o6 Gemeinde (III. Organisation)
Kreisrat zu. Auf höhere Strafen können der
Kreisausschuß und das Min Inn erkennen, und
zwar ersterer auf Geldstrafe bis zu 180 Mark und
Suspension von Dienst und Gehalt bis zur Dauer
von 3 Monaten, letzteres auf Geldstrafe bis zu
480 Mark und Suspension von Dienst und Gehalt
bis zur Dauer von 6 Monaten. Den Beamten
steht gegen Strafverfügungen des Bürgermeisters,
gegen die von diesem angeordnete vorläufige Sus-
pension, sowie gegen die durch übereinstimmen-
den Beschluß beider städtischer Behörden verfügte
Entlassung ohne Pension, Beschwerde an den
Kreisausschuß zu. In Disziplinaruntersuchungs-
sachen steht dem Bürgermeister das Recht zu,
Zeugen und Sachverständige eidlich zu vernehmen.
B. Landgemeinden # 6.
Die Unterschiede der Städteordnung und der
Landgemeindeordnung sind erheblicher Natur,
wenn auch die Sganchation der Land Gem grund-
sätzlich die Freiche ist, wie die der Stadt Gem. Als
Organ der Gen Vertretung fungieren der Gemat,
Bürgermeister, Beigeordnete, Verw Deputationen
und Gem Beamte. Den Angehörigen der politi-
schen Gem steht auch in der Landgemeindeord-
nung das gleiche Wahlrecht zu. Hinsichtlich des
passiven Wahlrechtes ist auch hier bestimmt, daß
die Hälfte aller Gem Räte dem höchstbesteuerten
Drittel der Gem Angehörigen angehören müssen.
Als erhebliche Unterschiede der Land Gem-
und der Städteordnung sind folgende Bestim-
mungen der LGO zu nennen:
1. Die Zahl der gewählten Mitglieder des Gem-
Rats beträgt 9—15.
2. Der ländliche Bürgermeister wird nicht vom
Gemat, sondern mittelst direkter Wahl von der
ganzen politischen Gem gewählt. Die Bestätigung
hat durch den Kreisrat oder wenn dieser Bedenken
at, durch den Kreisausschuß zu erfolgen. Das
mt des Landbürgermeisters ist ein Ehrenamt.
Vorschriftsmäßige Vergütung erhält der Land-
bürgermeister nur für Geschäfte, die zunächst im
Interesse von Privatpersonen liegen, oder für
solche außerhalb der Bürgermeisterei. Neuerdinge
ist mit Rücksicht darauf, daß auf dem letzten Land-
tage die Revision der Verw Gesetze nicht zu Ende
geführt wurde, und eine dienstliche Ueberlastung
der Landbürgermeister größerer Orte schon jetzt
vorliegt, eine Ergänzung zur L beschlossen
worden: Das G v. 27. 6. 08 gestattet Gem von
mehr als 3000 Einwohnern durch Orts-
satzung ein besoldetes Bürger-
meisteramt zu schaffen. Der so ge-
wählte Bürgermeister kann, wenn er infolge eines
körperlichen Leidens zur Erfüllung seiner Amts-
pflichten unfähig wird, oder nicht mehr in der
Lage ist seine Stelle so auszufüllen, wie sie im
Interesse einer geordneten Vertretung und Ver-
waltung der Gen Angelegenheiten verlangt wer-
den muß, im Wege des Verwötreitverfahrens
seines Amtes enthoben werden.
3. Zur Gültigkeit einer Beratung gehört, daß
alle zur Zeit im Amt befindlichen Mitglieder ein-
geladen, mindestens 2# erschienen sind und ab-
gestimmt haben. Nach der StO kann die Stadt-
verordnetenversammlung beschließen, wenn mehr
als die Hälfte der gesetzlichen Zahl der Mitglieder
zugegen ist, mit Ausnahme des Falles, wenn die
Mitglieder zum zweitenmale zur Verhandlung
über denselben Gegenstand zusammenberufen,
Lennoch nicht in genügender Anzahl erschienen
i
4. Der Bürgermeister hat keine Disziplinarge-
walt über die Gem Beamten.
