Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
vertretungen und der evangelischen Kirchenvor- 
stände betr. v. 9. 3. 77 (VhBl f. d. evang. Kirche 
Nr. 1) in Betracht, das die kirchliche Selbstver- 
waltung organisierte, nachdem schon das Edikt 
v. 8. 12. 70 über die provisorische Organisation der 
Kirchenvorstände evangelischer Konfession Modi- 
fikationen geschaffen hatte, die das VerfEdikt von 
1874 (56 138) im allgemeinen bestätigte. Diese be- 
zweckten, eine freiere Bewegung der Kirchenvor- 
stände herzustellen und ein Min E v. 26. 8. 76 
dehnte diese Freiheiten auch auf die katholische 
Kirche aus. Im Anschluß an die ältere und neuere 
Gesetzgebung ergingen Instruktionen und Verord- 
nungen, welche das Detail regeln. Die eigentliche 
Grundlage des VerwRechts und demgemäß der 
folgenden Darstellung ist aber für die katholische 
Kirche immer noch das Verwaltungsedikt (VwEd) 
von 1832, wozu für beide Kirchen noch das Be- 
steuerungs G v. 23. 4. 75 und das Abänderungs G 
  
v. 30. 3. O1 kommt. Die Bek v. 30. 1. 00 führte, 
gestützt auf a7 des Besteuerungsgesetzes, auch für 
die katholische Kirche die allgemeine Kirchensteuer 
ein. 
Hinsichtlich der für den bischöflichen Tisch, das 
Domkapitel und das Seminar in Mainz ange- 
wiesenen Dotationen sowie des dem Erzbischof be- 
stimmten Beitrags wird auf die V v. 30. 1. 30 #l 37 
verwiesen (VwEda51), wonach dem „Bischof selbst" 
die Verwaltung gebührt. Die Verwaltung der all- 
emeinengeistlichen Stiftungsfonds, welche 
1 über mehr als einen Kreis erstrecken, steht 
bei katholischen Fonds dem Provinzialkommissär 
  
