Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
Pfarrers. Vor allem ist er beim Ankauf von Realitäten zu 
vernehmen (OKRO. 13. 6. 60). Jede Pfarrei hat eine eigene 
Pfarrstiftungskasse, deren einen Schlüssel der Pfarrer, den 
Kirche (Vermögensverwaltung: Bayern—Sachsen) 
anderen dieses Kirchenvorstandsmitglied hat. Dasletztere führt 
über alle Einnahmen und Ausgaben, welche samt und son- 
ders durch beide gemeinschaftlich bewirkt werden, ein Kassen- 
journal, welches die Grundlage der Visitation für den Dekan 
bildet. Auch die Quittungen sind durch beide zu unterzeichnen. 
Im einzelnen vgl. Meurer, Bayer. Pfründerecht 367 f. 
2. In der Pfalz bestimmt sich die katholische Pfründe- 
verwaltung nach dem Klerikaldekret v. 6ö. 11. 1813. Hiernach 
sind die Befugnisse zwischen dem Fabrikrat und dem Pfarrer 
in der Weise verteilt, daß ersterer über die Erhaltung der 
Pfarrgüter zu wachen, letzterer aber die nur unbedeutend 
modifizierten Rechte und Pflichten des Nießbrauchers hat 
(à 1 und 6), auch die nötigen Verträge abschließt (a 8 ff) und 
Prozesse führt (a 141. Betrefsen letztere die Substanz und 
bei Vermietungen von Pfarrgebäuden, bedarf es der Er- 
mächtigung der Regierung, welcher ein Gutachten des 
Fabrikrats einzusenden ist. Das Presbyterium in der unier- 
ten protestantischen Kirche hat eine größere Befugnis 
als der katholische Fabrikrat (ogl. Meurer 2, 365), was um 
so gerechtfertigter erscheint, als dasselbe ja auch bei der Be- 
secung der Pfarrei beteiligt ist. Die Trennung von Kirchen- 
und Pfründestiftung ist hier weniger scharf, und die Pfarr- 
gelder werden bis zur verzinslichen Wiederanlegung in der 
Kirchenkasse aufbewahrt. 
II. Die Stellung der geistlichen (kath. und prot.) Oberbe- 
hörden ist dieselbe wie bezüglich der alten Kirchenstiftungs- 
verwaltung, nur ist das Recht der Mitaufsicht öfter und 
schärser betont. Zur Wahrung desselben lassen die ober- 
hirtlichen Stellen die Pfründeverwaltung durch besondere 
Visitationskommissäre beaussichtigen, und die Pfründner 
haben vor Erholung der staatlichen Kuratelgenehmigung an 
das Ordinariat resp. Konsistorium Bericht zu erstatten und 
de sen Weisungen und Genehmigung einzuholen (Meurer 
2, 33809 ff). 
vorgängige Rücksprache mit dem Ordinariat 
weniger beschlossen werden, als der Bischof Kollator ist. 
Insbesondere ist die Belastung der Pfründe mit einem 
Aussitzkapital und anderen Verpflichtungen ad onus succes- 
sorum ohne vorgängiges Benehmen mit der katholischen und 
evangelischen Kirchenbehörde unstatthaft (Min E v. 4. 4. 43; 
Döllinger 23, 302). Die Entscheidung steht bei der Regie- 
rung allein, gegen welche die kirchliche Oberbehörde das 
Recht der Beschwerde beim Kultus Min hat (Min E v. ö. 
5. 39 in Günthers AmtsH 3, 718). 
5s 16. Die Staatsaufsicht. Das Pfründevermögen wird 
unter Aufsicht der 
Erhaltung und Versicherung der Pfründegebäude, die Regu- 
lierung des onus successorum, der Aussitfristen und der In- 
terkalarfruchte. Sie haben insbesondere darauf zu sehen, 
daß das Pfründevermögen in der Substanz ungeschmälert er- 
halten wird, und sie kontrollieren die Bewirtschaftung. Ueber 
die Interkalarrechnungen und die Interkalarverwaltung vgl. 
Meurer 2, 533 ff. Die regulativmäßige Ordnung der Stol- 
gebühren erfolgt bei katholischen Pfarreien durch die Kreis- 
regierungen, bei protestantischen durch das Konsistorium 
(Meurer 2, 308 ff). Die Pfründefassionen, deren Anferti- 
agung durch eine Reihe von Normativen näher bestimmt ist 
(Meurer 2, 392 ff), und die keine Titelbedeutung haben 
(Meurer 2, 400), werden in der katholischen Kirche durch 
die Bezirksämter revidiert, welche auch das Pfründekataster 
führen; die fuperrevisorische Feststellung gebührt der Kreis- 
regierung. 
werden von dem Konsistorium revidiert und durch das Ober- 
konsistorium festgestellt (Meurer 2, 398 ff). Besondere Be- 
deutung hat die Aufsicht über die bauliche Unterhaltung. 
