Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
88 Gemeinde (III. 
Organisation) 
  
Bestätigung ist in der Regel eine freie, jedoch darf 
die Bestätigung eines mit mindestens 3#8 der Stim- 
men Gewählten nur auf einen Ausspruch des 
Disziplinarhofs für Körperschaftsbeamte und eines 
nach Ablauf einer Wahlperiode mit mehr als der 
Hälfte der Stimmen Wiedergewählten nur auf 
einen Ausspruch des Min Inn, daß die Gem Ver- 
waltung notleiden würde, versagt werden. Der 
Titel des Ortsvorstehers ist in den Städten 
„Stadtschultheiß", sonst „Schultheiß"; der Titel 
„Oberbürgermeister“ wird nur zur Auszeichnung 
verliehen. 
# 4. Gemeindebeamte. In jeder Gem ist zur 
Führung des Kassen- und Rechnungswesens ein 
Gem Pfleger (Stadtpfleger) bestellt, außerdem 
kann die Anstellung eines oder mehrerer Rats- 
schreiber für die Führung der Protokolle und die 
Besorgung der Kanzleiangelegenheiten angeord- 
net werden. Weitere Beamte können zur Erledi- 
gung von besondere Fachkenntnis erfordernden 
Geschäften bestellt werden. Zur Besorgung der 
untergeordneten Geschäfte werden in jeder Gem 
Unterbeamte angestellt. In großen und mittleren 
Städten ist die Anstellung von besoldeten Mit- 
gliedern des GemRats, die vollberechtigte Mit- 
glieder sind, vorgesehen, ihre Zahl darf zuzüglich 
des Ortsvorstehers nicht mehr als ¼ der unbe- 
soldeten Mitglieder betragen, sie werden von den 
vereinigten Kollegien auf Zeiträume von nicht 
weniger als 6 Jahren gewählt, und haben die 
Befähigung zum höheren Justiz-, Verwaltungs-, 
Finanz-, bautechnischen oder gerichtsärztlichen 
Dienst nachzuweisen. 
Die Anstellung der Gem Beamten wird im all- 
gemeinen durch den Dienstvertrag geregelt und 
erfolgt bei dem Gem Pfleger auf bestimmte Zeit 
von mindestens 3 Jahren, bei den andern Beamten 
auf bestimmte oder unbestimmte Zeit. Inletzterem 
Fall ist bei Berufsbeamten eine Kündigungsfrist 
von 6 Monaten einzuhalten, falls keine andere 
Frist vereinbart ist. Mit Ablauf von 10 Dienst- 
jahren gilt das Dienstverhältnis bei Berufsbeam- 
ten auf 10 Jahre verlängert, falls es nicht recht- 
zeitig gekündigt wird. Die Anstellung der Unter- 
beamten erfolgt regelmäßig auf Zmonatliche 
Kündigung. Den Gem Beamten sind ähnliche 
Verpflichtungen auferlegt wie den Staatsbeamten. 
# 5. Staatsaufsicht über die Gemeindever- 
waltung. Die GemO hat im a 8 das Selbst- 
verwaltungsrecht der Gem als Rechtsgrundsatz 
aufgestellt „innerhalb der durch die Gesetze fest- 
gestellten Schranken“; unter diesen Schranken ist 
der verfassungsmäßige Grundsatz der Staatsauf- 
sicht in vielen Einzelbestimmungen und allgemein 
im 9. Abschnitt der Gem O nach folgenden Grund- 
zügen näher geregelt worden. 
a) Die Staatsaufsicht wird ausgeübt unter der 
Oberaussicht des Min Inn in den großen und mitt- 
leren Städten durch die Kreisregierung, in den 
Übrigen Gem durch Oberamt und Bezirksrat, die 
Aufsicht über die Polizeiverwaltung wird durch 
die Oberämter ausgeübt. 
b) Sie äußert sich einmal darin, daß bei einer 
Reihe von Gemeschlüssen die Genehmigung der 
Staatsaufsichtsbehörde Bedingung der Gültigkeit 
ist. Ein unbeschränktes Genehmigungsrecht be- 
steht namentlich bei Beschlüssen, die künftige Ge- 
nerationen berühren, über Veräußerung von 
Grundeigentum, Grundstocksangriffe, Kapitalauf- 
  
