Gemeinde (Gesetzgebung)
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Land Gem der östlichen Provinzen mitumfassen
sollte und nur zwischen den Gem von über und
unter 1500 Einwohnern einen Unterschied in der
Organisation vorsah. Dabei wurde zwar für den
Erwerb des Bürgerrechtes der Grundsatz der Ein-
wohner Gem angenommen, andererseits aber an
die Stelle des gleichen Wahlrechtes das Drei-
klassenwahlsystem eingeführt und außerdem die
Staatsaufsicht verstärkt, die allerdings nunmehr
in die Hand von gewählten Ehrenbeamten gelegt
wurde. Das neue Gesetz war noch nicht in vollem
Umfang zur Einführung gelangt, als sein Vollzug
unterm 19. 6. 52 sistiert wurde. In den maßge-
benden Kreisen, in denen eine rückläufige An-
schauung die Oberhand gewonnen hatte, hielt
man es wiederum für richtiger, die früher be-
standene unterschiedliche Behandlung der Gem
beizubehalten. Insbesondere erachtete man bezüg-
lich des platten Landes, dessen Verhältnisse durch
die KommunalO von 1850 eine tiefgreifende Um-
gestaltung erfahren hatten, die vorgeschlagene
Neuorganisation als viel zu weit gehend. Nach-
dem hierauf durch ein G v. 24. 5. 53 die allge-
meine Gem Ordnung förmlich aufgehoben wor-
den, erging unterm 30. 5. 53 eine besondere StO
für die östlichen Provinzen mit Ausnahme von
Neuvorpommern und Rügen, deren eigenartige
Einrichtungen durch Gv. 31. 5. 53 ausdrücklich
aufrecht erhalten blieben. Unterm 19. 3. 56 wurde
eine besondere, von der östlichen St O aber nur
in einigen wenigen Punkten abweichende StO
für die Provinz Westfalen und unterm 15. 5. 56
eine Städteordnung für die Rheinprovinz erlassen,
welche hier im Anschluß an das jfrühere Recht ins-
besondere die Bürgermeisterverfassung im Ge-
gensatz zu der sonst geltenden Magistratsverfassung
als Regel beibehielt. Für diejenigen Gem der
Rheinprovinz, auf welche die Rh. St O keine An-
wendung fand, blieb die Gem O für die Rhein-
provinz v. 23. 7. 45 in Geltung mit den durch ein
Gv. 15. 5. 56 getroffenen Aenderungen. Die
westfälische Gem O v. 31. 10. 41 wurde durch die
Lfür die Provinz Westfalen v. 19. 3. 56 er-
setzt. Die gemeinderechtlichen Verhältnisse der
ôöstlichen Provinzen wurden endlich durch zwei
unterm 14. 4. 56 erlassene Gesetze in der Weise
geordnet, daß für die im wesentlichen der statuta-
rischen Regelung überlassene Ortsverfassung be-
stimmte allgemeine Grundzüge festgesetzt wurden,
unter Beibehaltung der gutsherrlichen Gewalt.
Letztere dauerte fort bis zur Einführung der KrO
v. 13. 12.72, welche die Gem mit den Gutsbezirken
gleichstellte und ihnen das Recht zur eigenen Wahl
ihrer Organe verlieh. Die Verwaltung der Polizei
wurde den an der Spitze der neu gebildeten Amts-
bezirke stehenden Amtsvorstehern übertragen.
Eine zusammenfassende Behandlung erfuhr dann
das in den sieben östlichen Provinzen geltende
Gemecht in der L v. 3. 7. 91.
Für die seit 1850 mit Preußen vereinigten
Fürstentümer Hohenzollern wurde unterm 2. 7.00
eine neue Gem Ordnung erlassen, die an die Stelle
der bis dahin weiter geltenden verschiedenen Ord-
nungen aus den Jahren 1833 und 1840 trat, und
die einheitlich auf alle Gem Anwendung findet.
