Fiskus (Ersatzpflicht)
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ehenden Verrichtungen vollzo-
ene, zum Schadensersatze ver-
flichtende Handlung einem Drit-
en zuge fügt haben.
I. Der Staat muß demnach als F. in die Rechts-
welt treten. Er ist F. a) in Privatrechtsverhält-
nissen, welche der Erwerbung, Erhaltung und
Veräußerung seines Finanz= und Verw Vermögens
dienen, b) als Grundeigentümer von Finanz-
vermögen, c) als Eigentümer des immobilen
Verw Vermögens, der öffentlichen Sachen und
der öffentlichen Anstalten gewidmeten Verw Mittel.
Praktisch macht nur der F.Typus c), und zwar
aus dem Grunde Schwierigkeiten, weil der Staat
an diesen Sachmitteln nicht nur Eigentumsakte,
sondern auch Verwkte betätigt. Es sind dies
jene Akte, die außer der staatli-
chen Verwaltungstätigkeit noch
eine gewisse Sachnutzung dem In-
dividuum bieten, derart, daß we-
der die Verwaltungstätigtkeit ohne
die Sachnutzung, noch diese ohne
jene für sich bestehen könnte. Diese
Verwälte mit dem Doppelgesicht von dominium
und imperium bezeichnen wir als die eigentliche
Quelle der juristischen Persönlichkeit des F. Sie
kommen insbesondere an öffentlichen Sachen und
öffentlichen Anstalten zur Erscheinung (für die
Rechte an öffentlichen Sachen des Kirchenrechts
und ihre Doppelnatur siehe Schoen, Das evang.
Kirchenrecht in Preußen 211910] S 494 und 538).
Ihre besondere Natur muß gegenüber den
reinen Hoheitsakten des Staates, in welcher die-
ser nur als Träger der Staatsgewalt zur Erschei-
nung kommt, festgehalten werden. Denn während
sie noch den F. zur Erscheinung bringen und dem-
nach unter die Norm des & 89 Abs 1 BGäfallen,
ist die Verantwortlichkeit des Staates für jene
Art von Verwkten der Landesgesetzgebung vor-
behalten (a 77 E).
So erscheint der Staat auch als Fiskus,
wenn die staatlichen Forstbehörden den Privat-
forsten Eigentumsbeschränkungen vorschreiben, je-
doch nicht, wenn ein (preußisches) Amt dem Eigen-
tümer eines Forstes polizeiliche Beschränkungen
im Interesse der Forstpolizei aufbürdet (RG#Z 8,
226). So wenn die örtliche Straßenbaupolizei-
verwaltung ungerechtfertigterweise einen Bau-
konsens verweigert und hierdurch Schaden stiftet.
Hier kommt die Stadt sowohl als öffentliche Kor-
poration wie auch als juristische Person des Pri-
vatrechts in Betracht (R Z 26, 265; 6, 204;
35, 123). So kann der Staat bei Straßensperrung
sowohl als Inhaber einer Dienstbarkeit des öffent-
lichen Ueberganges wie auch als Träger der
Staatsgewalt erscheinen (RGZ 9, 204). So der
Staat als Eigentümer von Land= und Heerstraßen
und „Träger der Polizeigerichtsbarkeit“ bei einer
Ueberweisung von Land= und Heerstraßen an
Kommunal= oder Provinzialverbände (in Preu-
ßen) (RGg 3, 236). Dagegen ist der Staat nur
Hoheitsperson, nicht auch F. und daher nicht
nach 8 89 Abs 1BGB hastbar, wenn die PolBe-
hörde Ruinen mit Dynamit sprengt und hierbei
einen Grundeigentümer schädigt (RGZ 37, 317).
