Gemeinheitsteilung (Rheinprovinz, neue Provinzen)
Darstellung der Spezialgesetzgebungen, die sich
auf die den einzelnen Landesteilen besonderen
Vorschriften beschränken kann, nachgestellt.
Vorauszuschicken ist hier nur zweierlei. Er-
stens weichen alle GTGesetze dieser Landesteile
von der altpreußischen GTO darin ab, daß nach
ihnen Gegenstand der GT nicht eine auf dem
Eigentum oder einer Dienstbarkeit beruhende
Nutzungsberechtigung („Gemeinheit“ im Sinne
der GTO v. 7. 6. 1821) ist, sondern — entspre-
chend der scharfen Sonderung von Servitut und
Eigentum im gemeinen und französischen Recht
— der Begriff der GT aufgelöst erscheint in:
a) die Ablösung bestimmter, als Dienstbarkeit auf
dem Grundeigentum lastender Nutzungsberech-
tigungen; b) die Teilung von Grundstücken, die
von Miteigentümern (Gesamteigentum, Genossen-
schaften, Realgemeinden) ungeteilt besessen und
durch gemeinsame Ausübung bestimmter Rechte
gemeinschaftlich benutzt werden. Zweitens
ist die Zusammenlegung der Grundstücke, die der
GTO von 1821 nur als Folge einer Gemeinheits-
aufhebung bekannt war und erst durch das G v.
2.F 4. 72 als selbständige Kulturmaßregel einge führt
wurde (oben vor §#9), in den hier in Betracht kom-
menden Landesteilen als selbständiger Gegenstand
behandelt. Lediglich für den Reg Bezirk Wiesbaden
der Provinz Hessen-Nassau und für Neuvorpom-
mern und Rügen gelten insofern Ausnahmen, als
in jenem Bezirke regelmäßig nicht die „Zusam-
menlegung“, sondern die „Güterkonsolidation“, in
Neuvorpommern und Rügen aber eine Umlegung
nur nach Maßgabe der schwedischen V v. 18. 11.
1775 statthat (unten & 14).
1. Rechtsstand in den einzelnen Landesteilen.
5s13. Die Rheinprovinz — mit Ausschluß der
Kreise Rees, DTuisburg, Essen, Mülheim a. d.
Ruhr und Ruhrort (oben # 3).
I. Vor der Vereinigung des Rheinlandes mit
Preußen war die Befugnis zur Provokation auf
GT, und zwar im Gebiete des französischen Rechts
auf die allgemeine Bestimmung des a 815 des
code civil, im Gebiete des gemeinen Rechts auf
die actio communi dividundo beschränkt. Ueber
die Aufhebung von Prädialservituten gab es nur
vereinzelte ungenügende Bestimmungen, betr.
die Ablösbarkeit gewisser Weideberechtigungen.
Der Ausdehnung der GTO v. 7. 6. 21 auf die
Rheinprovinz stand entgegen, einmal, daß das
ALK, dessen Sätze über die Teilnahmerechte der
GTO zum Grunde liegen, mit dem französischen
und gemeinen Rechte vielfach unverträglich war,
außerdem, daß die auf Zusammenlegung gerich-
tete Tendenz der GTO der damaligen Anschauung
der Rheinländer widerstrebte (Lette-Rönne 3, 201).
Die diesen Gesichtspunkten Rechnung tragende
GTO für die Rheinprovinz i(mit
Ausnahme der Kreise Rees und
Duisburg (oben # 3), sowie für Neu-
vorpommern und
(GS 371) ließ daher die Vorschriften über die
Teilnehmungsrechte im wesentlichen unberührt
und schloß (im # 18) die Umlegung von Grundstük-
ken, die nicht zur Abfindung für aufzuhebende
Berechtigungen abzutreten sind, für das Gebiet
der Rheinprovinz ausdrücklich aus. Später
machte sich indessen das Bedürfnis einer Ver-
Rügen v. 19. 4. 51 f
besserung unwirtschaftlicher Planlagen durch Zu-
sammenlegung auch im Rheinlande geltend. Ihm
ist abgeholfen zunächst durch das G, betr. die wirt-
schaftliche Zusammenlegung der Grundstücke im
Bezirke des Justizsenats zu Ehrenbreitstein, v.
