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setzt sich zusammen aus einem Präsidenten (Jurist),
4 Direktoren (je einer für jede Abteilung), darunter
2 Aerzte, je 1 Chemiker und Tierarzt), 20 ordent-
lichen vollbesoldeten Mitgliedern (darunter 11
Aerzte, 2 Tierärzte, 4 Chemiker und Apotheker,
1 Zoologe und 2 Juristen), 14 ständigen und 25
außeretatsmäßig beschäftigten wissenschaftlichen
Hilfsarbeitern. Zur Unterstützung des Gesund-
heitsamtes bei Erfüllung der ihm zugewiesenen
Aufgaben ist wieder auf Grund des § 43 des Reichs-
seuchen G v. 30. 6. 00 ein Reichsgesund-
heitsrat gebildet, der außerdem befugt ist,
den Landesbehörden auf Ansuchen Rat zu erteilen
und sich, um Auskunft zu erhalten, mit diesen
unmittelbar in Verbindung zu setzen sowie Ver-
treter abzusenden, die unter Mitwirkung der zu-
ständigen Landesbehörden Aufklärungen an Ort
und Stelle einziehen können. Seine Tätigkeit ist
durch eine vom Reichskanzler erlassene Geschäfts-
ordnung geregelt, die die Bildung von besonderen
Ausschüssen (z. Zeit 9: Gesundheitswesen im allge-
meinen, Ernährungswesen, Wasserversorgung, Be-
seitigung der Abfallstoffe und Reinhaltung der
Gewässer, Gewerbehygiene, Seuchenbekämpfung,
Heilwesen, Heilmittel und Verkehr mit Giften,
Schiffs= und Tropenhygiene, Veterinärwesen) in
Unterabteilungen (z. Z. 16) vorsieht. Die Mit-
glieder des Reichsgesundheitsrates (z. Z. 91), die
aus hervorragenden wissenschaftlichen Autori-
täten und erfahrenen Beamten der Landesmedi-
zinalverwaltung zusammengesetzt sind, werden
vom Bundesrat, der Vorsitzende (in der Regel
der Präsident des Gesundheitsamtes) und dessen
Stellvertreter aus der Mitgliederzahl vom Reichs-
kanzler ernannt; das Amt ist ein ehrenamtliches.
Für die Bearbeitung der Medizinal-
Statistik steht, soweit diese nicht im GesAmte
erfolgt, der Reichsverwaltung noch das Kaiser-
liche Statistische Amt zur Verfügung.
Außerdem hat sich die Reichsverwaltung durch
Gewährung eines jährlichen Zuschusses für das
vom Hamburger Staat eingerichtete dortige
Institut für Schiffs= und Tropen-
krankheiten eine Mitwirkung bei der Stellen-
besetzung und die Ueberlassung von wenigstens 5
Arbeitsplätzen gesichert. Das Reich trägt auch
sonst vielfach die Kosten für Zwecke des GW,
z. B. für Studienreisen zur Erforschung der
Cholera, Pest, Schlafkrankheit usw., oder gewährt
hierfür Zuschüsse, z. B. zu den Kosten der
Zentralstelle für Volkswohlfahrt, für Syphilis-
und Krebsforschung, Bekämpfung der Säug-
ngeserblichleit, des Typhus, der Tuberkulose
usw.