So erscheint der Staat auch als F., wenn er De-
positenkassen errichtet und Depositengelder ver-
waltet. Ebenso kommt der Staat auch als F. in
Se
Betrachk, wenn seine Baubehörde als Verwalterin
staatlichen Vermögens ein unrichtiges Sachver-
ständigengutachten abgibt und hierdurch einen
Dritten schädigt (RGZ 34, 294). Ebenso, wenn
seine Gerichtsschreiberei in einem Prozeß eine
Gutskarte als Bestandteil einer Beweisaufnahme
übernimmt und diese dann in Verlust gerät
(Rö##ö1, 220), oder wenn die Zollbehörde zoll-
pflichtige Gegenstände zu zollamtlicher Behand-
lung übernimmt, und sie in der Zwischenzeit ver-
brennen (Rz 67, 340). Aehnlich erscheint als
Ueberrest aus der Zeit des Gewerberegals der
Staat auch als F., wenn er die Ausübung einer
Realgerechtigkeit verweigert (R # 15, 138. S
auch Rehm, Die rechtl. Natur der Gewerbskonzes-
sion 1889, S 38 ff). So ist der Staat auch F.,
wenn er ein Postanweisungsgeschäft (Seuffert,
Arch Bd. 45 Nr. 57), die Briefbeförderung über-
nimmt, so wenn er Fahrkarten zur Benutzung der
Eisenbahn verkauft u. a. m.
Freilich werden namentlich von O. Mayer die
gemischten Rechtsverhältnisse, wie sie durch die
fraglichen Verwükte nach der hier vorgetragenen
Ansicht begründet werden, verworfen. Ein großer
Teil derselben wird als öffentlich rechtliches Eigen-
tum entsprechend der französischen domaine
public konstruiert, und wenn dann der Staat bei
Verwaltung der domaine public und der öffent-
lichen Anstalten (services publics) durch seine
Beamten schädigende Handlungen vornehmen
lasse, so sei ein Anspruch auf sog. öffentlich-recht-
liche Entschädigung gegeben. Damit würde na-
türlich die Notwendigkeit des Dualismus von
Staat und F., der gemischten Rechtsverhältnisse
und anderer „Konstruktionskrücken“ entfallen.
Es steht aber die Praxis und Gesetzgebung in
Deutschland nicht auf dem Standpunkt der An-
erkennung eines öffentlich-rechtlichen Eigentums
und einer öffentlich-rechtlichen Entschädigung im
Sinne O. Mayers. Es ist also nicht bloß ein
„Schönheitsfehler“ juristischer Konstruktion, wie
O. Mayer annimmt, wenn wir bei dem Dualis-
mus von Staat und Fiskus bleiben (dazu meine
Abhandlung „Konventionalregeln“ im Jahrbuch
des öff. Rechts 3 (1909), 18 ff).
II. Der Schaden muß durch die Handlung eines
fiskalischen Vertreters verursacht sein.
1) Für den Privatrechtsverkehr ist
Vertreter des F. nicht bloß jeder Beamte des
Staates, sofern er staatliche Vermögenstätigkeit
übt. Auch Nichtbeamte, Diener, Handlanger
sind als Vertreter des F. anzusehen, sofern sie
nur „zu selbständigem Handeln“ für die juristische
Person des F. berechtigt erscheinen (RG 3 19, 351;
30, 241; 38, 87; Seuffert Bd. 43 Nr. 226, Bd. 49
Nr. 1 und insbesondere die Prot 2. Lesung 1, 610).
Doch ist die Rechtsprechung nicht konstant. Ueber
andere Ansichten betreffend den „verfassungs-
mäßig berufenen Vertreter“ des F. siehe O.
Gierke in den Vhdl des 28. DJT(1905) S 11lI ff.
Sodann kommt es eben nur darauf an, daß sie
berechtigt erscheinen. Maßgebend ist hierbeie
die Tatsache, inwiefern nach den im Rechtsver-
kehre herrschenden Anschauungen die Handlung
noch immer als vom berechtigten Vertreter des F.
ausgehend angesehen werden darf. So hat mit
Recht Röe# Bd. 33 Nr. 43 wegen der Tat-
sache, daß nach dem (weimarischen) Gesetze
gerichtliche Depositenverträge nur von dem dazu
bestellten Depositenrichter abgeschlossen