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Kapitalrentensteuer (Elsaß-Lothringen — Bayern)
Die KRSt wird auf Grund von Steuer—-
erklärungen veranlagt.
Die dermalig erfolgreichste Methode ist die allgemeine
Deklaration des Gläubigers, wobei der Empfänger von Zin-
sen und Renten aus verliehenen Kapitalien Selbstangaben
zu erstatten hat. St Behörden und Kommissionen fungieren
als Kontroll- und Revisionsinstanzen.
I. Das Snstem der Ertragsbesteuerung
##2. Elsaß-Lothringen. Die französische direkte
Besteuerung ist in Elsaß-Lothringen seit den 90er
Jahren des 19. Jahrhunderts nach deutschem
Muster fortgebildet worden. Der ganze Umwand-
lungsprozeß ist 1901 abgeschlossen worden. Das
St System ist ein reines Ertrags St System und
umfaßt 5 Glieder: Grund-, Gebäude-, Gewerbe-,
Kapital-, Lohn- und Besoldungs St. Z
Die Köt (G v. 13. 7. 01) trifft Zinsen, sonstige
Erträge der zinstragenden Kapitalien, Dividenden
aus Aktien und anderen gesellschaftlichen Erwerbs-
unternehmungen und alle Renten in Geld, Natu-
ralien oder Nutzungen. Der Abzug der Schulden
und Lasten ist gestattet. Von der KSt bleiben
befreit Kapitalrenten bis zum Betrage von
100 Mk., das gewerbliche Anlage= und Betriebs-
kapital, Renten, die auf Hingabe von Grund= oder
Gebäudeeigentum beruhen und daher der Grund-
und Gebäude St unterliegen, und die Kapitalren-
ten, die für Dritte verwaltet werden und von dem
Bezugsberechtigten zu besteuern sind. Witwen,
geschiedenen, verlassenen oder von ihren Ehegatten
nach §+ 1575 des B#B dauernd getrennt lebenden
Ehefrauen, vaterlosen Minderjährigen und er-
werbsbeschränkten Personen kann das Ministerium
StBefreiung gewähren, wenn die steuerpflichtigen
Beträge nach Abzug der Schulden und Lasten, ein-
schließlich des sonstigen, aus anderen Einnahme-
quellen herrührenden Einkommens 300 Mk. nicht
übersteigen. Die St Pflichtigen werden auf Grund
einer Steuererklärung,,n in der die fest-
stehenden Erträge nach dem Jahresbetrage und
die schwankenden regelmäßig nach einem drei-
jährigen Durchschnitt anzugeben sind, zur K St ver-
anlagt. Der St Tarif beruht auf einem Klassen-
schema. Es werden nach der Höhe der Kapital-
rente St rKlassen gebildet und für jede wird ein
„Mittelbetrag des Ertrags“ festgesetzt, der aus dem
arithmetischen Mittel der niedrigsten und höchsten
Ertragsziffer der betr. Klasse rechnerisch gewonnen
wird, z. B. 13. Stufe: 4000—5000 Mk., Mittel-
betrag (4000+ 5000): 2 = 4500 Mk. Von diesen
Mittelbeträgen wird dann ein bestimmter Prozent-
satz als steuerpflichtiger Betrag bezeichnet. Dieser
prozentuale Anteil steigt mit der Zunahme der
Mittelbeträge. Er beträgt bei Mittelbeträgen von
150 Mk. 40% , steigt bei solchen von 500 Mk. auf
50% , bei solchen von 2250 Mk. auf 80% und er-
reicht bei Mittelbeträgen von 4500 Mk. und mehr
100% oder den vollen Betrag des Mittelbetrages.
Auf die so gewonnenen Stobjekte (St Kapitalien)
wird dann ein fester und unveränderlicher St Satz
von 3120, angewendet. Durch dieses komplizierte
Verfahren wird wenigstens in der Wirkung eine
degressive St Skala erzielt. Die Veranlagungs-
perioden dauern 3 Jahre.
