Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
Kirche (Vermögensverwaltung in Bayern) 
537 
  
sorderungen und sonstige privatrechtliche Befrelungsgründe 
geltend zu machen in der Lage ist. Für die Haftung der 
Pfründeverwaltung ist doch wenigstens die letztinstanzliche 
Zuständigkeit des B60 (a 10 Ziff. 15) gegeben. Aber 
auf dem Gebiet der Kirchenverwaltung kann die Auf- 
sichtsbehörde semand in unbegrenzter Höhe bis zur Existenz- 
vernichtung für haftbar erklären, ohne daß dieser einen 
richterlichen Schutz findet. Trotz meines Widerspruchs 
(Bayer. K B 1, 53 ffr; 2, 375 ff) will der Entw einer bayer. 
K GemO a 79 die bisherige Praxis geseslich sestlegen. 
Von großer Wichtigkeit sind auch die Verord- 
nungen über die Konkurrenzen zu den Stiftungs- 
bauten, während die Amortisationsgesetze für das 
Kirchenverwaltungsgebiet keine Bedeutung mehr 
haben JAmortisationsrecht)j. 
In den unmittelbaren Städten steht die Kirchen- 
verwaltung unter unmittelbarer Aufsicht der Kreis- 
regierung, sonst unter derjenigen des Bezirksamts. 
Die Staatsaussicht zum besonderen Schutz des 
kirchlichen Vermögens heißt in Bayern „Kuratel", 
und diese bildet nach RelEd §#31 ein Vorrecht 
der öffentlichen Kirchengesellschaften. Dabei hat 
Bayern zur Zeit auch das System der Doppel- 
kuratel, indem für eine Anzahl von Fällen die 
kuratelamtliche Genehmigung der Staatsbehörde 
der oberkuratelamtlichen Bestätigung bedarf. 
Insoweit die selbständige Kuratel des Bezirks- 
amts begründet ist, beschränkt sich die Kompetenz 
der Regierung auf dasjenige, was ihr durch Gesetz 
(vor allem durch Formations V v. 17. 12. 25 
#’m 69 ff) zugewiesen ist. So hat sie insbesondere 
die Sorge für ständige Sicherheit, zweckent- 
sprechende Verwendung und Bewirtschaftung so- 
wie die Gewährung wechselseitiger unverzinslicher 
Vorschüsse der Stiftungskassen zur Bestreitung 
vorübergehender außerordentlicher Ausgaben, die 
Aufsicht über die Kirchengebäude, die Sorge für 
deren Einverleibung in die Brandversicherungs- 
anstalt, Mehrung oder Minderung des Versiche- 
rungskapitals sowie Würdigung und Bescheidung 
der Pläne und Kostenvorschläge bei unvermeid- 
lichen Neubauten. 
Den Staatsbehörden steht auch die Leitung und 
Bestätigung der kirchlichen Wahlen, die Leitung 
der Verhandlungen bei der Bildung von Kirchen- 
gemeinden und das Recht beliebiger Visitation zu; 
sie erteilen die polizeiliche Bewilligung zu Kollek- 
ten (J) außerhalb des Kirchengebäudes. 
Nach der Format. V * 69 haben die Kreisre- 
gierungen von dem Grundsatz auszugehen: „daß 
den Gemeinden hierin die möglichst freie Ver- 
fügung zu überlassen und sie nur insofern zu 
beschreone seien, als die Gesetze solche Schranken 
positiv anordnen; sie haben alle unnötigen Kon- 
trollen abzustellen und diese in der Regel auf die 
periodischen Visitationen und auf die innerhalb 
der gesetzlichen Kompetenz vorzunehmende Fest- 
stellung des Etats und Revision und Superrevision 
der Rechnungen zu beschränken.“ Vgl. auch Min E 
v. 24. 4. 57 + 7. 
b) Ueber die Grundsätze der Vermögens- 
verwaltung vgl. Meurer 1 Sl175 ff, 204 ff, 296 ff, 
307 ff. Von besonderer Bedeutung ist die Bestim- 
mung des # 48 der II. Beil., daß die Renten- 
überschüsse reicher Kirchenstiftungen 
anderen Kirchengemeinden dersel- 
ben Konfession zugute kommen (dar- 
über Meurer 1, 251 ff.) Der Unterstützungsbeitrag 
einer konkurrenzpflichtigen Stiftung soll dabei nach 
  
geltendem Recht ¼ der Ueberschüsse nicht über- 
steigen; sogar freiwillige höhere Beiträge bedürfen 
der Genehmigung der Staatsbehörde, unfreiwil- 
lige der Zustimmung des Königs (AE v. 24. 4. 
