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Gemeinde (IV. Vermögensverwaltung)
b) Die objektive Steuerpflicht ist
auf die vom Staate freigelassenen Einkommen
unter 900 Mk., allerdings zu einem ermäßigten
Tarife, ausgedehnt, ohne daß zugleich eine Ver-
pflichtung, deren St Kraft auszunutzen, statuiert
würde, obgleich gerade bei den Gem die Durch-
führung des Grundsatzes, jeden, auch den gering
Bemittelten, mit einer kleinen Quote zur St her-
anzuziehen, um so berechtigter wäre, als die Gem
zu deren Heranziehung im Wege indirekter Ver-
brauchs St so sehr beschränkt sind. Die Privilegien
der Beamten und Militärpersonen, zu denen die
Gendarmerie gezählt wird, werden aufrecht er-
halten. (S. aber jetzt G v. 16. 6. 09 unten
135). Die schon vor Erlaß des Komm Abg G in
der Praxis nicht seltenen, wenn auch contra legem
(Rö Z# 12, 272 ff) getroffenen Vereinba-
rungen mit Fabriken und Bergwerken über
die Höhe eines Einkommen- und Gewerbesteuer-
firums wurden im Kommbg G ausdrücklich für
zulässig erklärt, #S# 13, 43 Komm Abg G. Endlich
wurden auch Berechnungsgrundsätze über das Ein-
kommen aus Domänen, aus Staats= und Pri-
vatbahnen festteiegt. Die Verteilung des ge-
meindesteuerpflichtigen Einkommens aus dem
Belih oder Betrieb einer sich über mehrere
preu iche Gem oder preußische und nichtpreu-
ßhische Landesteile erstreckenden Lunteenesmeng
erfolgt nach im Gesetz bestimmten Maßstäben.
Ueber Vermeidung der Doppelbesteue-
rung pvgl. im übrigen diesen Artikel.
Ist das gemeindesteuerpflichtige Einkommen
ganz oder zum Teil zur Staats-Einkommen St
nicht veranlagt, so ist der dem Zuschlage zugrunde
liegende St Satz nach den für die Veranlagung
der Staats-Einkommen St geltenden Vorschriften
zu ermitteln.
Statistisches über die Gem Einkommen St der preußischen
Städte mit mehr als 50 000 E. nach der Art ihrer Ver-
anlagung im Jahre 1905 f. Statist. Korrespondenzblatt 1906
Nr. 46 II.
l 15. Berteilungsmaßstab. 1. Von grundsätz-
licher Bedeutung sind die Bestimmungen im
Komm Abg G 54 ff, welche vor allem die rich-
tige Ausnutzung der den Gemeinden vom Staate
überwiesenen St Quellen sichern und ein ange-
messenes Verhältnis zwischen der Belastung der
verschiedenen St Arten gewährleisten wollen. Da-
nach sind die Real St in der Regel zum gleichen
und höchstens zu einem um die Hälfte größeren
Satze wie die Einkommen Stzuschläge heranzu-
ziehen. Erreichen sie 100% — also den alten
Satz der Staats St — nicht, so kann die Einkom-
men St freigelassen oder mit niedrigeren Zuschlä-
gen belastet werden. Werden aber mehr als
150% der veranlagten Real St erhoben und ist
die Staatseinkommen St mit 1500# belastet, so
können von dem Mehrbetrage für jedes Prozent
der staatlich veranlagten Real St 2% der Staats-
einkommen St erhoben werden. Zuschläge über
den vollen Satz der Staatseinkommen St hinaus
bedürfen jedesmal der Genehmigung der Re-
gierung. Werden besondere direkte Gem-
St erhoben, so werden deren Erträge in Zu-
schlagsprozente der staatlichen veranschlagten
St umgerechnet. Abweichungen von diesen
Regeln sind nur aus besonderen Gründen zu
gestatten. Maßgebend ist dabei, daß die Auf-
wendungen der Gem, die in überwiegendem
Maße dem Grundbesitze und dem Gewerbebe-
triebe zum Vorteil gereichen, in erster Linie
durch Real St gedeckt werden sollen, womit
dem Prinzip der Besteuerung nach dem Grund-
satze von Leistung und Gegenlei-
stung (sog. -equivalenztheorie) Rechnung ge-
tragen werden soll. Zur Deckung des durch
die Real St aufzubringenden StBedarfs sind die
veranlagten Grund-, Gebäude= und Gewerbe St
in der Regel mit dem gleichen Prozentsatze her-
anzuziehen.
Diese Bestimmungen haben sich insofern als
wirksam erwiesen, als seit Erlaß des Gesetzes bis zur
Gegenwart in der Tat die durchschnittliche Be-
lastung der Einkommen St weniger als diejenige
der Real St zugenommen hat. In neuerer #eit
tritt aber bei den Gem deutlich wieder die Nei-
gung hervor, die Einkommensteuerzuschläge mehr
zu erhöhen.
*. Nur in Berlin und Vororten, sowie einigen
andern großen, besonders von Rentnern bevor-
zugten Städten, gelingt es noch einigermaßen,
die steigende Belastung der Einkommen St hintan-
uhalten. Wo besondere RealSt einge-
sabrt sind, übersteigen die Realsteuerprozente
oft erheblich die Einkommensteuerzuschläge, in-
dem gerade diese St Form die Erzielung eines
oft viel höheren Real St Ertrages als bisher ohne
Mehr-, ja sogar unter Minderbelastung der
schwächeren Schultern ermöglicht.
2. Als ein ganz neues Prinzip, das die Kom-
mission des Abgeordnetenhauses in Form des §# 53
in das Komm Abg hineingebracht hat, ist noch her-
vorzuheben die Heranziehung der Betriebs-
gemeinde zur Deckung der Bedürfnisse von
rbeiterwohngemeinden. Hatte man es doch in
Industriegegenden arg empfunden, daß eine
Fabrik oder ein Bergwerk denjenigen Kommu-
nen, in denen lediglich die Arbeiter ihren Wohn-
sitz hatten, nur Lasten aufzuerlegen pflegten, für
die eine Ausgleichung aus den Strträgen der
Werke nicht zu erreichen war. Diesen Arbeiter-
wohngemeinden sollte nun unter der Voraus-
setzung, daß sie durch die Lasten überbürdet wur-
den, welche aus dem Bestehen eines konkreten
Unternehmens für ihr Schul= und Armenwesen
erwuchsen, seitens der Betriebs Gem ein Zu-
schuß geleistet werden, der aber immerhin die
Hälfte der ihr von dem Werke zu zahlenden
direkten St nicht überschreiten durfte. Wurde
die gewerbliche Unternehmung in einem Guts-
bezirke betrieben, in dem, vom Armenwesen.
abgesehen, eine kommunale Besteuerung un-
möglich war, so hatte der Gewerbetreibende
selbst den Zuschuß, und zwar höchstens zu dem
vollen Satze der staatlich veranlagten Gewerbe-
St zu leisten.
Zum weiteren Ausbau dieser Bestimmungen
erging das G v. 24. 6. 06, wonach auch bei Mehr-
ausgaben für polizeiliche Zwecke und schon
bei „unbilliger Mehrbelastung“ Zuschüsse verlangt
werden können.
5 16. Statistisches. Nach der Denkschrift zur
Reichsfinanzreform 1, 636 wurden in Preußen
im Jahr 1907 an KommunallAbg (einschl. Kreis-
und Provinzial-Abg) aufgebracht 646 947000 Mk.,
dazu 22 002000 Mk. Abg besonderer Schul-