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Haftung Dritter (Vollstreckung — Zölle und Steuern)
streckung ihm gegenüber). Ist freilich der vergeb-
liche Beitreibungsversuch gegen den eigentlich
Schuldigen schon gemacht, so ist damit das Voll-
streckungsrecht gegen den Haftbaren unbedingt
geworden, und es muß gleichgültig bleiben, ob
sich nachmals die Vollstreckungsfortsetzung gegen
den eigentlich Schuldigen erledigt, dieser also
etwa stirbt, oder die Vollstreckung gegen ihn ver-
jährt. Dagegen wird allerdings die Begnadigung
des eigentlich Schuldigen, auch wenn schon die
Beitreibung gegen ihn versucht war, die Voll-
streckung der subsidiären H. ausschließen, weil sie
einen Verzicht auf den Strafanspruch enthält,
der nicht wohl zu Lasten des nur als Ersatzschuldner
in Betracht kommenden Dritten ausschlagen kann
(sehr streitig).
Eine noch weitergehende Vinkulierung erleidet
der Vollstreckungszugriff gegen den Haftbaren im
Falle der H. des Schiffsführers nach Elbschiff.
Konv. v. 13. 4. 44 a 30; der Zugriff ist hier erst
dann zulässig, wenn nicht nur die Geldstrafe, son-
dern auch die Hilfsfreiheitsstrafe gegen den eigent-
lich Schuldigen unvollstreckbar gewesen ist.
Abgesehen von diesem Spezialfall löst die ver-
gebliche Geldstrafvollstreckung mit dem nunmehri-
gen Freiheitsstrafvollstreckungsrecht gegen den
eigentlich Schuldigen zugleich auch das Voll-
streckungsrecht gegen den Haftbaren aus. Und
zwar konkurrieren diese Vollstreckungsrechte nach
einer Reihe von Gesetzesbestimmungen elektiv,
sodaß die Vollstreckungsbehörde die Wahl hat, ob
sie gegen jenen die subsidiäre Freiheitsstrasc oder
gegen diesen die H. realisieren will.
So V306 4 153; Salzabg G 5 17; Statist G #17; serner
die Branntwein= und Brau StGesetze, Zucker St #58;
Schaumwst G v. 9. 5. 02 1 20; ZigarettS### v. 3. 6. 06
* 21; Preuß. G üb. d. Verw Strff #57 1; Württ. Fisk.=
Str Pr Ga 33.
Anderwärts wird die Vollstreckung der Hilfs-
freiheitsstrafe erst nach fruchtlosem Beitreibungs-
versuch gegen den Haftbaren für zulässig erklärt.
So Preuß. Forstdiebst.G v. 15. 4. 78 53 13, Preuß.
Feld= und Forstpol.G v. 1. 4. 80 5 64, Bayr.
PolSt GB a 122 III. Dies wird überall auch da,
wo Spezialbestimmungen nicht vorliegen, zu
gelten haben. Zwar hat der als Schuldiger Ver-
urteilte kein Recht darauf, um eines vermöglichen
Hintermannes willen von der Freiheitsstrafe ver-
schont zu bleiben, aber in dem Institut der H.
drückt sich der Gedanke aus, daß es in erster Linie
auf die Einbringung der Geldstrafsumme an-
kommt. Deshalb erscheinen dic auf elektive Kon-
kurrenz lautenden Bestimmungen als Ausnah-
men, und es ist bezeichnend dafür, daß ein Teil
von ihnen die der Vollstreckungsbehörde verliehene
Befugnis dahin faßt, daß sie von vorgängigem
Vorgehen gegen den Haftbaren „absehen“, darauf
„verzichten“ können, worin deutlich zum Ausdruck
kommt, daß die normale Reihenfolge die wäre:
erst Heranziehung des Haftbaren, dann Hilfsfrei-
heitsstrafe. (Dabei bleibt zu beachten, daß, soweit
Landesrecht diese Reihenfolge ändert, dies
nur für die Vollstreckung im Rahmen der landes-
rechtlich regelbaren Sonderprozeduren gilt, nicht
aber für Folche Vollstreckungsorganc, die sich nach
Reichsrecht zu richten haben.)
