Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
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Forstwesen (B. Forstpolizei) 
  
welchen neben der Geldstrafe auf Gefängnisstrafe 
zu erkennen ist, in Bayern werden sämtliche Forst- 
rügesachen ohne Zuziehung von Schöffen ver- 
handelt und entschieden. 
Strafverfügungen von seiten der Polizeibehör- 
den kommen in Forststrafsachen nur nach dem 
württ. ForstpolizeiG v. 8. 9. 79 in Anwendung, 
welches die Strafverfügung dem Gemeindevor- 
steher bezw. dem Amtsgerichte überträgt und als 
Rekursbehörde das Forstamt bezw. die Forstdirek- 
tion bestimmt. 
Schwerere Forststraffälle sind, wie oben be- 
merkt, in Preußen, Württemberg, Baden, Elsaß- 
Lothringen den Schöffengerichten, in Baden 
(großer Forstdiebstahl usw.) den Landgerichten 
überwiesen. Mit der Funktion des Amtsanwalts in 
Forststrafsachen bei den Amtsgerichten sind in der 
Regel äußere Staatsforstbeamte betraut, nur da, 
wo Staatswaldbesitz fehlt und deshalb die Ueber- 
tragung dieser Funktion an Staatsforstbeamte 
wegen zu großer Entfernung unzulässig erscheint, 
werden geeignete Forstverwaltungsbeamte von 
Gemeinden oder Privaten mit derselben betraut. 
Die auf eigene Wahrnehmung gegründeten, in 
den Forstrügeverzeichnissen gehörig bezeugten An- 
gaben beeidigter Forstschutzbediensteter und an- 
derer Organe der Forststrafgerichte haben überall, 
vorbehaltlich des Gegenbeweises, volle Beweis- 
kraft, sofern nicht besondere Gründe die Glaub- 
würdigkeit in Frage stellen. 
Nur in Württemberg wird den beschädigten 
Waldeigentümern von dem Termin zur Hauptver- 
handlung Kenntnis gegeben und ihnen oder ihren 
Beauftragten das Anwohnen bei derselben frei- 
gestellt. 
Gegen die Urteile der Amtsgerichte (mit oder 
ohne Zuziehung von Schöffen) kann die Berufung 
an das Landgericht ergriffen werden. 
In Forststrafsachen bildet auch dann, wenn das 
Landgericht in erster Instanz entschieden hat, 
das betr. Oberlandesgericht die Revisionsinstanz. 
Der Vollzug der Forst= oder Gemeindearbeits- 
strafe, welcher in den einzelnen Staaten durch das 
Forststrafgesetz und Verordnungen besonders ge- 
regelt ist, erfolgt unter Kontrolle des Amtsgerichts 
entweder durch die Staatsforstbeamten, wie z. B. in 
Baden und in Koburg-Gotha oder wie in Preußen 
durch die Gemeinden und die einzelnen Beschädig- 
ten. Die nicht vollziehbare Arbeitsstrase wird von 
dem Amtsgericht ohne weitere Verhandlung in die 
entsprechende Freiheitsstrafe umgewandelt. 
b) Schutz gegen andere Gefahren. 
l 31. I. Schutz gegen Waldbrände. Verhee- 
rende Waldbrände kommen auch innerhalb Mit- 
tel- und Westeuropas vor, die oft viele Quadrat- 
kilometer Waldes zerstören, ja sogar angrenzende 
Ortschaften in Mitleidenschaft ziehen. Namentlich 
die ausgedehnten Kiefernwaldungen, aber auch 
andere Nadelholzbestände, leiden in trockener Zeit 
durch Feuer, die Laubholzwaldungen erheblich we- 
niger. I7 Feuerpolizei & 2 d, h.)] 
Die Tätigkeit der VerwBehörden, und zwar 
nicht nur jene der Forstverwaltung, muß daher der 
Vorbeugung und Beschränkung dieses oft viele 
Millionen Mark zerstörenden Uebels besondere 
Sorgfalt zuwenden. Waldbrände entstehen meist 
durch Unvorsichtigkeit und Fahrlässigkeit, oft genug 
liegt aber auch böswillige Brandstiftung vor. Eine 
recht beträchtliche Anzahl von Waldbränden wird 
  
