Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
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Hamburg (Verwaltung) 
  
wo die örtlichen Behörden nach Maßgabe der LGO 
unter Kontrolle zweier Senatoren als Landherren 
und ihrer juristischen und technischen Oberbeamten 
die verschiedenen VerwZweige mehr oder minder 
selbständig besorgen. « 
Die eigentliche Staatsverwaltung, die für die 
Stadt H. sämtliche VerwDinge besorgt, weil ne- 
ben dem Staat H. eine Kommune H. nicht besteht, 
und die für das Landgebiet die nicht den Lokal- 
behörden überwiesenen Verw-ufgaben wahr- 
nimmt, wird geübt entweder von rein-senatori- 
schen Behörden oder von Behörden, welche aus 
Senatsmitgliedern und Bürgern gemischt sind, 
oder endlich von Hamburgischen anderen Behör- 
den kraft Hamburgischer oder reichsrechtlicher 
Organisation. 
Die senatorischen Behörden be- 
stehen entweder aus einem Vorstand und mehre- 
ren Mitglicdern (Kommission für Reichs= und aus- 
wärtige Angelegenheiten, Eisenbahn-, Post= und 
Telegraphen, Zoll-Angelegenheiten, Militär-Kom- 
mission und Justizverwaltung), oder werden bu- 
reaukratische wie Polizeibehörde, Landherren- 
schaften von einem senatorischen Chef geleitet oder 
stehen endlich unter Aufsicht von Senatoren 
(Erbschaftsamt, Aufsichtsbehörde für die Standes- 
ämter, Innungen usw.). In den aus Senatoren 
und Bürgern gemischten Deputatio- 
nen liegt das Schwergewicht der Verwaltung 
nach der Finanzseite. Hier ernennt der Senat ein 
oder mehrere Mitglieder, die präsidieren. Die 
bürgerlichen Mitglieder werden entweder unter 
besonderen Kautelen von der Bürgerschaft aus 
ihrer Mitte erwählt (z. B. Finanz-, Steuer-, 
Pensionskassen-, Beleuchtungswesen-, Schlachthof-, 
Gefängnis-Deputation u. a. m.). In viele solche 
Deputationen entsendet außerdem die Finanz- 
deputation ihre Mitglieder (Bau--Deputation, 
Krankenhaus-, Armenkollegium, Feuerkasse u. a. 
m.). Eine dritte Kategorie von Deputationen hat 
auch noch anderweit entsendete Mitglieder (in- 
direkte Steuern, Zwangserziehung, Medizinal- 
kollegium, Oberschulbehörde, Waisenhaus u. a. m.), 
die wegen des speziellen Interesses das geistige 
Ministerium, die Schulsynode, das Armenkolle- 
gium, die Handelskammer ufsw. ihrerseits depu- 
tieren. . 
Die Deputationen haben innerhalb ihrer ge- 
setzlichen Kompetenzen und des Gebrauchs eine 
gewisse Autonomie. Das Plenum verfährt kolle- 
gial und hat alle Sachen von pekuniärer oder 
prinzipieller Bedeutung zu erledigen. Der Vor- 
sitzende hat gewisse materielle Befugnisse, die im 
wesentlichen sich auf Eilsachen, unbedcutende 
Angelegenheiten und auf solche Dinge, die den 
Betrieb der Deputation betreffen, beziehen. 
Von den Verw Behörden ohne Senatoren sind 
die wichtigsten die Handelskammecr, die 
aus 24 von den gesamten eingetragenen Kauf- 
leuten (dem ehrbaren Kaufmann) gewählten 
Mitgliedern besteht, und die aus Gewerbeabtei- 
lungs-Wahlen hervorgehende Gewerbekam- 
mer. Von den Hamburger Behäörden reichsrecht- 
lichen Ursprungs mögen das Secamt, die Strand- 
ämter, die Standesämter, die Schiedsgerichte und 
die Zollbehörden hervorgehoben werden. 
Eine ausdrückliche Kompetenz-Abgrenzung aller 
Behörden durch Gesetz gibt es nicht, sondern diese 
erfolgt nach allgemeinen Grundsätzen. 
  
