Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

Kirche (Vermögensverwaltung in Württemberg) 
  
  
z. B. daß auch der evangelische Kirchengemeinderat 
nunmehr durch den Staat keine innerkirchlichen 
Aufgaben mehr zugewiesen erhielt und der Verw- 
Apparat vereinfacht wurde. Die Ausscheidung des 
KV ist durch EG 30 f und KE 24 und die 
Ausführung in den V v. 25. 3. und 28. 3. 89 
geregelt. Hier ist auch der Begriff der „Kirch- 
lichen Stiftung“ umschrieben. Die gemischten, 
d. h. für kirchliche und andere Zwecke oder für 
mehrere Kirchen bestimmten Stiftungen bleiben 
in der bisherigen Verwaltung des Stiftungsrates 
resp. der Ortsarmenbehörde (Ec# 31, KG# 23). Hier 
gilt noch das VerwEdikt von 1822. Den genannten 
VerwoOrganen bleibt es jedoch unbenommen, sich 
mit der Kirchengemeinde auseinanderzusetzen. Die 
Kirchengesetze haben nicht bloß organisatorische, 
sondern auch eine eminent materiell rechtliche Be- 
deutung, vgl. insbesondere EG# 46, K# 24. Das 
Ausscheidungs= und Abfindungsverfahren wird 
durch das gemeinschaftliche Oberamt, das nach dem 
VerwEdikt die nächste Aufsichtsbehörde bildete 
(§5 146 f), geleitct. Es besteht aus dem Oberamt- 
mann und dem Dekan. Die Ausscheidung und Ab- 
findung unterliegt der Genehmigung der Kreis- 
regierung und des Konsistoriums resp. Ordina- 
riats (EG 48, KE 24). Die Ausscheidung bildet 
nach den Kirchengesetzen die Regel. Nur darf in 
solchen Gemeinden, die in ihrer überwiegenden 
  
Mehrzahl der Kirche angehören, dem bisherigen 
Stiftungsrat nach Maßgabe des VerwéEdikts von 
1822 die Verwaltung belassen und ferner die Ver- 
tretung der Kirchengemeinde übertragen werden. 
Näheres regelte das EG 92, KoG 67. In den 
katholischen Pfarrgemeinden wurde indes niemals 
von diesem a 67 Gebrauch gemacht und er wurde 
deshalb durch V v. 22. 7. 06 aufgehoben. Im 
übrigen gingen schon 1887 die „reinen Kirchen- 
pflegen, d. h. solche Vermögensfonds, welche nur 
zur Bestreitung des kirchlichen Aufwandes einer 
Kirchengemeinde oder von Teilen einer solchen die- 
nen“, von den bisherigen Verwaltungsorganen an 
die neuen kirchlichen Ortsbehörden über (E# 32, 
KG.24). Diese sind in der evangelischen Kirche der 
„Kirchengemeinderat“, in der katholischen Kirche 
der „Kirchenstiftungsrat“, welche unter kirchlicher 
und staatlicher Aufsicht tätig werden. 
II. Für die Pfründeverwaltung II 
sind die früheren Bestimmungen geblieben. Die 
Verwaltung der vakanten Pfründen und des aus 
den Erträgnissen von solchen gebildeten Inter- 
kalarfonds steht unter der gemeinsamen Leitung 
des Staates und der Kirche (KG v. 30. 1. 62 § 19). 
* —— — — — — 
Die besetzten Pfründen werden von den Juhabern 
verwaltet „unter der gemeinsamen Aufsicht des 
Staates und der Kirche“. Eine besondere, die 
Pfründeverwaltung betr. Verordnung fehlt. In 
praxi wird die Sache so behandelt, daß in der 
katholischen Kirche der katholische Kirchenrat, dem 
die Bek v. 10. 11. 21 IV. Abs2 die „Aufsicht und 
Leitung" zuweist, als Staatsaufsichtsbehörde die 
laufenden Geschäfte besorgt und sich in jedem ein- 
zelnen Fall, wo eine wesentliche Veränderung in 
den Pfründeverhältnissen, z. B. einc Belastung mit 
Provision, ein Erwerb oder Verkauf von Pfründe- 
gut in Frage steht, mit dem Ordinariat ins Ein- 
vernehmen setzt und nur mit dessen Zustimmung 
die endgültige Verfügung trifft. 
III. Die Bistumsdotation und das 
Seminarvermögen wird vom Ordinariat unter der 
sondere 
  
