Kiautschou
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gegen mexikanische Dollar umgetauscht. Bei Zah-
lungen an andere öffentliche Kassen sowie im
Privatverkehr müssen sie bis zum Betrage von
3 Dollar angenommen werden. Die Sicherstel-
lung der Einlösung geschieht durch Hinterlegung
eines dem Nennbetrage der ausgegebenen Mün-
zen entsprechenden Betrages vom mexikanischen
Dollar bei der Deutsch-Asiatischen Bank durch die
Gouvernementskasse. Da das Sch G kein selbständi-
ges Währungsgebiet bildet, kommt weder die
Einführung der Reichswährung noch überhaupt
eine selbständige Währungspolitik in Frage. Die
Verwaltung hat sich deshalb auf Maßnahmen zur
Vermehrung der Umlaufmittel durch Schaffung
von geeigneten Geldsurrogaten beschränkt. Durch
Konzession des RK v. 8. 6. 06 ist der Deutsch-
Asiatischen Bank auf 15 Jahre die Befugnis ver-
liehen, Banknoten durch in Tsingtau und anderen
Hafenplätzen bestehenden Niederlassungen aus-
zugeben. Die Noten können im allgemeinen auf
Dollar oder auf Tael (die im Inneren übliche
Rechnungseinheit ungemünzten Silbers), in der
Provinz Schantung dagegen nur auf Dollar lauten
und müssen am Ausgabeplatze jederzeit zum
Nennwerte, bei den übrigen Niederlassungen zum
jeweiligen Wechselkurse in Silber eingelöst und
analog in Zahlung genommen werden. Die
Sicherstellung der Einlösung geschieht nicht durch
Bardeckung, sondern in eigenartiger Weise durch
Stellung von Bürgen, die vom Reichskanzler für
tauglich befunden werden (es sind sechs der größ-
ten deutschen Banken). Die Bürgschaftsleistung
erfolgt durch Ausgabe von Sichtwechseln in Ab-
schnitten von nicht weniger als 100 000 Mark,
ausgestellt von der Deutsch-Asiatischen Bank und
akzeptiert von dem Bürgen (vgl. hierüber Denk-
schrift 1906 S 8 und 15). Im März 1912 wa-
ren insgesamt Noten in Höhe von 214 573 Taels
und 2 009 476 Dollar im Umlauf. Durch Bekannt-
machung des Reichskanzlers vom 24. 1. 10
(Amtsbl S 87) ist der Deutsch-Asiatischen Bank
die Genehmigung zur Ausgabe von Hypotheken-
pfandbriefen auf den Inhaber erteilt unter der Be-
dingung, daß die Bank eine Abteilung errichtet,
welche die hypothekarische Beleihung von Grund-
stücken und die Ausgabe von Inhaberschuldver-
schreibungen auf Grund der erworbenen Hypo-
theken zur Aufgabe hat. — Die Abschätung der
Grundstücke geschieht durch ein Schätzungsamt
(V des Gouverneurs vom 15. 10. 10).
V. Aktienrecht. Nach dem R über die Aus-
gabe kleiner Aktien in den Konsulargerichtsbezirken
in China und im Schutzgebiete Kiautschou v. 23. 12.
11 (ReGl 1135), zu dessen Ergänzung die Bek
des RK v. 30. 12. 11 (R.3Bl Nr. 1 v. 5. 1. 12)
ergangen ist, können in Kiautschou Inhaberaktien
auf einen Betrag von nicht weniger als 200 Mk.
oder den entsprechenden Betrag in Dollar oder
Taels gestellt werden. Die Bestimmung soll ver-
hindern, daß Gesellschaften, die mit kleinen Aktien
arbeiten wollen, gezwungen werden, in Hongkong
ihren Sitz zu nehmen.
VI. Schul= und Bildungswesen. Schulzwang
ist nicht eingeführt. Für die europäische Be-
völkerung ist außer einer katholischen Missions-
Mädchenschule die Gouvernements-
schule (Reform-Realgymnasium bis Unter-
sekunda einschließlich mit teilweiser Koödukation)
vorhanden, die befugt ist, Zeugnisse über die Be-
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rechtigung zum Einjährig-Freiwilligen-Dienst aus-
zustellen. Zur Vermittlung des Meinungsaus-
tausches zwischen Schule und Eltern der Schüler
besteht ein Elternausschuß (Amtsblatt 1910 S.335).