zu Darmstadt, bei evangelischen Fonds dem Ober- 
konsistorium zu (Vwd a 50). Zu letzteren ge- 
hören der Zentralkirchenfonds, der geistliche Land- 
kasten zu Gießen, die reformierte Kollektur zu 
Groß-Umstadt, der Starkenburger Pfarrverbesse- 
rungsfonds, der allgemeine Pfarrverbesserungs- 
sonds und eine Anzahl von milden Stiftungen 
und Stipendienfonds (Köhler 431—437). Das 
Oberkonsistorium hat den Voranschlag über die 
Mittel zur Deckung der allgemeinen kirchlichen Be- 
dürfnisse und den Nachweis über deren Verwen- 
dung sowie eine Rechnungsablage über die vorhin 
genannten Fonds bei der Landessynode zur Prü- 
sung einzureichen (Verf Edikt § 135 Ziff. 2 und 3). 
Näheres regelt die zwischen dem Oberkonsistorium 
und Synodalausschuß getroffene Vereinbarung 
v. 19. 6. 83 (vgl. Köhler 442). Die Verwaltung 
der mehrere Kirchengemeinden eines Kreises 
berührenden geistlichen Stiftungen steht in beiden 
Kirchen dem Kreisrat (Vwd a 50), in Rhein- 
hessen der Provinzialdirektion in Mainz zu (a 55). 
Die Verwaltung der katholischen und evangeli- 
schen Kirchenpfründer bleibt in den Hän- 
den der Nutznießer. Die Kirchenvorstände (darüber 
nachher) sind aber verpflichtet, „über die Erhaltung 
der Temporalienrechte der Benefizien zu wachen“. 
Während der Vakanz haben die Kirchenrechner, 
unter der Aufsicht und Leitung der Kirchenvor- 
stände, die Temporalien zu verwolten und Rech- 
nung abzulegen (a 52, 53). Einzelheiten ordnet 
die Instruktion in bezug auf die Verwaltung 
der Temporalien der geistlichen Stellen während 
deren Erledigung v. I7. 2. 37. Eine besondere 
Darstellung verdient die Verwaltung des Kirchen- 
des, Lokalki rwchenfonds“, der zur Deckung sämt- 
licher in der Kirchengemeinde vorkommenden kirch- 
Kirche (Vermögensverwaltung in Hessen) 
lichen Bedürfnisse bestimmt ist, soweit für diese 
keine besonderen Mittel vorhanden sind, und auf 
dessen Namen der Eintrag des örtlichen Kirchen- 
vermögens in das Grundbuch erfolgt. In Rhein- 
hessen dagegen steht nach der Vereinigungsurkunde 
von 1822 §& 8 die Ortskirchengemeinde gegenüber 
der Fabrik im Vordergrund. 
§#28. Die Lokal-Kirchenvermögensverwaltung. 
I. Mit der unmittelbaren Verwal- 
tung sind, soweit für geistliche Stiftungen nicht 
„besondere Verwaltungskommissionen“ bestehen 
(Vwed a 49), „die Kirchenvorstände beauf- 
tragt. Die Ausführung in der Verwaltung steht 
jedoch dem Vorsitzenden sowie dem ständigen welt- 
lichen Mitgliede des Kirchenvorstandes zu, insoweit 
solche verordnungsmäßig nicht dem letzteren allein 
oder dem Kirchenrechner überwiesen ist oder des- 
falls von den vorgesetzten Behörden besondere An- 
ordnungen getroffen werden"“ (vgl. a 6). In der 
evangelischen Kirche übt jede Gemeinde ihre 
Selbstverwaltungsbefugnisse „durch die Gemeinde- 
vertretung und den Kirchenvorstand aus“ (Verf- 
Edikt § 11). Die Gemeindevertretung, welche 
bei Umlagen nicht bloß in der evangelischen, 
sondern auch in der katholischen Kirche ihre Zu- 
stimmung zu erteilen hat, weshalb sie für diesen 
Fall auch in katholischen Gemeinden organisiert 
werden muß (Besteuerungs G v. 23. 4. 75 a 3 
Ziff. 2), besteht bei den Protestanten aus den Mit- 
gliedern des Kirchenvorstandes und einer Anzahl 
von der Gemeinde aus ihrer Mitte gewählter Mit- 
glieder (§ 12). 
Die unmittelbare Verwaltung des Lokal- 
stiftungsfonds und nächste Beaufsichtigung des 
gesamten örtlichen Kirchenguts sowie die Sorge 
für Erhaltung und gute Bewirtschaftung liegt auch 
hier dem Kirchenvorstande ob (VerfEdikt 
# 47 Ziff. 14). Dieser besteht aus dem Pfarrer, der, 
wenn mehr als zwei Geistliche angestellt sind, vom 
Oberkonsistorium ernannt wird, resp. dem Pfarr- 
verwalter als Vorsitzenden und 4—12 von der 
Gemeindevertretung auf 10 Jahre gewählten Kir- 
chenvorstehern (VerfEdikt s 32 ff in Verbindung 
mit dem KG v. 29. 11. 91: Friedberg, Erg. Bd. 3, 
243 und K v. 15. 3. 85 betr. die Abänderung 
der Bestimmungen des Edikts v. 6. 1. 74 über 
die Wahlen, insbesondere die Wahlperioden für 
  
die Mitglieder der Kirchengemeinde--Vertretung, 
der Kirchenvorstände usw.: Friedberg, Erg. Bd. I, 
139). Nach 5 Jahren tritt in beiden Kollegien die 
Hälfte aus und wird durch Neuwahl ersetzt lzit. 
KG v. 1885 588 1 und 41). 
Der Kirchenvorstand bedarf der Zustim- 
mung der Gemeindevertretung bei 
folgenden Verwükten: Festsetzung des Etats, Etats- 
umgehungen, Umlagen, Vergleichen, neuen Be- 
zügen der Kirchendiener aus dem Ortskirchenver- 
mögen und Veränderungen im Bestand desselben 
(VerfEdikt §28). Der Patron hat das Recht 
der Zustimmungbei Verkäufen und Vertauschungen 
don Immobilien und kostbaren beweglichen Sachen 
à 29). 
Der Kirchenrechner, das ausführende 
Organ des Kirchenvorstandes in der Besorgung 
der Einnahmen und Ausgaben, wird in bei- 
· » « » en- den Kirchen nach vorgängigem Benehmen mit 
fabrikvermögens, oder wie es in Hessen auch heißt, 
den Dekanen (eventuell auch nach Anhörung 
des Kirchenvorstandes Vwd a 8) von den Kreis- 
räten auf Widerruf bestellt (Vwed a 7). Der
	        
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