  
Mitwirkung des Domkapitels und der Oberauf- 
sicht des Staates verwaltet (Golther 411). 
IV. Ebenso verwaltet die evangelische Oberkir= 
chenbehörde die allgemeinen kirchlichen 
Fonds (Besoldungsverbesserungsfonds, geist- 
lichen Unterstützungsfonds, geistliche Witwenkasse), 
wobei die Landessynode befugt ist, von dem 
Stande und den Rechnungen dieser Fonds, so- 
wie von den für die evangelisch-kirchlichen Bedürf- 
nisse bestimmten Positionen des Staatshaushalts- 
etats behufs etwaiger Erinnerungen Kenntnis zu 
nehmen (Landes-Synodal V v. 20. 12.#6735 14, 15). 
§ 22. Die verwaltenden Organe. 
I. Der Kirchengemeinderat (K) 
resp. der Kirchen stiftungsrat (KötR) 
hat die Vertretung der Kirchengemeinde sowie 
die Verwaltung des örtlichen K. (EcG 50, K 
19, 20). Er stellt auch den Etat fest und prüft die 
Jahresrechnungen. 
In jeder Kirchengemeinde besteht ein K G resp. 
KStR (Ech8, K 1). Ueber Gesamtkirchen- und 
Filialgemeinden vgl. EG 2, K 1. 
Eine wirkliche Ausnahme besteht heute nur noch unter 
der Voraussetzung, daß die Wahl nicht zustande kommt oder 
die Gewählten die Uebernahme des Amtes verweigern 
(Ec# 13, K 60). Hier ist das Konsistorium befugt, eine 
kommissarische Berwaltung einzusetzen, welcher in vermö- 
gensrechtlichen Angelegenheiten sämtliche Befugnisse des 
KGN zukommen. Dasselbe gilt für die katholische Kirche 
(KE 60) nur mit dem Unterschied, daß hier sowohl das 
Ordbinariat als die Kreisregierung im gegenseitigen Einver- 
nehmen, im Anstandsfalle das Kuliusministerium die kommis- 
sarische Verwaltung einsetzt. Letztere findet auch statt, wenn 
binnen einer Jahresfrist eine zweimalige Auflösung erfolgen 
mußte (EG 84, K G 60). 
Der KG#sowie der KStRbesteht aus 
1. dem Pfarrer resp. Pfarrverwalter als Vor- 
sitzenden sowie den evangelischen Pfarrern resp. 
katholischen Kaplänen. Hilfsgeistliche haben nur 
beratende Stimme, desgleichen der demselben 
Bekenntnis angehörige Patron. 
2. dem Ortsvorsteher derselben Konfession resp. 
seinem Stellvertreter. Diese Bestimmung rechtfer- 
tigt sich durch die geschichtliche Vergangenheit, die 
Auescheidungsaufgabe, das Umlageverfahren, die 
Bestimmung über die Statutargesetzgebung der 
Kirchengemeinden und die kommunale Beitrags- 
pflicht. 
3. dem Kirchenpfleger (unten II 1.). 
4. 4—12 auf 6 Jahre gewählten, über 30 
Jahre alten weltlichen Mitgliedern. Vgl. EG 
9 ff, KGV#2 f. Ueber den Eintritt von Staats- 
beamten vgl. die Min E v. 10. 4. 89 (Friedberg, 
Erg. Bd. 2, 56). Sämtliche Mitglieder unterliegen 
der Disziplinarbefugnis der Staatsaufsichtsbehör- 
den und gelten als Staatsdiener, nur greifen die 
Bestimmungen der §§8 47, 48 Vl v. 25. 9. 19 
nicht Platz (ECEG 86, 87, KG 62, 63). Eine be- 
Gemeindevertretung (Entwürfe 1883, 
1886) besteht selbst für das Umlageverfahren nicht. 
Wenn wegen persönlicher Beteiligung mehrerer Mitglie- 
der des K GR resp. K StR „die Beschlußfahigkeit fehlt, so 
kommt in dieser Sache die Vertretung der nirchengemeinde 
dem Konsistorium resp. Ordinariat zu (EG 14, K G 55 Abs 3). 
Ersteres ist auch zur Verfolgung von Ersatzverbindlichkeiten 
und zur Beschwerdeführung namens der Gemeinde kompe- 
tent (Ec 58 Abs 5, 89 Abs 2). In der katholischen Kirche 
ist für den ersten Fall die Kreisregierung, in letzterem das- 
Ordinariat zuständig (K G 28 Abs 5 und 65 Absf 2).
	        
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