Veränderungen in der Substanz dürfen ohne 
um so 
Kreisregierungen verwaltet "% 
(Form. B v. 1825 a 34—36, 76.). Diese erstreckt sich auf die 
Die Fassionen der protestantischen Pfründen 
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Staatliche Genehmigung ist bei folgenden 
Rechtsakten erforderlich (Meurer 2, 387): 
1. Beräußerung des Pfründeguts, also auch bei Bela- 
stungen mit Aussitzkapitallen, bei Löschungen, Schenkungen, 
Zessionen, Abauittierungen, der Wiederanlage von Kapi- 
talien und der Hingabe zum Lehen, Kauf von Wertvpapieren 
(Meurer 2, 458 ffo. 
2. Verpachtung und Vermietung unter gewissen Voraus- 
setzungen (Meurer 2, 475 ff., 484 ff)r. 
3. Neubauten und Hauptreparaturen in demselben 
Umfang wie bei den Kirchenstiftungsgebäuden. 
4. Aufnahme von Darlehen zu Lasten der Pfründe. 
5. Rechtsstreit der Pfarrer und Benefiziaten. Der 
Streitkonsens der Regierung ist übrigens nur erforder- 
lich bei Prozessen über das Stammvermögen. Vol. Meurer 
2, 370 ff. 
Ueber die Kompetenz der Verw Behörden hat das baye- 
rische Recht folgende Grundsätze entwickelt: Administrative 
Zuständigkeit ist begründet: bei sassionsmäßigen Reichnissen 
insosern sie auf dem Pfarrgemeindeverband und nicht auf 
Privatrechtstiteln beruhen, z. B. bei Stolgebühren (Meurer 
2, 329 ff), Neujahrsgeldern, Weihnachtssammlung, Spende- 
brot usw. (Meurer 2, 410 # )0, bei Fronden zu Dienstgründe- 
bestellung und wenn die Frondepflicht aus dem Pfarrver- 
band entspringt, bei Reichnissen auf Grund des G v. 4. 6. 48 
über die Aushebung der standes- und gutsherrlichen Gerichts- 
barkeit, dann bei Aufhebung, Fixierung und Ablösung von 
Grundlasten (GBl 97; Döllinger 22, 220; Weber 3, 697), 
sofern nicht Recht und Umfang der Grundlast, sondern die 
Voraussetzung des 1 34 des zit. Gesetzes streitig ist. 
8. Sachsen 
4 17 u. 18. Evangelische Kirche. 
Kirche. 
#y. Evangelische Kirche. Allgemeines. I. Die 
Vermögensverwaltung der evangelisch-lutherischen 
Kirche zeigte bis in die 6Oer Jahre eine Verschmel- 
zung mit der politischen Organisation (Friedberg 
300; Meurer, Begriff und Eigentümer 2, 283 ff). 
Erst die Kirchenvorstands= und Synodalordnung 
(K VSO) und das staatliche Publikationsgesetz, 
beide v. 30. 3. 68 (Friedberg S 363 ff, 361 ff) 
haben sie in die Bahn der auch in den anderen 
deutschen Staaten reorganisierten Selbstverwal- 
tung gewiesen und die Kirchengemeinden (seit 
1906 „Kirchgemeinden"“ genannt) von den kom- 
munalen Banden befreit. In der Folgezeit 
wurde an der KBVSlv. 1868 mancherlei geän- 
dert. Vgl. die G v. 3. 6. 71 (GVBl 79), 15.ü 4. 73 
(GVBl 383), 30. 11. 76 (GVBl 711), 8. 12. 96 
(GVBl 226), 30. 10. 96 (GVBl 219), 26. 5. 02 
(GVBl 130) und schließlich v. 22. 11.06 (GVBl 
405). Der darnach revidierte Text ist abgedruckt 
im GVBl 06 S 412—432. Dazu kommt die 
Ausf. V v. 30. 11. 06 (GVBl S 432—436). 
II. Nach der KVS#Nlist überall der Kirchen- 
vorstand zuständig, auch für Umlagebeschlüsse. 
Doch steht es der Konsistorialbehörde oder einer 
höheren Behörde des Kirchenregiments frei, einen 
Beschluß der ganzen Kirchengemeinde herbei- 
zuführen (KVSO 830; dort näheres; über Diö- 
rssammilungen vgl. § 31, über Synode 
885 32ff). 
Auch in Sachsen war längst das Bedürfnis hervorgetreten, 
in großen Städten Gesamtkirchengemeinden 
# 19. Katholische 
du bilden. So hatten sich die 4 ev.-luth. Kirchengemeinden
	        
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