Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
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Agrargesetzgebung (Baden) 
  
last, des Zehnten, ins Werk gesetzt und den 
Belasteten die Befugnis zur Ablösung der Forst- 
dienstbarkeiten eingeräumt. Endlich wurde die 
Umwandlung der Bauernlehen in freies Eigen- 
tum durch die Ablösungsnormation der Kirchen- 
verwaltungen von 1833—1838, die den 25fachen 
Betrag des Kanons als Ablösungskapital zu 
Grunde legten, und durch die V v. 27. 5. 45 über 
die Allodifikation der domänenärarischen Schupf- 
lehen (Ablösungssumme ist das 18fache des Kanon) 
weiter gefördert. 
c) Von 1848 an. Mit dem Jahre 1848 be- 
ginnt die letzte Periode der Ablösungsgesetzgebung. 
Insbesondere wurden durch das G v. 10. 4. 48 
alle Feudalrechte, über deren Beseitigung nicht 
schon bisher Gesetze ergangen waren, vorbehalt- 
lich der näheren Bestimmungen über die Ent- 
schädigung, als aufgehoben erklärt, darunter na- 
mentlich auch die nicht dem Staat gehörigen Bann- 
rechte sowie die Jagd= und Fischereirechte. End- 
lich wurde durch ein ausführliches G v. 31. 7. 48 
die Ablösung der Weiderechte und im Jahre 1849 
die Allodifikation der Bauernlehen, sowie 1862 
die der ritterlichen Lehen allgemein geregelt. 
5 2. Ausgestaltung des Landwirtschaftsrechts 
seit 1850. Nachdem die politische Bewegung der 
Jahre 1848 und 1849 in eine schwere Katastrophe 
und tiefgreifende Erschütterung des Volkswohl- 
stands ausgelaufen war, richtete sich das Bestreben 
der Gesetzgebung und der Verwaltung in den näch- 
sten Jahrzehnten darauf, durch eine Reihe von 
Maßnahmen den Betrieb der Landwirtschaft in 
technischer und wirtschaftlicher Beziehung zu he- 
ben und das Vertrauen in die eigne Kraft der land- 
wirtschaftlichen Bevölkerung wiederherzustellen. 
Insbesondere wurde durch G v. 13. 2. 51 die Mög- 
lichkeit zur zwangsweisen Einrichtung gemein- 
samer Be= und Entwässerungsanlagen 
geschaffen und später durch G v. 25. 8. 76 die Be- 
nutzung und Instandhaltung der Gewässer unter 
besonderer Rücksichtnahme auf die Interessen der 
Landwirtschaft eingehend geregelt; ferner wurde 
durch die G v. 1852 und 1854 die Grundlage für 
die amtliche Bezeichnung der Grundstückgrenzen 
und für eine allgemeine Vermessung der 
Grundstücke gelegt, durch ein G v. 1854 der über- 
mäßigen Teilung der landwirtschaftlichen 
Parzellen eine Grenze gesetzt und durch das G 
v. 5. 5. 56 ein Verfahren einge führt, mittelst dessen 
im Zwangswege das Feldwegnetz entsprechend 
dem landwirtschaftlichen Bedürfnis geordnet und 
nötigenfalls eine Verlegung oder Zusammen- 
legung der Grundstücksparzellen bewirkt wer- 
den konnte (Feldbereinigungsgesetzz. 
Auch wurde durch die mit VW v. 6. 4. 68 erfolgte 
Errichtung einer Landeskulturinspektion, der eine 
Anzahl von Kulturingenieuren untergeordnet 
war, ein zur Leitung und Beaufsichtigung der 
Bewässerungs-, Entwässerungs= und Feldein- 
teilungs-Unternehmungen technisch vorgebildetes 
Personal bereit gestellt;: seit 1877 wurden die Ge- 
schäfte der Landeskulturinspektion auf die Zentral- 
mittelstelle für Tiefbausachen, die Oberdirektion 
des Wasser= und Straßenbaus übertragen 
und ihr untergeordnet eine Anzahl von Kultur- 
inspektionen errichtet, die den Bezirksbehörden 
des Wasser= und Straßenbaus gleichgeordnet sind. 
In den Jahrzebnten von 1848 bis 1880 wurde 
auch das landwirtschaftliche Unterrichts- 
  