5. Die sonstigen Unterschiede beziehen sich vor-
wiegend auf Einzelheiten in der Regelung des
Beamten-, Finanz= und Polizeirechtes.
8 7. III. Oberaufsicht des Staates. Die Ober-
aufsicht des Staates beschränkt sich auf die Gesetz-
mäßigkeit der Akte der Gem Verwaltungen, die
Zuständigkeit, die Erhaltung der Substanz des
Gem Vermögens. In finanzieller Hinsicht hat sie
auch darüber zu wachen, daß ungerechtfertigte
Belastung der Gem mit Schulden vermieden
wird und die Tilgung der letzteren stets plan-
mäßig erfolgt. Die Staatsaufsicht wird vom
Kreisrate geführt. Kommen Beschlüsse der Gem-
Vertretung in Frage, so geht die Entscheidung
vom Kreisrat auf den Kreisausschuß über. In
besonders wichtigen Fällen, wie bei Bestätigung
der Wahl städtischer Bürgermeister und Bei-
geordneter übt der Landesherr die Staatsaufsicht
aus, auch ist dem Ministerium die Genehmigung
von Lokalstatuten, Auflösung der Gen Vertretung
usw. vorbehalten. Für Gem Verwaltungssachen
ist ein Verw Streitverfahren mit den Instanzen
des Kreis-, Provinzialausschusses und des Verw-
Gerichtshofes eingeführt. Der Kreisrat ist in
Ausübung seines Aussichtsrechtes befugt, jeder-
zeit über die Vermögensverhältnisse der Gem,
die Erfüllung der Gem Pflichten und die Ge-
schäftsführung der Gem Organe Auskunft und
Nachweisungen zu verlangen. Auf dem Gebiete
der den Gem übertragenen Staatsverwaltungen
kommen andere Vorschriften zur Geltung, welche
in den einzelnen gesetzlichen Materien verschieden.
geregelt sind. Allgemein kann gegen Verfügungen
des Bürgermeisters, auch wenn sie dem Gebiete
der Staatsverwaltung angehören, nach a 120 der
St O Rekurs an den Kreisrat und gegen dessen
Entscheidung der Rekurs an das Min Inn ergriffen
werden. Ueber Beschwerden gegen Beschlüsse
der Stadtverordnetenversammlung entscheidet der
Kreisausschuß. .
so.seformderyerwaltunasgefehgebnus.DteRegienma
hatetneVorlageüberdieReviiionberLandGem-,Städte-,
Kreis- und Provinzialordnung vorgelegt und damit den Ent-
wurf eines Verw Rechtspflegegesetzes verbunden. Die Vorlage
bezweckt hinsichtlich der Landgemeinde- und Städteordnung
eine systematische und redaktionelle Berbesserung und Er-
gänzung. Zugleich wird in dem Entwurf der Städteord-
nung eine Reihe von Sondergesetzen verarbeitet, sodaß auf
diese Weise eine größere Uebersicht des gesamten Gebiets
der Gesetzgebung beabsichtigt war. Hinsichtlich des verwal-
tungsgerichtlichen Instanzenzuges sind unter anderem Strei-
tigkeiten der eigentlichen Gem Verwaltungen dem Pro-
vinzialausschuß an Stelle des Kreisausschusses zugedacht.
Als Berufungsgericht soll der Berw Gerichtshof fungieren.
Der Kreisausschuß, dessen Vorsitzender gleichzeitig die Auf-
sicht über die städtischen Verwaltungen zu führen hätte, soll
als Spruchinstanz für städtische Angelegenheiten damit be-
seitigt werden. Der Gesetzentwurf über die Verwaltungs-
rechtspflege bringt ein einheilliches und organisches Rechts-
versahren für die Verwaltungsstreitigkeiten. Die Entwürse
wurden von dem Sonderausschuß in den Jahren 1906—1908
und 1911 eingehend bearbeitet. Die Reformbestrebungen
betrefsen insbesondere solgende Punkte: