Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
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dern sind alle Ressorts beteiligt. Mehreinnahmen 
sind auch ohne Genehmigung der Volksvertretung 
zulässig. Nur im Reiche bedürfen gewisse Mehr- 
einnahmen der nachträglichen Genehmigung (R# 
v. 25. 5. 73); vgl. noch oben § 2, Z 4. 
8 4. Die Berwaltung der Staatsansgaben. 
1. Die Staatsausgaben sind entweder sog. Be- 
triebs ausgaben, insofern sie notwendig sind, 
um aus gewissen Staatsbetrieben Ueberschüsse zu 
erzielen (Domänen, Forsten, Bergwerke, Eisen- 
bahnen pp.) oder eigentliche Staatsverwal- 
tungs ausgaben, insofern sie dazu dienen, die 
Kultur-, Rechts= und Machtzwecke des Staats zu 
erfüllen. Die ersteren haben einen mehr zufälli- 
gen, die letzteren einen mehr essentiellen Charakter 
und kommen in allen Staaten ziemlich gleich- 
mäßig vor. Eine starke Steigerung der Betriebs- 
ausgaben hat nichts bedenkliches, insofern sie mit 
einer entsprechenden Steigerung der Betriebs- 
einnahmen verbunden ist. 
2. Die Staatsausgaben sind dauernde, ordent- 
liche oder einmalige, außerordentliche. Zu den 
dauernden Ausgaben gehören an erster Stelle die 
Kosten der Erhebung, Gewinnung und Verwal- 
tung der Staatseinnahmen, zur Ausstattung des 
Monarchen, zur Unterhaltung der Organe der 
Staatsverwaltung, zur Beschaffung und Erhaltung 
der Sachgüter, deren die Staatsverwaltung zur 
Erfüllung der verschiedenen Staatszwecke bedarf 
und endlich zur Verzinsung und Amortisation der 
Statsschulden. Einmalige Ausgaben sind nament- 
lich die größeren Bauten. 
3. Die Staatsausgaben erfolgen teils auf Grund 
privatrechtlicher Verpflichtungen, welche der Staat 
durch Rechtsgeschäfte, wie Käufe, Mietverträge, 
Transportverträge, Anleihen usw. übernimmt, 
teils auf Grund etatsrechtlicher bezw. gesetzlicher 
Bestimmungen, z. B. Civilliste, Gehälter, Matri- 
kularumlagen. 
4. Ueber die Verwendung der Staatsmittel 
bestimmt für verfassungsmäßig festgesetzte Perio- 
den der Staatshaushaltsetat J. Die Verwendung 
selbst erfolgt an erster Stelle durch das FMin, 
welches die Generalstaatskasse zur Leistung der 
etatsmäßigen Beträge an die verschiedenen Res- 
sorts anweist. Die weitere Verwendung im ein- 
zeinen auf Grund der Kassenetats liegt bei den ver- 
schiedenen Spezialressorts und Anstalten. Diese 
müssen unter strenger Einhaltung der im Bud- 
get festgestellten Ausgabeposten mit den ihnen 
zugewiesenen Geldern die ihnen gesetzten Verw- 
Zwecke erfüllen, sind aber nicht zur Verausgabung 
aller zugewiesenen Gelder verpflichtet, sondern 
dürfen und sollen sogar Ersparnisse machen, soweit 
solche bei vollständiger Erfüllung der ihnen oblie- 
genden Aufgaben möglich sind. Bei Etatsüber- 
schreitungen und bei Anweisungen von Ausgaben 
ohne Etatsbewilligung (außerctatsmäßige Aus- 
gaben) muß die Genehmigung des J Ministers, 
des Landesherrn und der Volksvertretung nach- 
gesucht werden. 
8 5. Staatsschulden und deren Verwaltung. 
Wenn die vorhandenen Mittel in einer Etats- 
periode zur Deckung der Ausgaben nicht reichen, 
so müssen, falls nicht Vermögen veräußert wird, 
Schulden ausgenommen werden (Defizitschulden). 
