Gemeindeabgaben (Steuern)
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1. Der Herrschaftsbereich von
Reichs= und Landesrecht.
il11. MNeichsgesetzliche Beschränkungen. Die
Regelung und Beaufsichtigung der Gem Finanzen
gehört als solche nicht zur Zuständigkeit des
Reichs. Eine direkte oder indirekte Beeinflussung
der kommunalen Finanzen durch die Reichsge-
setzebung wird aber dadurch nicht ausgeschlos-
sen. Reichsgesetzliche Beschränkungen kommen
in fün ffacher Richtung vor 1½). Erstens: im
Interesse der Freizügigkeit. Keine Gem
ist befugt, von Neuanziehenden als solchen
eine Abg zu erheben; die alten Anzugs= und Ab-
zugsgelder (auch Nach St genannt) sind aufge-
hoben. Die Zuziehenden sind vielmehr den Gem-
Lasten wie die übrigen Gem Bewohner unter-
worfen, sofern ihr Aufenthalt in der Gem min-
destens drei Monate beträgt (F.G v. 1. 11. 67 8).
Es ist selbstverständlich, daß letztere Voraussetzung
sich nicht auf Realabgaben und steuern, Ver-
brauchs= und sonstige indirekte Abg erstreckt.
Zweitens: im Interesse der für Rechnung
des Reichs erhobenen Zoll= oder Ver-
brauchsabgaben, bezw. zur Sicherstel-
lung des freien Waren= und Handelsverkehrs
im Reichsgebiet. Nach dem Zollvereins Vt v.
8. 7. 67 à 25 sollen von den Gem lediglich Gegen-
stände, welche zum örtlichen Konsum
bestimmt sind, als Bier, Malz, Cider (Obstwein),
Brennmaterial, Markt-Viktualien und Fourage,
sowie die der Mahl-- und Schlacht St unterliegenden
Gegenstände zu Verbrauchsabgaben herangezogen
werden dürfen. Ueberdies waren die bei der Ein-
fuhr mit mehr als 3 Mk. pro Doppelzentner be-
legten ausländischen Erzeugnisse von inneren
Verbrauchsabgaben frei zu lassen. Nach dem Röo
v. 27. 5. 85 fand jedoch die letztere Bestimmung
auf Mehl und Mehlfabrikate, sowie auf Backwaren,
Fleischwaren und Fett nur insoweit es sich um
eine Besteuerung durch die Gem handelt, auf Bier
und Branntwem aber überhaupt keine Anwen-
dung mehr. Neuerdings ist durch § 13 des Zoll-
tarifG v. 25. 12. 02 aber bestimmt worden,
daß für Rechnung von Kommunen und Korpo-
rationen v. 1. 4. 10 ab Abg auf Getreide, Hülsen-
früchte, Mehl und andere Mühlenfabrikate, des-
gleichen auf Backwaren, Vieh, Fleischwaren und
Fett nicht mehr erhoben werden dürfen. Nur auf
die Erhebung von Abg von dem zur Bierbereitung
bestimmten Malze seitens der Kommunen findet
diese Bestimmung keine Anwendung. Drit-
tens:):; zur Sicherstellung der Steuerbe-
freiung der Militärpersonen IIIU. Nach
der V v. 22. 12. 68 waren von allen direkten Kom-
1) In der ersten Auflage fand sich hier die Bemer-
kung, daß das Doppelbesteuerungs G v. 13. 5. 70 eine Ein-
schränkung auch für die Gem Besteuerung insofern enthalten,
als von solchen Objekten, welche der Besteuerung durch einen
andern Bundesstaat unterliegen, auch von den Gem
direkte St nicht erhoben werden dürften. Diese Ansicht trifft
nicht zu. Das R# betr. die Doppelbesteuerung v. 13. 5. 70
findet auf die Gem Besteuerung keine Anwendung, wie das
preußische OBG mehrfach entschieden hat. Es beeinflußt sle
nur in direkt in solchen Fällen, in denen die Besteuerung
der Gem sich derienigen des Staats lediglich anzuschließen
hat (3 33 Ziff. 3 letzter Satz des Komm Abg G). S. auch den
Artikel: Doppelbesteucrung.