– 
und Versuchswesen auf Grund der im 
Staatsvoranschlag erfolgten Bewilligungen durch 
Erlassung von Verordnungen und Dienstweisun- 
gen (Schulpläne) den Verhältnissen der im wesent- 
lichen aus Mittel- und Kleinbauern bestehenden 
landwirtschaftlichen Bevölkerung entsprechend 
ausgestaltet. Endlich wurde als zentrales Organ 
zur sachverständigen Beratung des Ministeriums 
in landwirtschaftlichen Angelegenheiten durch V 
v. 9. 10. 68 ein periodisch zu berufender, aus 
ehrenamtlich dazu ernannten sachverständigen 
Personen zusammengesetzter Landeskultur- 
rat errichtet. 
Seit Ende der 70er Jahre beginnt, gekennzeich- 
net durch die Mitbewerbung des Auslands auf 
dem Markt der landw. Erzeugnisse und durch den 
mit einem mäßigen Schutz einsetzenden Zolltarif 
von 1879, ein neuer Aufschwung in der auf die 
Förderung der Landwirtschaft gerichteten Tä- 
tigkeit der Gesetzgebung und Verwaltung. 
Die Anregung zu einem großen Teil der der 
Landwirtschaft dienenden neuen Vorschriften 
und Maßnahmen wurde durch die in den 
Jahren 1882/83 zuerst in Baden für eine 
Reihe von Landgemeinden über die Zustände 
der Landwirtschaft vom Min Inn vorgenommenen 
eingehenden Erhebungen gegeben (deren Ergeb- 
nisse in vier Druckbänden veröffentlicht sind). Ein 
großer Teil dieser agrarischen Maßnahmen kommt 
bei der Darstellung des landwirtschaftlichen Ver- 
waltungsrechtes nicht weiter in Betracht, nämlich 
die durch Zuschüsse und Prämien bewirkte För- 
derung landwirtschaftlicher Interessen; nur inso- 
weit haben diese Maßnahmen auch eine verwal- 
tungsrechtliche Bedeutung, als durch Verordnun- 
gen oder allgemeine Anordnungen (sogen. Grund- 
bestimmungen) des Ministeriums geregelt ist, durch 
welche Stellen, in welchem Verfahren (z. B. aus 
Anlaß von Schauen, Ausstellungen) und unter 
welchen Bedingungen Beiträge für gewisse ge- 
meinwirtschaftlich wichtige Einrichtungen (z. B. 
zur Gründung von Molkerei= und Zuchtgenossen- 
schaften, von landwirtschaftlichen Kredit= oder 
Verbrauchsvereinen) oder Aufmunterungsprä- 
mien und Anerkennungen für hervorragende Lei- 
stungen in der Zucht von Tieren und Pflanzen 
und in der Hervorbringung sonstiger landwirt- 
schaftlicher Erzeugnisse (z. B. Butter) gewährt 
werden können oder sollen. Auch die umfassende 
Förderung, die während dieser Zeit dem landwirt- 
schaftlichen Personal- und Realkredit von Staats- 
wegen zu teil ward, ist nicht im Gesetzeswege 
ausgestaltet worden; insbesondere kam es nicht 
zu der mehrfach angeregten Errichtung einer 
staatlichen Landeshypothekenbank: vielmehr wurde 
die Ausbreitung der Tilgungshypotheken in der 
landwirtschaftlichen Bevölkerung durch die Regie- 
rung hauptsächlich dadurch gefördert, daß den für 
den ländlichen Hypothekarkredit be- 
sonders wichtigen Sparkassen wirksame Anre- 
gungen zur Wahl dieser Darlehensform gegeben 
wurden, daß 1892 die Regierung mit der Rheini- 
schen Hypothekenbank ein Uebereinkommen ab- 
schloß, wonach diese zum Zwecke der zum Selbst- 
kostenpreis der landwirtschaftlichen Bevölkerung 
darzubictenden Gewährung von Darlehen gegen 
Tilgungshypotheken einc besondere Landeskredit- 
kassenabtcilung errichtete, daß endlich den beiden 
Verbänden der landwirtschaftlichen Kredit= und
	        
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