Die gesamten Behörden sind nach Maßgabe 
ihres Bedürfnisses mit einem Stamm ständiger 
und bezahlter Berufsbeamten ausgestattet im 
Gegensatz zu den ehrenamtlich tätigen bürgerlichen 
Mitgliedern. 
Eine Rangordnung hat die Hamburger 
Beamten-Hierarchie nicht, maßgebend 
ist vielmehr die Gehaltsordnung, welche die ge- 
samten Beamten in 21 Gehaltsklassen, von 1300 
bis 1700 Mk. beginnend, bis 8000—12 000 Mk. 
zerlegt. Das Beamtenrecht zeigt keine besonderen 
Abweichungen von der allgemeinen Norm. 
5. Einzelne Verwaltungszweige. a) Die 
Finanzverwaltung ist an letzter Stelle 
in die Hand der Finanzdeputation, des Organs 
des Hamburgischen Fiskus, gelegt. Die Finanz- 
deputation ist an Stelle der rein bürgerlichen 
Kammer getreten, welche ihrerseits 1563 die aus- 
schließliche Finanzverwaltung des Rats abgelöst 
hatte. An technischen Finanzbehörden stehen 
unter ihr die Hauptstaatskasse, das Revisions= und 
Kontrollbureau, die Staatsschuldenverwaltung. 
Die Finanzdeputation schließt alle die Staats- 
kasse verbindlich machenden Kontrakte ab, alle 
Zahlungen des Staates gehen auf sie zurück. 
In H. gilt das System des jährlichen beweglichen 
Budgets, sämtliche Staatsausgaben und Ein- 
nahmen müssen jedes Jahr durch ein formelles 
Gesetz, dem eine sehr genaue Prüfung durch den 
Budget-Ausschuß der Bürgerschaft vorausgeht, 
neu bewilligt werden. Dieses Budget wird so 
vorbereitet, daß alle Behörden ihre Sonderbud- 
gets der Finanzdeputation zu einem bestimmten 
Termin einreichen. Diese faßt dann im General- 
Budget alle Einnahmen und Ausgaben des 
Staates zusammen, und zwar je nach ihrer Natur 
durch Einrückung in das ordentliche oder außeror- 
dentliche Budget. Nachträgliche Bewilligungen, 
die verfassungsmäßig vorgesehen sind, werden 
behandelt wie ursprüngliche. Die Bewilligung 
gilt nur so, daß spätestens bis zum 30. 6. des dem 
Budgetjahr folgenden Jahres mit der Veraus- 
gabung der bewilligten Summe der Anfang zu 
machen ist. In gleicher Weise stellt die Finanz- 
deputation die Staatsabrechnungen her. Das 
Hamburger Budget ist geschlossen und gebunden. 
Alle Auszahlungen der Hauptstaatskasse können 
nur auf eine bestimmte Rubrik des Staatsbudgets 
angewicsen werden; Verschiebungen der Posten 
in sich sind verboten. 
b) Der Polizeibehörde sind die ge- 
samten Aufgaben der Sicherheitspolizei einschließ- 
lich Vorbeuge= und Unfallpolizei zugewiesen, 
namentlich aber auch die für H. als Hafenort 
besonders wichtige Medizinal- und Hygiene-Polizei 
(Wohnungspflege, Auswandererwesen). 
c) Handel und Gewerbe werden gepflegt 
durch die Einrichtungen der Handelskammer 
(der die Börse mit ihren Annexen untersteht), der 
Seemannskasse, die Schifferalten und den Komplex 
von Einrichtungen, der sich um den Betrieb der 
Hafen= und Kaianlagen gruppiert. Neben der 
Gewerbekammer und der Detaillistenkammer ist 
durch Gv. 2. 11. 96 noch eine besondere Schank- 
konzessions-Behörde etabliert. 
4) Kirche und Staat sind in H. ge- 
trennt, jedoch erkennt der Staat in der Kirche eine 
eminente Anstalt des öffentlichen Rechts, woraus 
er das Recht staatlicher Anerkennung und Aufsicht
	        
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