  
nahmen, bleibende Haftverbindlichkeiten, größere 
Freigebigkeitsleiungen, Verteilung von Gem- 
Vermögen. Sodann besteht eine allgemeine Auf- 
sicht dahin, daß die Gem ihre gesetzlichen Befug- 
nisse nicht überschreiten, ihre gesetzlichen Verbin- 
lichkeiten erfüllen, und daß die gesetzlichen Vor- 
schriften über die Geschäftsführung bei der Ver- 
waltung der Gen Angelegenheiten beobachtet 
werden. Ein weitergehendes Ausfsichtsrecht ist 
vorgesehen gegenüber der Bewirtschaftung der 
Gem Waldungen und der gesamten Pol Verwal- 
tung, sofern bei letzterer auch aus Zweckmäßig- 
keitserwägungen in die örtliche Pol Verwaltung 
eingegriffen werden darf. 
e) Die Mittel der Staatsaufsicht bestehen in 
regelmäßigen und unvermuteten Visitationen, 
Berichtseinziehungen, Außerkraftsetzung ungesetz- 
licher Beschlüsse, in der Zwangsetatisierung, falls 
eine der Gem gesetzlich obliegende öffentlich- 
rechtliche Verbindlichkeit nicht erfüllt wird, mit 
der sich etwa anschließenden Zwangsersatzvor- 
nahme. Eine bestrittene Frage ist, ob gegen die 
Gem als solche das Zwangsmittel der Exekutiv= 
strafe zulässig ist; ein gesetzlicher Hinderungsgrund 
besteht nicht, nur haben die Behörden Schenu vor 
der Anwendung dieses Mittels und versuchen, 
ihre Anordnungen nötigenfalls durch Androhung 
und Verhängung von Disziplinarstrafen durch- 
zusetzen. Die Disziplinarstrafgewalt (Verweis 
und Geldstrafe) steht den Staatsaufsichtsbehörden 
bei Pflichtwidrigkeiten der Mitglieder der Gem- 
Kollegien und der Gem Beamten, mögen sie sich 
gegen den Staat oder die Gem richten, zu. Ueber 
die Amtsenthebung und Dienstentlassung ent- 
scheidet der Disziplinarhof für Körperschafts- 
beamte. 
d) Zum Schutz gegen einen Mißbrauch des 
Aussichtsrechtes dient die VerwBeschwerde und 
die Rechtsbeschwerde an den Verw Gerichtshof, 
falls für letztere die sonstigen gesetzlichen Vor- 
aussetzungen gegeben sind; nur in gewissen Fällen 
(namentlich bei Verfügungen über Gem Satzungen) 
ist sie erleichtert. 
s6. Zusammengesetzte Gemeinden und Teil- 
emeinden. Eine Gem kann aus mehreren räum- 
ich getrennten Orten bestehen, ohne daß sie sich 
rechtlich von den geschlossenen Gem unterscheidet. 
Dagegen kann eine Gem auch TeilGem mit 
selbständiger Rechtsfähigkeit d. h. solche Orte ent- 
halten, welche eigene Markung besitzen, und den 
aus dem Markungsbesitz entspringenden Auf- 
wand selbst tragen oder ein besonderes Ortsver- 
mögen in eigener Verwaltung besitzen. In diesem 
Fall befinden sich in der „zusammengesetzten Ge- 
meinde“ eine oder mehrere Teilgemeinden, 
welche die rein örtlichen Angelegenheiten selbst 
besorgen. Auf die zusammengesetzte Gem finden 
die für alle Gem gegebenen Vorschriften mit den 
Aenderungen Anwendung, die sich aus dem Vor- 
handensein der Teil Gem ergibt. Für die TeilGem 
gelten nur gewisse in Abschnitt 7 der GemO ent- 
haltene Bestimmungen. Die Vertretung der 
TeilGem kommt in Teil Gem, die wenigstens 20 
Gem Bürger zählen, einem Teilgemeinderat von 
mindestens 3 Mitgliedern zu, in TeilGem mit 
mehr als 500 Einwohnern steht diesem ein Teil- 
bürgerausschuß zur Seite. In kleineren TeilGem 
kommt die Verwaltung und die Vertretung der 
TeilGem der Gesamtheit der Gem Bürger (Teil-
	        
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