In den 1866 erworbenen Landesteilen behielt
man das geltende Recht zunächst grundsätzlich bei;
nur für Frankfurt a. M. schritt man mit Rücksicht
auf die bei diesem Gemeinwesen eingetretene
—
staatsrechtliche Umwälzung sofort, bereits unterm
25. 3. 67, zum Erlaß einer neuen Gem Verfassung,
welche sich an das Vorbild der östlichen St O an-
schloß, jedoch das System der Dreiklassenwahl
nicht kennt und geheime Wahl vorsieht, dagegen
einen erhöhten Zensus mit obligatorischer Bil-
dung von Wahlbezirken verlangt und dem König
das Recht verleiht, den Bürgermeister aus der
Zahl von drei vorgeschlagenen Kandidaten zu
ernennen. Unterm 14. 4. 69 erging eine neue
St O für die Provinz Schleswig-Holstein, die von
der östlichen St O ganz erheblich abweicht (keine
Klassifizierung der Wähler, aber Hausbesitzerpri-
vileg, Möglichkeit der Zuweisung der Stadtver-
ordnetenstellen an einzelne Gem ezirke; Ergän-
zung der Stadtverordneten alljährlich zu einem
Sechstel, Wahl des Bürgermeisters und der be-
, soldeten Magistratsmitglieder durch die Urwähler
auf 12 Jahre oder lebenslänglich nach einem von
dem Magistrat und den Stadtverordneten aus-
gehenden Ternavorschlag). Sie wurde durch G#
v. 16. 12. 70 mit geringen Modifikationen auch in
Lauenburg eingeführt. Fast durchweg mit der
östlichen StO übereinstimmend ist die unterm
4. 8. 97 für die Provinz Hessen-Nassau mit Aus-
schluß der Stadt Frankfurt erlassene Städteord-
nung, welche die älteren partikularrechtlichen Be-
stimmungen sowie die unterm 8. 6. 91 erlassene
Städteordnung für einige Städte im Regezirk
Wiesbaden ersetzt hat. Durch Gv. 4. 7. 92 wurde
die für die östlichen Provinzen erlassene LGO mit
einigen Modifikationen, die sich besonders auf
die Kreise Husum, Norderdithmarschen und Süder-
dithmarschen beziehen, in den Land Gem der Pro-
vinz Schleswig-Holstein und durch Gv. 4. 8. 97
mit einzelnen Abweichungen in den Land Gem
der Provinz Hessen-Nassau eingeführt. In der
Provinz Hannover gelten heute noch die St O v.
24. 6. 58, die von der östlichen St O sowohl in
Bezug auf den Erwerb des Bürgerrechts als auch
in Bezug auf die Organisation des Gem Vorstandes
und der Gen Vertretung erheblich abweicht, so-
wie das hannoversche G v. 28. 4. 59, die Land Gem
betr., das sich von der LGO v. 3. 7. 91 hauptsäch-
lich durch die Bestimmungen über die Gem Mit-
gliedschaft d. h. über das Stimmrecht unteischeidet.
Gemeinsame Bestimmungen für alle Arten von
Gem enthalten das G über die Bildung der
Wählerabtcilungen v. 30. 6. 0O0, das Komm-
Abg G v. 14. 7. 93 und das G betr. die Anstellung
und Versorgung der Kommunalbeamten v. 30.7.99.
Im rechtsrheinischen Bayern wurden die
Ueberlieferungen der Rheinbundzeit zunächst durch
das unterm 17. 5. 1818 erlassene Gem dikt durch-
brochen, welches den Städten eine besondere Ver-
fassung verlieh. An dasselbe schlossen sich eine
Gem Wahlordnung v. 5. 8. 1818 und ein Umlage G
v. 22. 7. 1819. Tatsächlich unterschied sich jedoch
das dadurch neu geschaffene Verhältnis, was
die Unselbständigkeit der Gem anging, nicht er-
heblich von den früheren Zuständen. Auch durch
das Revisions G v. 1. 7. 34 wurde keine wesent-
liche Umgestaltung bewirkt. Eine solche erfolgte
erst durch die rechtsrheinische Gem O v. 29. 4. 69,
die in der Folge verschiedene Aenderungen er-
fahren hat, vor allem, was die Gem über 4000
Scelen angeht, durch das Gem Wahl G v. 15. 8. 08
(Einführung der Proportionalwahl). In der
bayr. Pfalz blieben die französischrechtlichen Ein-