#s 3. Mecklenburg. In dem siebengliedrigen
Ertrags St System ist auch eine Zinsen St ver-
treten, die alle Einkünfte aus verliehenen oder
ausstehenden (angelegten) Kapitalien trifft. Der
Gesamtbetrag dieser Einkünfte ist in StErklärungen
der St Behörde anzugeben. Beträge bis 75 Mk.
sind steuerfrei. Die St Sätze beginnen in der
1. St Klasse: 75—150 Mk. mit 0,75 Mk. und steigen
in Klassenabständen von je 75 Mk. in der Regel
um je 0,75 Mk., so daß sie bei 6000—6075 Mk.
180 Mk. oder 3% erreichen, und steigen dann bei
100 000 Mk. und höheren Beträgen auf 40.
II. Das System der Personalbesteuerung in Ver-
bindung mit Ertragsstenern 59
84. Bayern. An Stelle des Familienschutzgeldes (1808),
des Vorläufers einer Besteuerung der Kapitalrenten, trat
durch G v. 4. 6ö. 48 eine „Kapitalsteuer", die zusammen mit
einer allgemeinen Einkommen St auf1 Jahreingeführt wurde.
Sie traf, nach Selbstangaben der Pflichtigen veranlagt, die
Kapitalzinsen mit 3 1°% ihres Betrages, ließ Rentenbezüge
bis 20 fl. frei und gestand eine Mehrzahl von St#eefrei-
ungen zu. Durch G v. 11. 7. 50 wurde dann die K St, jetzt
richtiger „Kapitalrentensteuer" genannt, mehrfach verän-
dert, namentlich auch in bezug auf die St Pflicht. Mit der
Beseitigung der allgemeinen Einkommen St und dem damit
verbundenen konsequenten Ausbau der reinen und ratio-
nellen Ertragsbesteuerung i. J. 1856 erhielt die KR St eine
neue Gestalt (G v. 31. 5. 56). Sie war teilweise schon durch
die Einrichtung einer speziellen Einkommen St notwendig
geworden. Im allgemeinen blieben aber die Grundsätze
die gleichen. Bei den beiden St Reformen von 1881 und
1890 wurde sie nicht unwesentlichen Veränderungen unter-
worfen (G v. 19. 5. 81 und 9. 6. 99). Seit 1884 wurde der
Kreis der St Befreiungen noch erweitert.
Eine Umgestaltung der K# St wurde durch die Finanz-
und StReform v. J. 1910 erforderlich, die auf der Umwand-
lung des bisherigen reinen Ertrags St Systems in ein ge-
mischtes, aus Einkommen- und Ertrags St zusammengesetz-
tes St System beruhte. Dadurch wurde die selbständige Funk-
tion der KK St abgelöst und ihr lediglich die Verrichtung
übertragen, das Einkommen aus Kapitalrenten im Prin-
zipe der formalen Doppelbesteuerung vorzubelasten.
Nach dem G v. 14. 8. 10 sind steuerpflichtig
Zinsen und Renten aus Schuldverschreibungen
lnd sonstigen Kapitalforderungen, Zielforderungen
usw.
Von der KREt sind befreit Kapitalrenten bis 70 Mk.,
Personen und rechtsfähige Bereine nach den Grundsätzen
der Einkommen St, Versicherungsvereine auf Gegenseitig-
keit und Witwen, geschiedene oder nach #1 1575 Bn ge-
trennt lebende Ehegatten, vaterlose Minderjährige und er-
werbsbeschränkte Personen mit einer steuerbaren Kapital-
rente von nicht mehr als 400 Mk., wenn deren Gesamt-
einkommen 800 Mk. nicht übersteigt.
Vom Kaoapitalrentenbezuge dürfen die Schuld-
zinsen, soweit sie nicht gewerbliche Betriebsaus-
gaben sind, und rechtsverbindliche Lasten abgezogen
werden. Die StSätze betragen bei steuerbaren
Kapitalrenten:
von 70— 100 Mk. 10%
von 100—400 Mk. 1 ½00
von 400—700 Mk. 1 ½40
Die Hälfte der KRSt haben zu entrichten
St Pflichtige, deren Kapitalrenten 1000 Mk. und
deren Gesamteinkommen 2000 Mk. nicht über-
steigt, wenn sie von der St nicht befreit sind; und
von 700—1000 Mk. 124%
von 1000 u. mehr 20,
1) In diese Gruppe gehören auch Anhalt (G v. 22.
5. 97) und Sachsen = Altenburg (Ergänzungs St
v. 20. 6. 02).