Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
  
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geführt und geschädigt werden. Verschiedene 
Staaten haben deshalb gesetzliche Bestimmungen 
erlassen, um dem Publikum eine Gewähr hin- 
sichtlich des Feingehalts von Edelmetallwaren 
zu bieten. Besonders weit gehen in dieser Be- 
ziehung England, Frankreich, Oesterreich- Ungarn 
und Rußland; in diesen Staaten ist die Verar- 
beitung von Gold und Silber nur in wenigen 
bestimmten, meist hohen Feingehaltsstufen zuge- 
lassen (Legierungszwang) und zur Sicherung die- 
ser Vorschriften eine amtliche Stempelung (Pun- 
zierung) der Edelmetallwaren vorgeschrieben. In 
Deutschland begnügt man sich mit weniger emp- 
findlichen Beschränkungen der Edelmetallindustrie. 
Nach dem G über den Feingehalt der Gold= und 
Silberwaren v. 16. 7. 84 (RG Bl 120) dürfen 
Gold= und Silberwaren in jedem Feingehalt an- 
efertigt und feilgehalten werden. Nur für die 
eingehaltsbee zeichnung auf den Waren 
sieht das Gesetz Beschränkungen vor. Dabei unter- 
scheidet es zwischen Geräten und Schmucksachen. 
Zu den Geräten ist nicht nur Tischgerät, wie 
Löffel, Gabeln, Messer, Teller, Platten, Tafel- 
aufsätze u. dergl. und Hausgerät wie Leuchter usw. 
zu rechnen, sondern auch Kirchengeräte und Prunk- 
geräte. Uhrgehäuse werden den Geräten gleich- 
geachtet. Schmucksachen dürfen in jedem Fein- 
gehalt gestempelt werden, die Angabe des Fein- 
gehalts hat in Tausendteilen zu erfolgen und muß 
dem wirklichen Feingehalt, der sich beim Ein- 
schmelzen des Gegenstandes im ganzen ergibt, bis 
auf eine Fehlergrenze von 10 Tausendteilen ent- 
sprechen. Geräte und Uhrgehäuse dürfen Fein- 
gehaltsangaben, die ebenfalls in Tausendteilen 
auszudrücken sind, nur erhalten, wenn sie, und zwar 
goldene mindestens 585, silberne mindestens 800 
ausendteile, reinen Edelmetallgehalt haben. Die 
Angabe des Feingehalts auf diesen Waren ge- 
  
schieht durch ein Stempelzeichen, das nach der 
Bek des BMR v. 2. 1. 86 (Roe#l 1) die Reichskrone, 
das Sonnenzeichen für Gold oder das Mondsichel- 
zeichen für Silber, die Angabe des Feingehalts in 
Tausendteilen und die Firma oder Schutzmarke 
des Geschäfts, für das die Stempelung bewirkt ist, 
enthalten muß. Die Krone befindet sich bei Gold- 
geräten in dem Sonnenzeichen, bei Silbergerä- 
ten rechts neben dem Mondsichelzeichen. Gegen 
den wirklichen Feingehalt darf der angegebene bei 
goldenen Geräten um höchstens 5, bei silbernen um 
höchstens 8 Tausendteile zurückbleiben. Das vor- 
geschilderte Stempelzeichen darf nur für Geräte 
und Uhrgehäuse, nicht für Schmucksachen verwen- 
det werden. Feingehaltsangaben sind verboten für 
Gold- und Silberwaren, die mit andern metalli- 
schen Stoffen ausgefüllt sind — während sogenannte 
Kittware (mit Kitt gefüllte Edelmetallware) von 
der Stempelung nicht ausgeschlossen ist — und 
für Gold= und Silberwaren, mit welchen aus an- 
dern Metallen bestehende Verstärkungsvorrichtun- 
gen metallisch verbunden sind. Bei Ermittlung des 
Feingewichts bleiben die von dem zu stempelnden 
Metalle verschiedenen und äußerlich als unedle 
Metalle erkennbaren Metalle außer Betracht, so- 
weit sie zur Verzierung dienen, oder zur Herstel- 
lung mechanischer Vorrichtungen erforderlich sind 
oder Verstärkungsvorrichtungen ohne metallische 
Verbindung darstellen. 
Die Stempelung von Gold-- und Silberwaren 
erfolgt nicht durch amtliche Stellen; ihre Ausfüh- 
  