Aufgabe jeder geordneten Verwaltung ist es in 
erster Linie, Defizite zu vermeiden d. h. die Ein- 
nahmen mit den Ausgaben ins Gleichgewicht zu 
  
Finanzverwaltung, Finanzbehörden 
bringen. Es werden aber auch Schulden aufge- 
nommen, um an gewissen großen einmaligen 
Ausgaben, namentlich für iegs-, Rüstungs- 
zwecke, sowie zur Herstellung werbender Anlagen 
3. B. Eisenbahnen, Bergwerke, Kanäle, auch die 
Zukunft, welchen diese Veranstaltungen mit zugute 
kommen, mit zu beteiligen [JU Staatsschul- 
denwesenj. Sind die in der F Periode zu 
erwartenden Einnahmen noch nicht eingegangen, 
aber später zu erwarten, so können einstweilen 
behufs Deckung der Ausgaben kurzfristige, sog. 
schwebende Schulden ausgenommen wer- 
den. Die Schuldzinsen bilden einen Teil des 
ordentlichen Ausgabebedarfs. Die Verwal- 
tung der Staatsschulden erfolgt meist durch 
eine gesonderte, in den verschiedenen deutschen 
Staaten mehr oder weniger selbständige, von 
der Volksvertretung kontrollierte, von dem F- 
brieier beaufsichtigte Schuldenverwaltungsbe- 
örde. 
B. Finanzbehörden 
§ 6. Begriff und Arten. FBehörden nennt 
man diejenigen Behörden, welche mit der Aus- 
übung der FGewalt, Vereinnahmung und Ver- 
ausgabung von Staatsgeldern, Vermögens= und 
Schuldenverwaltung in erster Linie betraut sind, 
bei denen die Vornahme finanzieller Akte also 
nicht ein Accidentale sonstiger VerwTätigkeit, 
sondern Selbstzweck ist. 
I. Der Finanzminister bildet im konstitut. 
Staat die oberste Spitze der Fehörden, unter- 
scheidet sich aber von den übrigen FBehörden noch 
dadurch, daß ihm eine besondere verfas- 
sungsrechtliche Stellung innewohnt, indem er 
die staatliche FVerwaltung dem Parlament gegen- 
über vertritt und zugleich durch die Gegenzeich- 
nung der finanziellen Akte des Herrschers die Ver- 
antwortlichkeit für diese Akte übernimmt. Unter- 
stützt wird der F Min bei der Erfüllung seiner 
Funktionen durch die ihm unterstellte Zentral- 
behörde, das FMMinisterium. Auch die übrigen 
JFBehöärden sind ihm unterstellt, da in seiner Hand 
die oberste Leitung der FVerwaltung vereinigt 
ist. Nur die obersten Rechnungskontrollbehörden 
pflegen ganz, die besonderen Schuldenverwal- 
tungen zum Teil ihm selbständig gegenüberzu- 
stehen, was natürlich auch von parlamentarischen 
FKommissionen (Budgetkommissionen, Schulden- 
aufsichtskommissionen) gilt. 
II. Arten der Finanzbehörden. 
Zu den Fehörden gehören im allgemeinen außer 
dem F Min namentlich die Zoll= und Steuerbehör- 
den, die Behörden der Schuldenverwaltung und 
die Rechnungskontrollbehörden. 
Da namentlich in Deutschland die Staatsein- 
nahmen zum Teil aus eigenem Besitz fließen, so 
gehören in einer Anzahl Bundesstaaten auch die 
Domänen-, Forst-, Bergwerks= usw. Behörden zu 
zu den FBehörden. Die Eisenbahnbehörden 
werden dagegen, obgleich die Eisenbahneinnahmen 
vielfach einen recht bedeutenden Teil der Staats- 
einnahmen ausmachen, meist nicht zu den eigent- 
lichen Fehörden gerechnet. Ausschlaggebend 
für die Bezeichnung als Fhehörde ist im allge- 
meinen, ob eine Behörde dem FMin angegliedert 
ist oder nicht. So galten z. B. in Preußen bis 
1878 die Domanial= und Forstbehörden als eigent-
	        
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