57). Die Verteilung der Ueberschüsse geschieht 
durch die Kreisregierung. Das Kultusministerium 
ist Beschwerdeinstanz und der VGH nur im 
Rahmen des VGG a 10 Ziff. 3 zuständig 
(Meurer 1, 268). 
Der staatliche Einfluß reicht somit weit, und die 
größeren Freiheiten, welche durch die GemO von 
1869 den Kommunen gewährt worden sind, blieben 
den Kirchenverwaltungen versagt, welche vielmehr 
im diesseitigen Bayern noch ganz durch das Ge- 
meindcedikt von 1834 und in der Pfalz durch das 
französische Staatskirchenrecht beherrscht sind. An- 
dernteils muß aber auch Mißverständnissen gegen- 
über betont werden, daß die Kirchenverwaltungen 
innerhalb der Gesetze die selbständige Leitung ihrer 
Angelegenheiten und eine eigene Verwaltung be- 
sitzen. Sie können alles beschließen und nur sie 
disponieren; gegen ihren Willen kann die Staats- 
behörde nicht verfügen. Das Recht der Zwangs- 
etatisierung allerdings, von der Theorie be- 
stritten, wird von der Praxis bejaht (vgl. die „Be- 
gründung" z. Entw einer KO 249. Meurer, 
Kirchenstiftung und Kirchengemeinde 59). Die Art 
der Verwaltung ist bloß an bestimmte gesetzliche 
Formen gebunden, und im # 21 des rev. Ge- 
meindeedikts sind die Stiftungen Minorennen 
nur insoweit gleichgestellt, als es sich um die „Vor- 
rechte“, so insbesondere das Restitutionsrecht der 
Minderjährigen, handelt. Keineswegs aber stehen 
sie unter einer wirklichen Vormundschaft. Sicher 
hat der dem bayerischen Rechte eigentümliche 
Ausdruck „Kuratel“ irrige Vorstellungen geweckt. 
Das rev. Gemeindeedikt #121 spricht es aber 
deutlich aus, daß die Kuratelbehörden nur „Poli- 
zeibehörden“ sind, welche die staatliche Aufsicht 
führen. 
5 14. Die Einwilligung oder Kuratelgeneh- 
migung der Staatsbehörde ist Ermessenssache. 
Sie ist für die Kirchenverwaltung in folgenden 
10 Fällen durch das rev. Gemeindeedikt 3 123 für 
nötig erklärt (Meurer 1, 151 ffr: 
1. Erwerbungen, Veränderungen 
und Veräußerungen von Realitä- 
ten; die Bezirksämter haben in allen wichtigen 
oder die Summe von 500 fl. (= 857,14 Mk.) über- 
steigenden Fällen die Bestätigung der Kreisregie- 
rung nachzusuchen. Die Kirchenverwaltungen in 
unmittelbaren Städten bedürfen der Regierungs- 
genehmigung nur bei Veränderungen über den 
Wert von 1000 fl (= 1714,29 Mk.). Für die Pfalz 
vgl. Kirchenfabrikdekret 62, Vv. 8. 1. 19 567, welch 
letztere für die unierte Kirche auch die im folgenden 
erwähnten Verhältnisse regelt. Natürlich gehören 
auch die Schuldnachlässe und Herabsetzungen des 
Zinsfußes hierher. Bei der Vermögensteilung 
infolge Aufhebung eines Simultaneums (II. Beil. 
§l 98) ist überall sogar die Genehmigung des Lan- 
desherrn erforderlich. ç 
2. Neue Fundationen und Fundations- 
zuschüsse, wenn damit Lasten verbunden sind. Für 
die nichtonerierten Fundationen und Zuschüsse 
waren früher die Amortisationsgesetze maßgebend. 
Das geltende bayerische Amortisationsrecht (V) 
kennt aber keine Erwerbsbeschränkungen für die 
Kirchenstiftungen mehr. 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.