munalauflagen einmal die servisberechtigten Mili-
tärpersonen des aktiven Dienststandes sowohl hin-
sichtlich ihres dienstlichen als sonstigen Einkom-
mens mit der Maßgabe, daß sie zu den auf den
Grundbesitz oder das stehende Gewerbe oder das
aus diesen Quellen fließende Einkommen geleg-
ten Kommunallasten beizutragen haben, ferner
aber die auf Inaktivitätsgehalt gesetzten oder mit
Pension zur Disposition gestellten Offiziere hin-
sichtlich ihrer Gehalts- und sonstigen dienstlichen.
Bezüge befreit. Diese Vorschriften sind durch das
RG# v. 28. 3. 86 insoweit außer Kraft gesetzt wor-
den, als sie sich auf das außerdienstliche Einkommen
der im Offiziersrange stehenden Militärpersonen,
sowie die Pensionen der zur Disposition gestellten
Offiziere beziehen. Nach beiden Richtungen hin
das Maß der Heranziehung zu den cGeme zu
regeln, ist der Landesgesetzgebung vor-
behalten worden.
Ein solches Landesgesetz ist z. B. für Preußen erlassen
unterm 29. 8. 86/2. 4. 92 (in Verbindung mit B v. 23. 9. 67).
Danach müssen die im Offizlersrang stehenden Militär-
personen des Friedensstandes Kommunalabgaben wie jeder
andere Gem Einwohner entrichten von ihrem in der Gem bele-
çgenen Grundbesitz und Gewerbebetrieb. Von sonstigem außer-
dienstlichen Einkommen zahlen sie in allen Gemeinden 100%
des für dieses Einkommen maßgebenden Staatssteuersatzes.
Viertens: im Interesse der aktiven, wie
der aus dem Dienste geschiedenen Reichsbe-
amten. Die Rechtsverhältnisse dieser sowohl
im allgemeinen, wie auch in Ansehung der Be-
steuerung regeln sich nach den gesetzlichen Vorschrif-
ten, welche an ihren Wohnorten für die aktiven
bezw. die aus dem Dienste geschiedenen Staats-
beamten gelten. Ebenso genießen die Hinterblie-
benen der Reichsbeamten hinsichtlich der ihnen
aus Reichs= oder Staatsfonds oder öffentlichen
Versorgungskassen gewährten Pensionen, Unter-
stützungen oder sonstige Zuwendungen, die den
Hinterbliebenen der Landesbeamten gewährten
bezüglichen Begünstigungen (RBeamten G v. 31.
3. 73 & 19). Näheres über die landesgesetzliche
Regelung s. 5 271). .
§12.Bin-Aufgabedersandesgefetzgebimg
ehört dagegen auch die generelle Regelung des
ommunalen Finanzrechts. Insoweit sich die Kom-
munalbesteuerung an die Staatsbesteuerung an-
schließt, sind die für Verteilung und Erhebung
der Staats St maßgebenden Vorschriften regel-
mäßig auch für die Gem Besteuerung bindend, so
daß der autonomen Beschlußfassung der Gem
nur ein verhältnismäßig einge schränkter
Spielraum verbleibt. Dagegen ist dieser Spiel-
raum ein größerer, wo den Gem ein Recht
zu selbständiger Gestaltung ihres Be-
steuerungswesens zuerkannt wird. Hiernach un-
terscheiden sich die Gesetzgebungen der deutschen
Länder, je nachdem für sie die eine oder die andere
Auffassung die vorwaltende ist: immerhin pflegt
keine dieser Auffassungen in völlig ausschließlicher
Weise durchge führt zu sein, so daß auch diejenigen
Staaten, in denen die Gem Besteuerung im we-
sentlichen auf der Staatsbesteuerung ruht, doch
ausnahmsweise in Bezug auf einzelne Strten
der Gem ein Selbstbestimmungsrecht zulassen,
während umgekehrt auch in den Staaten, die im
1) Ueber die Reichswertzuwachssteuer s. den besonderen
Artikel.