ferner durch Flugfeuer aus Lokomotiven veran- 
laßt. Die meisten Waldbrände ereignen sich, in 
Deutschland wenigstens, im März und April bei 
gräßerer Trockenheit, solange die Vegetation des 
Bodenüberzuges nicht begonnen hat, ferner im 
Hochsommer bei anhaltender Dürre. 
Man unterscheidet folgende Arten von Brand- 
schäden: Bodenfeuer (Lauffeuer), wenn nur 
der Bodenüberzug verbrennt, Wipfel- oder 
Kronenfeuer, wenn das Laub (Nadeln) 
und die Zweige vom Feuer heimgesucht werden, 
bei Stammfeuer verbrennen die Stämme 
selbst oder werden wenigstens stark beschädigt. 
Stark humushaltige Bodenschichten, namentlich 
Torfmoore, geraten zuweilen ebenfalls in Brand 
(Erdfeuer). 
Neben einzelnen forsttechnischen Vorbeugungs- 
mitteln (holzleere oder mit Laubholz bepflanzte 
Streifen, Sicherheitsstreifen an den Eisenbahnen) 
bildet die Beobachtung der Waldungen durch 
Feuerwachen von erhöhten Punkten (Feuertür- 
men) aus und die Beschäftigung einiger zuverlässi- 
ger Arbeiter im Wald während der trockenen Jah- 
reszeit eine wichtige Vorbeugungsmaßregel. Die 
Lokomotiven sollen eine solche Konstruktion be- 
sitzen, daß der Funkenflug vermindert wird. Ihre 
Heizung und namentlich die Anfachung des Luft- 
zugs innerhalb des Waldes muß vorsichtig gehand- 
habt werden. (Bezeichnung der Strecken, wo der 
Luftzug nicht gefördert werden darf.) 
Die polizeilichen Vorbeugungsmaßregeln be- 
stehen in dem Verbote gewisser Handlungen, durch 
welche Waldbrände entstehen können. Mit Strafe 
wird bedroht: Vorsätzliches Inbrandsetzen von 
Waldungen und Torfmooren, Anzünden von 
Feuer an gefährlichen Stellen in Wäldern und 
Heiden, unbefugtes Anzünden, Nichtbeaufsichti- 
gung und Unterlassen des Auslöschens von Feuern 
im Wald, Tabakrauchen während der heißen Mo- 
nate im Wald, Fortwerfen brennender oder glim- 
mender Gegenstände (z. B. von Zigarrenstum- 
meln), Errichtung und Anzünden von Kohlenmei- 
lern ohne vorherige Anzeige. 
Um im Falle eines Waldbrandes die nötigen 
Menschenkräfte beschaffen zu können, sind die Be- 
wohner der umliegenden Ortschaften bei Ver- 
meidung von Strafe (St GB # 360 Abs 10) ver- 
pflichtet, der an sie in irgend einer Form, meist 
durch Läuten der Sturmglocke, ergangenen Auf- 
forderung zur Hilfeleistung Folge zu geben. 
Versicherung gegen Feuerschäden im Walde 
besteht bis jetzt nur in sehr geringem Umfange, ei- 
gentlich nur bei einer einzigen Gesellschaft (Mün- 
chen-Gladbach). Die Prämien sind so hoch, daß 
bei einigermaßen ausgedehntem Waldbesitz Selbst- 
versicherung zweckmäßiger ist. Eine wesentliche 
Schwierigkeit der Waldbrandversicherung besteht 
darin, daß eine dem vollen Werte entsprechende 
Versicherungssumme für den Eigentümer geradezu 
einen Anreiz zur Brandstiftung bildet, da die Be- 
stände in dem am meisten gefährdeten Alter sonst 
so gut wie gar nicht verwertbar sind. (Jentsch, 
Waldbrandversicherung, Ztschr. für Forst= und 
Jagdwesen, 1908). 
#sl 32. II. Schutz gegen sonstige Gefahren. Der 
Schutz des Waldes gegen Tiere, namentlich In- 
sekten, und Elementarereignisse außer Feuer ist, 
soweit möglich, in der Hauptsache Angelegenheit 
der Eigentümer. Es bestehen indessen doch auch
	        
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