Hinterlegungswesen (VII. Elsaß-Lothringen)
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çenossenschaften ist G v. 12. 5. 97 maßgebend, wonach der
Zinsfuß für die erstern 3 ¼, für die letzteren 3 11% beträgt;
alle sonstigen Gelder sind mit 3% zu verzinsen von der auf
die Einzahlung folgenden Monatsdekade ab; die am Schlusse
des Rechnungsjahrs gutgeschriebenen Zinsen treten dem
Kapitale hinzu. Inzwischen gab eine B v. 10. 4. 09 dem
Ministerium die Ermächtigung, für Beträge, die zugunsten
des nämlichen Einlegers 500 000 Mk. übersteigen, eine
niedrigere Verzinsung als 3% festzusetzen, es sei denn, daß
der Einzahler die Rückforderung von halbjähriger Kündi-
gung abhängig mache; demgemäß ist der Zinsfuß für solche
größere Beträge auf 2% ermäßigt worden.
Wertpapiere, Urkunden und Kost-
barkeiten werden unverändert aufbewahrt.
Die StDV haftet nach den Grundsätzen des BGB
über die Verwahrung. Bei hinterlegten Sachen
kann der Zustand durch Sachverständige festge-
stellt, Kostbarkeiten können durch solche abgeschätzt
werden. Bei den nach den Vorschriften des BGB
hinterlegten Wertpapieren von Ehegatten und
bevormundeten Personen usw. hat die St DV für
die Einlösung gekündigter und ausgeloster Wert-
papiere, sofern die Kündigung oder Auslosung im
Reichsanzeiger veröffentlicht wird, Sorge zu tra-
gen, ferner die Einlösung von Zins- und Gewinn-
anteilscheinen und die Einholung neuer Scheine
zu besorgen; im übrigen besteht eine Verpflichtung
dieser Art nicht, doch besorgt die St DV tatsächlich
die bezeichneten Geschäfte. Das Min bestimmt die
Fälle, in denen für die Aufbewahrung Gebühren
zu entrichten sind und die Höhe dieser Gebühren.
Demgemäß ist angeordnet worden, daß für alle Auf-
bewahrungen mit Ausnahme der Amtskautionen jährliche
Gebühren in Höhe von 5 Ufg. für je 100 Mk. Nennwert
zu entrichten sind, daneben sind Barauslagen für Einlösung
und Umtausch, Erneuerung, Ausübung von Bezugsrechten
und Einzahlungen, bei ausländischen Papieren auch für
Vorto und Kommission zu ersetzen; für Urkunden beträgt
die Gebühr 50 Pfg. für das Stück, für Kostbarkeiten 5 Pfg.
für 100 Mk. des Wertes; die Mindestgebühr ist 50 Pfg. für
jede Hinterlegung.
Die Herausgabe der H erfolgt auf An-
trag, als Regel innerhalb 10 Tagen. Sie darf
nicht verweigert werden, wenn durch vollstreckbare
gerichtliche Entscheidung die Berechtigung zur
Empfangnahme festgestellt oder durch unanfecht-
baren Beschluß des zuständigen Gerichts die Rück-
gabe angeordnet ist, ferner wenn der Antrag sich
auf Anordnung einer zuständigen Behörde oder
auf eine von dieser ausgestellte Anweisung grün-
det oder wenn der Antrag von sämtlichen bei der
Hals beteiligt bezeichneten Personen oder ihren.
Rechtsnachfolgern gestellt ist oder die Einwilligung
durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Ur-
kunden nachgewiesen wird. Beglaubigung der
Unterschrift durch Bürgermeister oder andere
Verw Behörden, im Falle der Zustellung durch
Gerichtsvollzieher genügt. — Ist über hinterlegte
Kostbarkeiten innerhalb 10 Jahren, bei H für
Minderjährige innerhalb 5 Jahren nach Beendi-
gung der Vormundschaft oder elterlichen Gewalt,
keine Verfügung getroffen, so können sie nach vor-
heriger Benachrichtigung verkauft werden. Der Er-
lös wird als bares Geld verwaltet; andere H fallen
nach 30 Jahren, wenn sich der Berechtigte nach er-
folgtem Aufgebot nicht meldet, der St „V anheim.
84. Nutzbarmachung der eingezahlten Gelder.
Nach §2 Gv. 24. 3. 86 sind die Bestände der De-
positenverwaltung, soweit sie nicht für den lau-
v. Stengel--Fleischmann, Wörterbuch 2. Aufl. II.
fenden Dienst erforderlich sind, zinsbar anzulegen.