65. Preußen. I. Die gesamte Medizinalverwal-
tung (ausschließlich des Militärmedizinalwesens)
ist vom 1. 4. 11 ab wieder dem Ministerium
des Innern in oberster Instanz unterstellt,
nachdem sie von diesem seit 1825 zum Teil und
seit 1819 vollständig abgetrennt und dem Kultus-
ministerium überwiesen war. Sie bildet hier
cbenso wie früher im Kultusministerium einec be-
sondere Abteilung — Abteilung für Medi-
zinalwesen — die aus einem Ministerialdirektor
(nicht nötig VerwBeamter), 5 vortragenden, voll-
besoldeten Räten (4 medizinisch-technische und 1
VerwBeamter), dem jedesmaligen Generalstabs-
arzt der Armee und mehreren technischen Hilfs-
arbeitern (ie ein Psychiater, Arzt und Apotheker)
Gesundheitswesen
besteht. Ihr Geschäftskreis umfaßt die oberste
Leitung der gesamten Medizinal- und Sanitäts-
polizei, die Aufsicht über die Ausbildung und Be-
fähigung des Heilpersonals, dessen Verwendung
im Staatsdienste sowie die Oberaufsicht über alle
öffentlichen und privaten Heilanstalten und son-
stigen dem Gesundheitswesen dienenden Anstalten,
soweit sie nicht der Unterrichtsverwaltung (Uni-
versitätskliniken usw.) unterstehen, des Apotheken-
und Hebammenwesen usw. Als technisch-beratende
Behörde ist der Medizinalabteilung die Wissen-
schaftliche Deputation für das Me-
dizinalwesen, bestehend aus einem Di-
rektor als Vorsitzenden und 17 im Nebenamt an-
gestellten ordentlichen, vom König ernannten Mit-
gliedern (den 4 vortragenden technischen Räten,
12 medizinischen Professoren und 1 Professor der
Chemie der Berliner Universität 2), die „der
Medizinalverwaltung für ihre Zwecke die Benut-
zung der jederzeit durch die Entwicklung der me-
dizinischen Wissenschaft gelieferten Ergebnisse zu
erleichtern, als oberste sachverständige Fachbehörde
in gerichtlich-medizinischen Angelegenheiten tätig
u sein hat“; auch ist sie die zuständige Behörde
fur die staatsärztliche Prüfung. Für pharmazeun-
tische und Apothekenangelegenheiten fungieren
als technische Kollegialbehörden des Ministeriums
die technische Kommission für phar-
mazeutische Angelegenheiten und
der Apothekerrat. Ferner ressortieren un-
mittelbar vom Ministerium: das Institut für
Infektionskrankheiten in Berlin,
die Königl. Versuchs- und Prü-
fungsanstalt für Wasserversor-
gung und Abwässerbeseitigung,
die hygienischen Institute in Beuthen, Posen und
Saarbrücken, die Medizinaluntersuchungsämter
und .- Untersuchungsstellen sowie die Universitäts-
institute, kommunalen und sonstigen Institute,
die für die Aufgaben der Medizinalverwaltung
tätig sind, soweit diese Tätigkeit in betracht kommt,
die Kommissionen für die ärztli-
chen, zahnärztlichen und pharma-
zeutischen Prüfungen an den Uni-
versitäten. Desgleichen übt es die Staats-
aussicht über den Acrztekammer= und Apotheker-
kammerausschuß; außerdem ist der Direktor der
Medizinalabteilung Vorsitzender des ärztlichen
Ehrengerichtshofes, bei dem ein rechtskundiger
Kommissar des Ministers die Verrichtungen der
Anklagebehörde wahrzunehmen hat.
1I. Die mittlere Instanz für die Medi-
zinalverwaltung bildet der Oberpräsident und der
Reg Präsident. Die Tätigkeit des Oberpräsi-
denten auf dem Gebiete des GW ist keine
bedeutendez sie erstreckt sich hauptsächlich auf die
Staatsaufsicht über die Aerztekammern, auf die
gesundheitspolizeiliche Aufsicht über die Provinzial-
anstalten und auf das Apothekenwesen, hier je-
doch nur insoweit, als es sich um die Anlage neuer
selbständiger oder Filialapotheken, um die Ver-
legung bestehender und um die Weiterverleihung
der an den Staat heimgefallenen persönlichen
Apothekenkonzessionen handelt. Dem Ober-
1) Ueber Vertreter der Aerztekammern als außer.
ordentliche Mitglieder zu den Eitzungen der
Wissenschaftlichen Deputation 1Arzt #15 oben Band 1
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