Für die elementare Schulbildung der chine-
sischen Bevölkerung sorgen Gemeindeschulen
(davon einige mit staatlicher Subvention) und die
Schulen der Missionsanstalten. Seit Herbst 1909
besteht in Tsingtau die auf Grund eines Abkom-
mens mit China errichtete „deutsch-Chine-
sische Hochschule“. Sie gliedert sich in
eine Unterstufe, in der die allgemeine Bildung
vermittelt wird, und eine Oberstufe, die in die
höheren Spezialwissenschaften einführt und in
vier Abteilungen (juristisch-staatswissenschaftliche
medizinische, technische, forst= und landwirtschaft-
liche) zerfällt: danebeen wird in den Fächern der
chinesischen Wissenschaften unterrichtet. Die Zu-
weisung der Schüler erfolgt durch die Unterrichts-
behörde in Schantung. Die chinesische Regierung
leistet einen Beitrag zu den Kosten und entsendet
einen Studieninspektor, dem gewisse Kontroll-
rechte eingeräumt sind. Religiöse Propaganda
darf in der Anstalt nicht stattfinden (das zwischen
den beiden Regierungen vereinbarte Statut ist im
Amtsblatt von 1909 S 203 ff abgedruckt).
Literatur: Die Gesetze und Verordnungen werden
außer on den im # 4 unter II genannten Stellen abgedruckt
in „Die deutsche Kolonialgesetzgebung“. Die „Bestimmun-
gen für die Verwaltung des K. G.“ sind (iedoch nur für den
Dienstgebrauch) 1903 im Reichs-Marine-Amt zusammen-
gestellt und werden durch Nachträge ergänzt. Cine Samm-
lung der sämtlichen auf K. bezüglichen Gesetze und Ber-
ordnungen nebst einer Statistik gibt das Handbuch für das
SchE. K. von F. Mohr (1911).
Die wichtigste Quelle für die Kenntnis der Berwaltung
des K. G bilden die ausführlichen amtlichen Denkschriften,
die bis 1910 alljährlich dem Reichstage vorgelegt wurden.
Würdigung der bedeutsameren Verwaltungsmaßnahmen
bei Fleischmann im Jahrbuch d. d. Kolonien (seit 1908).
Von den allgemein-kolonialrechtlichen Werken behandeln K.
etwas ausführlicher: Köbner, Die Organisation der
Rechtspflege in den Kolonien 1903; Deutsches Koloniolrecht
(in Holtzendorff-Kohlers Enzyklopädie der Rechtswissen-
schaft, 1904); Einführung in die Kolonialpolitik. 1908;
Emil Peters, Der Begriff sowie die staats- und völker-
rechtliche Stellung der Eingeborenen in den deutschen Sch G
nach deutschem Kolonialrechte, Dissertation, Göttingen 1910.
Gerstmeyer, Das Schutzgebietsgesetz 1910. Rom-
berg, Kommentar zum Kolonialbcamten G v. 8. 6.
10 (1910 erschienen). Crusen, Die Reform der kolo-
nialen Gerichtsverfassung, ZStrW 32 S 623—0644.
Wichtig für das Liegenschaftsrecht: Franke, Die Rechts-
verhältnisse am Grundeigentum in China, 1903. — Mono-
graphien und einzelne Aufsätze: Jellinek, Die staats-
und völkerrechtliche Stellung K., in der DJ3Z Jahrg. III
S 253 u. 305; Köbner in den „Mitteilungen der Intern.
Vereinigung f. vergleich. Rechtswissenschaft u. Volkswirt-
schaftslehre“ 2 (1903), 213 ff lüber den K.-Vertrag); Pohl,
Die Ueberlassung von K. seitens Chinas an das Deutsche
Reich, (Diss. Breslau) 1908; Preyer, Rechtsverhältnisse
am Grundeigentum im Sch G K. (Dissert. Freiburg) 1906;
Schrameier, Wie die Landordnung von K. entstand,
1902; derselbe, Die Landpolitik im K.-G (m Jahr-
buch der Bodenreformer 1911).
Eine „deutsch-chinesische Rechtszeitung“ (Tsingtau) er-
scheint seit 1911. Crusen.