Demnach würde überall da, wo Spezialbestim-
mungen nicht eingreifen, die Vollstreckung der
Hilfsfreiheitsstrase vor Inanspruchnahme des
Haftbaren rechtswidrig und eventuell nach StGB
345 strafbar sein. Und zwar muß, damit die
Vollstreckung der Hilfsfreiheitsstrafe zulässig sein
soll, überall ein regelrechter vollstreckungsmäßiger
Beitreibungsversuch gegen den Haftbaren gemacht
und erfolglos ausgefallen sein (soweit nicht Spe-
zialbestimmungen hiervon dispensieren, wie z. B.
Preuß. ForstdiebstG v. 15. 4. 78 5 13, Preuß.
Feld= und Forstpol. G v. 1. 4. 80 5 54, wonach Ge-
richtskundigkeit der Zahlungsunfähigkeit des Haft-
baren genügt).
3. Das Vollstreckungsrecht gegen den Haftbaren
erlischt durch dessen (freiwillige oder erzwun-
gene) haftungstitelmäßige Leistung, aber auch
dadurch, daß der eigentlich Schuldige freiwillig
oder im Vollstreckungswege zahlt oder (soweit es
sich um H. für die Geldstrafe handelt) die substi-
tuierte Freiheitsstrafe absitzt.
Gleiche Bedeutung wie die Vollstreckung gegen
den eigentlich Schuldigen hat auch dessen Begna-
digung, sofern die H. nur eine subsidiäre ist (s.
oben 2). Beitreibung eines Teils der Summe
gegen den Einen oder den Anderen läßt das Voll-
streckungsrecht auf den Restbetrag bestehen bleiben.
Das Vollstreckungsrecht gegen den Haftbaren
erlischt serner durch Vollstreckungsverjährung.
Doch ist solche nur möglich, soweit die H. krimi-
nelle Natur hat; sie untersteht alsdann den Sätzen
des St GB # 70 (Beginn mit Rechtskraft der
H. Entscheidung, nicht erst mit fruchtloser Exekution
gegen den eigentlich Schuldigen; Unterbrechung
nur durch Handlungen, die sich gegen den Haft-
baren richten). Für die Verjährung mit Bezug
auf die H. für Wertsersatz (Entschädigung) kommt
BGB g 218 in Betracht.
Stirbt der rechtskräftig verurteilte Haftbare, so
bleibt Vollstreckungszugriff gegen seinen Nachlaß
zulässig. Dies ergibt sich für die kriminelle H. aus
StGB 8 30, für die übrigen H. Fälle muß es erst
recht gelten.
Im Konkurse des Hastbaren kann die kriminelle
H. nicht geltend gemacht werden, weil sie Geld-
strafnatur hat. Für die übrigen H. Fälle gilt dies
jedoch nicht.
Erlischt das Vollstreckungsrecht gegen den Haft-
baren anders als durch Leistung, so berührt dies
das Vollstreckungsrecht gegen den eigentlich Schul-
digen im allgemeinen nicht. Nur gilt, soweit es
sich um das Vollstreckungsrecht hinsichtlich einer
substituierten Freiheitsstrafe handelt und dieses
durch fruchtlosen Beitreibungsversuch gegen den
Haftbaren bedingt ist (loben Sp. 1), Entsprechen-
des wie im Verhältnis des Vollstreckungsrechts
gegen den Haftbaren zu dem primären Voll=
streckungsrecht gegen den eigentlich Schuldigen
(deshalb schließt Begnadigung des Haftbaren die
Vollstreckung der Freiheitsstrafe aus; ebenso alle
Ereignisse, die die Vollstreckung gegen den Haft-
baren unmöglich machen, bevor es zu einem frucht-
losen Beitreibungsversuch gegen ihn gekommen
ist). (Diese Fragen streitig.)
*8. Anhang: Haftung für Zölle und Stenern.
Durchaus wesensverschieden von der H. für Geld-
strasen ist die in zahlreichen Reichs= und Landes-
gesetzen ausgesprochene H. für Zollgefälle und
Steuern. Diese ist eine rein verwaltungerechtliche
Erscheinung, die materiellrechtlich durchweg nach
Zoll= bezw. Steuerrecht zu beurteilen ist, demnach
keine besonderen Schwierigkeiten bereitet und nach