Die Anlage kann erfolgen: 1. in Renten, Schuld-
verschreibungen oder Schatzanweisungen des Lan-
des; 2. in Darlehen an elsaß-lothringische Bezirke,
Gemeinden, öffentliche Anstalten, Meliorations-
genossenschaften, unter staatlicher Aufsicht stehende
Vorschußkassen — infolge besonderer Ermächti-
gung späterer Landeshaushaltsgesetze bis zu ge-
wissen Höchstbeträgen auch in Darlehen an land-
wirtschaftliche und gewerbliche Genossenschafts-
Zentralkassen —; 3. in Schuldverschreibungen,
Renten und Schatzanweisungen des Reichs oder
deutscher Bundesstaaten; 4. in Schuldverschreibun-
gen, deren Verzinsung vom Reiche, dem Lande
oder einem Bundesstaate gesetzlich garantiert ist;
5. in Schuldverschreibungen, welche von deutschen
kommunalen Körperschaften oder deren Kreditan-
stalten ausgestellt und entweder seitens der Inha-
ber kündbar sind oder einer regelmäßigen Amortisa-
tion unterliegen, sowie in Kommunalobligationen
und Pfandbriefen der Aktiengesellschaft für Boden-
und Kommunalkredit in Elsaß-Lothringen zu Straß-
burg — zu 3 bis 5 insoweit als die genannten
Schuldverschreibungen an einer deutschen Börse ge-
handelt werden —; 6. durch Gewährung von Lom-
barddarlehen auf die in Nr. 1, 3, 4, 5 genannten
Werte; 7. bei Bankanstalten gegen Sicherstellung.
Nach der Zusammenstellung von Ende März 1910 waren
die Gelder angelegt wie folgt: in elsaß-lothringischen Staats-
renten 1,5 Millionen, in Reichsanleihen und sonstigen
deutschen Staatspapieren einschließlich der Schuldbuch-
sorderungen 70 Millionen, in Provinz= und Städteanleihen
44 Millionen, in Pfandbriesen und Kommunalobligationen
5,4 Millionen (zusammen in Wertpapieren 120,9 Millionen),
in Darlehen an elsaßlothringische Gemeinden usw. 17,8
Millionen, in Darlehen an elsaß-lothringische öffentliche
Vorschußkassen 8,5 Millionen. Es dienten also 33,2 Millio-
nen dem Kreditbedürfnis aus dem Lande selbst.
. Sicherheitssonds. Der Ueberschuß der
Einnahmen gegenüber den Ausgaben fließt ge-
mäß §95 Gv. 24. 3. 86 in einen Sicherheitsfonds,
der besonders zu verwalten und verzinslich anzu-
legen ist; die erzielten Zinsen werden ihm zuge-
schlagen; nur wenn der Sicherheitsfonds die Höhe
von 100 der gesamten Verbindlichkeiten aus der
H(und Anlegung) baren Geldes übersteigt, sind
die Einnahmeüberschüsse sowie die Zinsen an die
Landeskasse abzuführen. — Dieser letzteren Ver-
wendung wurde durch Gv. 28. 7. 06 insofern vor-
gegriffen, als, obwohl der Sicherheitsfonds am
vorhergehenden 31. 3. 06 wenig mehr als 3% der
Barg# betragen hatte, bestimmt wurde, daß aus
den rechnungsmäßigen Ueberschüssen der folgen-
den Jahre jährlich 500 000 Mk. bis zum Gesamt-
betrage von 1,6 Millionen für die Kosten eines
Ministerialgebäudes zu verwenden und außerdem
aus dem vorhandenen Sicherheitsfonds 425 000
Mark als Beitrag des Landes zu den Kosten der
Wiederherstellung der Hohkönigsburg zu entneh-
men seien. Nachdem letzteres geschehen und für
das Ministerialgebäude bereits 1,5 Millionen aus-
gegeben waren, betrug am 31. 3. 10 der Sicher-
heitsfonds 6,7 Millionen, davon waren 5,7 Mil-
lionen in Landesrente angelegt.
Literatur: Schulze, Die hauptsächlichsten Be-
stimmungen betr. das HW und den Geschäftskreis der
StDBV in Elsaß-Lothringen, 1906. Jacob.
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