  
Handel (Edelmetallwaren — Auslandshandel) 
rung ist der Bestimmung dessen überlassen, für den 
sie erfolgt. Zivilrechtlich haftet für die Richtigkeit 
des angegebenen Feingehalts der Verkäufer der 
Ware und wenn die Stempelung im Inlande er- 
folgt ist, gleich diesem der Inhaber des Geschäfts, 
für welches sie erfolgt ist. Strafrechtlich wird jede 
Verletzung der gesetzlichen Bestimmungen über die 
Feingehaltsbezeichnung mit Geldstrafe bis 1000 
Mark oder mit Gefängnisstrafe bis zu 1 Jahre ge- 
ahndet. Aus dem Auslande eingeführte Gold= und 
Silberwaren mit einer dem G v. 16. 7. 84 nicht 
entsprechenden Feingehaltsangabe dürfen nur feil- 
gehalten werden, wenn sie außerdem mit einem 
Stempelzeichen nach Maßgabe des Gesetzes ver- 
sehen sind. Können sie ein solches nicht erhalten, 
wie Geräte, die einen niedrigeren Feingehalt ha- 
ben als für die Stempelung Vorbedingung ist, so 
dürfen sie in Deutschland nicht feilgeboten werden, 
solange nicht die ausländische Feingehaltsbezeich- 
nung entfernt ist. 
  
III. Der Auslandshandel 
* 8. Geschichtlicher Rückblick. Schon in den ältesten Zei- 
ten, von denen uns geschichtliche Ueberlieserung berichtet, 
hat die H. Tätigkeit über die Grenzen des eigenen Staates 
hinausgegrissen. Produkte, deren Erzeugung aus klimati- 
schen Gründen nur in beschränkten Gebieten möglich war, 
und Mineralien, die nur in einzelnen Fundstellen vorhanden 
sind, suchten und fanden außerhalb des Heimatlandes Ab- 
satz. Im Austausch hierfür wurden Erzeugnisse geliefert, 
in deren Herstellung einzelne Staaten dank vorgeschrittener 
Kunstfertigkeit eine überragende Stellung einnahmen. 
Dazu kam, daß sich schon im Altertum in manchen Kultur- 
zentren solche Menschenmengen anhäuften, daß die Boden- 
erzeugnisse des eigenen Landes zu ihrer Ernährung nicht 
zureichten und deshalb Nahrungs= und Genußmittel aus dem 
Auslande bezogen werden mußten. Der Auslands H. war 
ursprünglich überwiegend Seep., da die Schiffahrt bereits 
sehr frühzeitig Massengüter zu befördern verstand. Der 
Land H. war ursprünglich vielsach Karawanen H.; für seine 
Entwicklung war der Ausbau von Straßen, worin die Rö- 
mer Meister waren, von Bedeutung. Einen gewaltigen 
Ausschwung nahm der internationale Handelsverkehr mit der 
Entdeckung Amerikas. Der riesenhafte internationale Güter- 
austausch unserer Zeit aber wurde erst ermöglicht einerseits 
durch die Entwicklung der modernen Beförderungemittel, 
der Eisenbahnen und der Dampfschissahrt, andrerseits durch 
die Benutzung mechanischer Kraft für die Gütererzeugung, 
wodurch eine früher nicht geahnte Massenproduktion ins 
Leben treten konnte. Unter diesen Verhältuissen haben sich 
die menschlichen Bedürfnisse in einer Weise entwickelt, daß 
kein Staat in seinem gegenwärtigen Kulturzustande ohne 
den internationalen Güteraustausch bestehen könnte. So 
große Bedentung mit Recht dem Inlandsmarkte für die 
heimische Gütererzeugung beigemessen wird, so sicher ist die 
Tatsache, daß der Auslands H. unentbehrlich ist. 
Die Staateogewalt hat sich bereits frühzeitig mit dem 
AuslandsH. befaßt. Bei der Leichtigkeit, mit der dieser an 
bestimmte Wege gebundene Verkehr kontrolliert werden 
kann, lag es nahe, ihn durch Belastung mit Abgaben zu einer 
reichlich fließenden Einnahmegquelle zu machen. Dabei 
mag die Erwägung mitgewirkt haben, daß es billig sei, diesen 
Verkehr zu den staatlichen Auswendungen heranzuziehen, 
die für den Bau und die Unterhaltung von Straßen und 
Schisfahrtsanlagen und seinen Schutz zu machen waren; 
bei der Bemessung der Abgaben ist freilich dieser Gesichts- 
punkt nur selten entscheidend gewesen und geblieben. Neben 
dieser finanziellen Seite der Sache haben die Staaten den
	        
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