5. 4. 69 (GE#514), für die diesen Bezirk bildenden
Kreise Wetzlar, Neuwied, Altenkirchen (mit Aus-
schluß der Grafschaft Wildenburg) und den rechts-
rheinischen Teil des Kreises Koblenz, sodann durch
das G, betr. die Zusammenlegung der Grundstücke
im Geltungsgebiete des rheinischen Rechts, v.
24. 5. 85 (GE 156) auch für das letztgedachte
Gebiet dieser Provinz.
II. Nach der GTO v. 19. 4. 51 findet statt:
a) die Ablösung der als Dienstbarkeit (Servitut
auf dem Grundeigentum lastenden Nutzungsbe-
rechtigungen zur Weide, Waldmast, Holz= und
Streuentnahme, zum Plaggen-, Haide= und
Bültenhiebe, zur Torfnutzung, zum Grasschnitt
und zur Nutzung von Schilf, Binsen oder Rohr
auf Ländereien und Privatgewässern aller Art,
zum Pflücken des Grases und des Unkrauts in be-
stellten Feldern (zum Krauten), zum Nachrechen
auf abgeernteten Feldern und zum Stoppelharken,
zur Nutzung fremder Aeccker gegen Hergebung des
Düngers, zum Fruchtgewinn von einzelnen
Stücken fremder Aecker (zu Deputatbeeten), zum
Harzscharren und zur Fischerei in stehenden oder
fließenden Gewässern: b) die Teilung von
Grundstücken, die von mehreren Miteigentümern
ungeteilt besessen und durch gemeinsame Aus-
Übung einer oder mehrerer der nachbenannten
Nutzungen: Weide, Waldmast, Holz= oder Streu-
nutzungen, Plaggen--, Haide= und Bültenhieb,
Torfnutzung benutzt werden, namentlich auch
Marken, Erbenwaldungen u. dergl. (Rh. GTO
1; vgl. ZLKG 30, 161, wonach Grundstücke,
deren Eigentum einer Korporation zu-
steht, nicht unter & 1 zit. fallen). — Das einfache
Recht der Stoppelweide oder des öden Weid-
ganges (vaine pature) innerhalb einer Gemeinde,
sofern es nicht auf einem besonderen Titel be-
ruht, unterliegt im Bezirke des vormaligen Ap-
pellationsgerichts zu Köln nicht der Ablösung,
kann jedoch durch Beschluß des Gemeinderats
aufgehoben werden (a 24 EG BE). — Ohne
Entschädigung aufgehoben sind das
öde Weidgangsrecht, das im gedachten Gerichts-
bezirke mehreren Gemeinden wechselseitig zusteht
(Koppelweide), und das Recht des Fiskus auf den
dritten Fuß, dritten Pfennig (tertia marcalis)
im Herzogtume Berg (Rh. GTO §§ 4, 5. Feld-
und ForstpolizeiG v. 1. 4. 80 5 94. Vgl. Lette-
v. Rönne 3, 214 ff).
Hinsichtlich des Gemeindevermögens
sind die Bestimmungen der altländischen Dell.
v. 26. 7. 47 wiederholt (Rh. GTO 5#/ 3, oben + 4
am Ende).
Nach den Zusammenlegungsgesetzen für Ehren-
breitstein und das Gebiet des rheinischen Rechts
ist ferner zugelassen c) die wirtschaftliche Zu-
ammenlegung der in vermengter Lage
befindlichen Grundstücke verschiedener Eigentü-
mer, wenn diese von den Eigentümern von mehr
als der Hälfte der zusammenzulegenden Grund-
stücke — nach Katastralfläche und Reinertrag be-
rechnet — beantragt wird und von der Zusammen-
legung eine erhebliche Verbesserung der Landes-
kultur zu erwarten ist. Im Gebiete des