Agrargesetzgebung (Sachsen) 75
die unmittelbare Benutzung zusteht, also nament-
lich der Gemeindewiesen, -felder, -waldungen,
-hutungen, auch des Grundbesitzes der Altge-
meinden. Die Teilung setzt den Antrag eines
Nutzungsberechtigten voraus, für dessen Durch-
führung bestimmte Voraussetzungen gegeben sein
müssen (im allgemeinen Nachweis der Ausführ-
barkeit und Nützlichkeit). Die Entschädigung er-
solgt möglichst durch Zuweisung von Land, nöti-
genfalls von Geld.
Auch auf sllder Revidierten Städte.
ordnungundder Revidierten Land-
cmeindeordnung v. 24. 4. 73 (GWVBl
295 u. 328) ist bei dieser Gelegenheit hinzuweisen,
wonach durch Beschluß des Stadtrats und der
Stadtverordneten, bezw. des Gemeinderats,
Nutzungsrechten, die allen Bürgern oder Ge-
meindemitgliedern als solchen an Teilen des Ge-
meindevermögens oder sonst zustehen, z. B.
Holzdeputate, Hutungsbefugnisse entsagt oder
dieselben der Gemeinde übertragen werden kön-
nen; es muß jedoch, soweit solche Rechte einen
Antrag auf Gemeinheitsteilungen begründen,
vor Ausführung des Beschlusses durch ortsübliche
Bekanntmachung eine dreimonatliche Frist zur
Stellung eines solchen etwaigen Teilungsantrags
nachgelassen werden. — Illeber Einzelheiten
1 Gemeinheitsteilungen in Sach-
sen)j.
III. Zusammenlegungen. Hatte auch
die Gesetzgebung über die Ablösungen und Gemein-
heitsteilungen der Freiheit in der Bewegung des
Grundbesitzes und dem Vorwärtsschreiten zu ge-
sunder Kulturentwicklung die Wege geebnet, so
zeigte sich doch sehr bald, daß die unbeschränkte
Bewegungsfreiheit hindernd statt fördernd wirkte.
Zwar war schon durch das Gesetz v. I7. 3.
32 in § 238 angeordnet worden, daß in allen bei
Auseinandersetzung vorkommenden Fällen zu-
gleich die Zusammenlegung von
Grundstücken gütlich gefördert werden soll-
te; es traten aber nur so geringe Erfolge in dieser
Richtung ein, daß bereits durch Gesetz vom
14. 6. 34 (GVBl 141) die Grundstückzusammen-
legung obligatorisch gemacht wurde für den Fall,
daß davon die Aufhebung einer die Grundstücke
mehrerer Besitzer gemeinschaftlich treffenden Trift-
und Hutungsdienstbarkeit oder auch nur die Aus-
scheidung einzelner aus einer solchen abhängig
war, oder wenn die Mehrheit der dabei beteilig-
ten Grundstücksbesitzer für den Antrag eintrat.
Das an die Stelle dieses Gesetzes tretende
Gesetz vom 23. 7. 61 (GBBl 128), das mit
den Ergänzungs= und Abände-
rungsbestimmungen des Gesetzes
vom 15. 4. 96 (GVBl 76) noch heute Gültigkeit
hat, hat die Möglichkeit zwangsweiser
Zusammenlegungen noch mehr aus-
gedehnt.
Jeder Teilhaber erhält grundsätz-
lich Grund und Boden von der gleichen Be-
schaffenheit und dem gleichen Ertrag möglichst
in nächster Nähe, im Zusammenhange und in für
die Bewirtschaftung günstigster Lage, während
zufällige Wertgegenstände stets und unvermeid-
liche Schädigungen in der Lage oder kleine Flä-
chenunterschiede durch Geld ausgeglichen werden.
Die Gesamtheit der an einer Zusammenlegung
beteiligten Grundeigentümer bildet für die durch
die Zusammenlegung in ihr gemeinsames Eigen-
tum übergegangenen Obijekte, wie Wirtschafts-
wege, Entwässerungsgräben usw., eine Zu-
sammenlegungsgenossenschaft. Die-
selbe gehört dem öffentlichen Rechte an, und das
Nähere hierüber bestimmt das Gesetz vom
29. 4. 90, die gemeinsamen Angele-
genheiten der Zusammenlegungs-
genossenschaften betr. (GVl 62).—
[Wegen weiterer Einzelheiten J7. Gemein-I
heitsteilungen und Zusammenlegungen
in Sachsenl.
IV. Das Verfahren. Gemeinschaft-
lich ist den bisher behandelten Ge.
bieten der Ablösung, Gemeinheits-
teilungund Grundstückszusammen-
legung im großen und ganzen die Art und der
Gang ihrer Durchführung.
1. In der Hauptsache gehört sie dem öffentlichen
Verwaltungswege an. Ebenso wie das Verfah-=
ren sind auch die damit beschäftigten Behörden
in allen drei Fällen die gleichen.
2. Durch das G v. 1832 wurde als besondere
Behörde die Generalkommission für
Ablösungen und Gemeinheitstei-
lungen eingesetzt, die durch Bek v. 18. 2. 76
(GVBl 198) seit 1. 3. 76 der Kgl Kreishaupt-
mannschaft Dresden angegliedert ist.
3. Als 1. Instanz werden von ihr zur Vorbe-
reitung und Ausführung der Geschäfte Spe-
zialkommissionen ernannt. Als 3. In-
stanz entscheidet über die Erkenntnisse der Ge-
neralkommission das Königlich Sächsische
Oberverwaltungsgericht. Nebenher
können auch die ordentlichen Gerichte in die
Lage kommen, Recht sprechen zu müssen: Die Spe-
zialkommissionen haben dann, wenn der Streitfall
privatrechtlicher Natur und noch nicht spruchreif
ist, lediglich auf Beweis zu erkennen und die
endgültige Entscheidung dem Landgerichte zu über-
lassen; die Generalkommission kann ebenso ver-
fahren und hat überdies nach der ersten Ausfüh-
rung des Rezesses entsprechende spätere Streitig-
keiten, von wenigen Ausnahmen abgesehen, zur
Entscheidung vor den ordentlichen Richter zu
verweisen.
4. Auch das sächsische Enteig-
nungsgesetz vom 24. 6. 02 (GVBl 153)
läßt die Vorschriften über Ablösung, Gemein-
heitsteilung und Grundstückszusammenlegung un-
berührt ldas Nähere wAuscinander-
setzungen in Sachsenl.
z 3. Agrargesetzgebung im weiteren Sinne.
I. Grundstücksteilungen. Sollten die
Segnungen der Ablösungsgesetzgebung dem Grund-
besitze erhalten bleiben, so mußte auch der Güter-
ausschlachtung entgegengetreten werden.
Das gab Veranlassung, das Gesetz vom
30. 11. 43, die Teilbarkeitdes Grund-
eigentums betreffend (GVl 255) zu
erlassen, das ebenfalls heute noch von praktischer
Bedeutung ist.
1. Es wurden nämlich die Rittergüter und die
innerhalb ländlicher Gemeinden liegenden ge-
schlossenen Güter in ihrer Teilbarkeit be-
schränkt.
2. Geschlossene Güter im Gegen-
satz zu walzenden Gütern sind solche,
welche durch die alte sächsische Steuergesetzgebung