be- 
griffs beabsichtigt gewesen, sondern nur die Ge- 
währung von Anhaltspunkten, um den Behör- 
den im einzelnen Falle die Entscheidung zu er- 
leichtern. Für den gewerblichen F. Begriff 
ist diese instruktionelle Vorschrift ohne Belang. 
Die F. unterscheidet sich vom Handelsgewerbe 
dadurch, daß im F. Betriebe die Bearbeitung, 
Verarbeitung oder Veredelung von Gegenständen 
gewerbsmäßig stattfindet, von der Hausindustrie 
dadurch, daß bei dieser der Gewerbetreibende in 
eigener Werkstätte Waren für einen höheren Un- 
ternehmer produziert, welcher seinerseits auf 
eigene Gefahr und für eigene Rechnung den Ab- 
satz der Produkte besorgt. Am wichtigsten und 
schwierigsten ist die Unterscheidung des F.- 
Betriebs vom Handwerksbetriebe. Beide haben 
die Be= oder Verarbeitung von Gegenständen 
oder ihre Veredelung zum Gegenstande, sie unter- 
scheiden sich aber durch nachstehende Besonder- 
heiten, welche der F. eigentümlich sind und die 
Vermutung für diese stets dann begründen, wenn 
die Merkmale zusammentreffen (vgl. RGer v. 2. 
7. 83, 3. 1. 84, 13. 12. 87 und 23. 6. 98 Reger 4, 
83 und 230; 8, 360; 18, 432): 1) Arbeitsbetei- 
ligung des Unternehmers. Der Fabrikant betei- 
ligt sich regelmäßig nicht an der Herstellung der 
Produkte, er beschränkt sich auf die kaufmännische 
Leitung und beaufsichtigende Tätigkeit. Von 
seinem Gehilfen in der Produktion, der stets in der 
sozialen Stellung des Arbeiters bleibt, ist er durch 
Bildung und gesellschaftliche Stellung getrennt. 
Zwischen beiden steht oft noch ein von dem Fabri- 
kanten angestelltes Beamtenpersonal (vgl. RGer 
12. 3. 91 und 2. 11. 93 Reger 12, 425 und 14, 
1313; Urt. v. 20. 10.94 Rö St 26, 161). 2) Die Ar- 
beitsteilung unter den Gehilfen, der zufolge jeder 
Arbeiter sich nur die Kenntnis desjenigen Teiles 
der Produktion anzueignen braucht, bei welchem 
er beschäftigt ist, in welchem er sich dann aber eine 
besondere Fertigkeit aneignet, so daß er schneller 
und vollkommener arbeitet, wie der Handwerks- 
gehilfe, der regelmäßig an dem ganzen Produkte 
mitwirkt. 3) Die große Zahl der in dem Betriebe 
beschäftigten Gehilfen läßt im allgemeinen auf 
das Vorhandensein einer F. schließen (Roe# 20. 
10. 94, Reger 15, 143); doch erscheint es aus- 
geschlossen, die Vermutung von der Beschäfti- 
gung einer bestimmten Zahl von Arbeitern ab- 
hängig zu machen. Eine solche Absicht wohnt 
auch nicht der durch die Nov. v. 28. 12. 08 gestal- 
teten Fassung des Tit. VII Gew0O inne, wenn 
auch die dort früher für F. getroffenen Bestim- 
mungen jetzt allgemein für Betriebe mit min- 
destens 10 Arbeitern gelten. 4) Die Verwendung 
von Maschinen und Motoren, die zur Ersparung 
von Menschenkräften und zur Förderung der Ar- 
beitsteilung mitwirkt und die wohlfeilere Her- 
stellung insbesondere des Massenprodukts ermög- 
licht. Immerhin werden jetzt Kraftmaschinen und 
Triebwerke vielfach auch im Handwerke und Werk- 
  
  
  
stättenbetriebe verwendet, so daß ihr Vorhanden- 
sein nur in Verbindung mit anderen Merkmalen 
einen Rückschluß auf fabrikmäßige Betriebsform 
gestattet. 5) Größere Betriebsräume und um- 
fangreichere Betriebseinrichtungen, die auch dem 
Grundsatze der Arbeitsteilung Rechnung tragen, 
wie Lagerräume, Packräume, Schreibstuben en 
fast nur in F. vorhanden, während im Handwerke 
die Betriebsräume meist einen Teil der Wohn- 
räume bilden und jedenfalls sich in bescheidenen 
Grenzen halten (vgl. OLG Dresden 18. 10. 00 
Annalen des OL# 22, 5). 16) Der Umfang der 
Produktion in der F. ist Massenproduktion, sie rech- 
net nicht mit dem individuellen Bedürfnisse, son- 
dern stellt große Warenmengen nach bestimmten 
Mustern her (vgl. RG 2. 11. 93 Reger 14, 314). 
Von diesem Gesichtspunkt aus läßt sich auch die 
Vermutung für eine F. daraus herleiten, daß in 
dem Betrieb auf Vorrat gearbeitet wird, wenn- 
gleich auch Handwerksbetriebe vielfach nicht bloß 
auf Bestellung arbeiten und auch manche F.Be- 
triebe sich auf Deckung des bekannten Bedarfs be- 
schränken (vgl. Re 15. 2. 83 und 13. 12. 87 Re- 
ger 3, 257 und 8, 360). Hierbei ist allerdings 
zu berücksichtigen, daß die F. regelmäßig nur das 
Bedürfnis des Zwischenhändlers oder des Zwi- 
schenproduzenten, das Handwerk das des Kon- 
sumenten unmittelbar deckt. 
Im übrigen s. Art. Handwerk, Lehrlingswesen, 
Arbeiter gewerbliche, Unfallversicherung. 
  
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Fähren 
z 1. Rechtliche Verschiedenheiten. § 2. Fähren als be. 
sondere Wassernutzungen. 1 3. Fähren als öffentliche Ber- 
kehrsanstalten. 
8 1. Rechtliche Berschiedenheiten. F. sind 
mehr oder weniger eigentümlich gebaute Schiffe, 
welche ständig dazu dienen, an einer bestimmten 
Stelle Menschen und Güter von dem einen Ufer 
eines Gewässers zum anderen zu befördern. 
Das Befahren eines Flusses zum Zwecke des 
Uferwechsels ist an sich in dem Rechte des Gemein- 
gebrauchs enthalten, ohne Unterschied zwischen 
öffentlichen und Privatflüssen; das Recht findet 
seine Grenze dort in der Strompolizei, hier in der 
Notwendigkeit, über die zu betretenden Ufer ver- 
fügen zu können. Das Recht, eine Fähre einzu- 
richten und zu halten, ist aber nicht im Gemein- 
gebrauche einbegriffen. Denn durch das Statio- 
nieren auf dem Flusse und die notwendigen Vor- 
richtungen an Flußbett und Uferrand wird hier 
ein Teil seines Gewässers und seines Zubehörs
	        
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