Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
Kirche Kirchengebaude, girchennühle) 
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positiven Normen, z. B. franz. Fabrikdekret v. 30. 12. 1809 
a 37 Nr. 3, sowie bei den im Staatseigentum stehenden 
Garnison= und Anstaltskirchen, die dem gemischten Gottes- 
dienst dienen. Hier ist das staatliche Berfügungsrecht nur 
insoweit geschmälert, als es dieser gottesdienstliche Zweck 
sordert. 
z 4. Bestimmungäßige Benntzung. Matge- 
bend für die Benutzung ist der besondere gottes- 
dienstliche Zweck, dem die K Geb gewidmet sind, 
außerdem die gemeinkirchlichen liturgischen Vor- 
schriften sowie die diözesane und lokale Gottes- 
dienstordnung. Die Anordnungen, insbesondere 
auch über die Zeit, in der die Kirche geschlossen 
bleibt, trifft der kirchliche Obere resp. der geistliche 
Vorsteher der Kirche. Für das AL#R vgl. ins- 
besondere II 11 318. In den evangelischen 
Ortskirchen ist der kollegiale Kirchenvorstand zu- 
ständig. 
Die Eigentumsfrage hat im allgemeinen keinen 
Einfluß. Eine Ausnahme besteht nur, insoweit der 
Eigentümer sich bei der Dedikation gewisse Ein- 
wirkungen ausdrücklich oder stillschweigend vorbe- 
halten hat oder die gottesdienstliche Zweckbe- 
stimmung, wie z. B. bei den Garnison-, Gefäng- 
nis= und anderen Anstaltskirchen durch die Na- 
tur der Kirche umgrenzt ist. Auch hier liegt 
zwar die gottesdienstliche Verfügungsgewalt bei 
dem Geistlichen, und selbst ein außerordentlicher 
Gottesdienst kann nur durch den letzteren an- 
geordnet werden: die Eigentümer haben jedoch 
bei ordnungswidriger Bestimmung ein Ein- 
für seine eigenen Bedürfnisse errichtet hat, wenn 
liche Leitung ist wiederum ein geistliches Recht. 
Die Bedürfnisse dritter, denen der Zugang ge- 
stattet ist, können unberücksichtigt bleiben. In den 
zuletzt erwähnten Fällen, wo eine Kirche den 
Zwecken einer bestimmten Person, Anstalt oder 
Personenklasse gewidmet ist, tritt das freie Ver- 
fügungsrecht des Eigentümers wieder ein, sobald 
  
insbesondere deutlich das preußische und 
fronzüösiche Recht (Hinschius 4, 349 f und in 
Kochs Kommentar z. ALK II 11 6 676 ff; Dursy 
1, 312 ff; Meurer, bayer. K R 1, S 236, 313). 
Nach französischem Recht kann sogar das 
einfache Aufstellen von Bänken und Stühlen in der 
Kirche vom Kirchenvorstand nur mit Einwilligung 
des Pfarrers oder Hilfspfarrers erfolgen, vorbe- 
haltlich des Rekurses an den Bischof (Dekret v. 
30. 12. 1809 a 30 Abs 2); und es muß ein Raum 
f rei bleiben, wo die Gläubigen, die weder Stühle 
noch Bänke mieten, bequem dem Gottesdienst bei- 
wohnen und den Unterricht anhören können (a 65). 
Auch in Sachsen schließt der Kirchenvorstand 
die Kirchstuhlverträge ab, aber nach einer von der 
Kircheninspektion genehmigten Kirchstuhlordnung 
(Rösel 105). Ueber Bayern vgl. MinE v. 28. 
6. 36 (Weber 3, 65), Meurer, K VR 1 235. 
Ist das Kirchstuhlrecht ein privates oder össentliches Recht? 
Oinschius (4, 344 ff) ist für die zweite Alternative gegen die 
herrschende Doktrin und oberstrichterliche Aussprüche. Der 
öffentlichen Rechtssphäre gehört die durch die Kirchenbehörde 
geübte Zulassung oder Beseitigung des Instituts der Kirch- 
stuhlrechte an. Die letzteren sind nur dann öffentlicher Art, 
wenn sie lediglich Reslerwirkung der Gottesdienstordnung 
sind (Meurer, Bayer. K RR 1, 236 ff). Es kommt darauf an, 
ob die Kirchstuhlfrage als Kirchenpolizel oder als Finanz- 
frage ausgebaut ist. Zivilistische Gebrauchsrechte werden 
erst durch den Mietsvertrag mit der Vermögensverwaltung 
existent. Letztere ist keine übergeordnete Gewalt, sondern 
lediglich Kontrahent in einer vermögensrechtlichen Sphäre. 
spruchsrecht. Bei Kapellen, die der Eigentümer 
erwerben können, so wird dasselbe dadurch doch nicht ein 
sie auch anderen offenstehen, darf derselbe kraft 
dieser Zweckbestimmung eine besondere persönliche 
Berücksichtigung verlangen, aber die gottesdienst- 
begquemeren Ausübung der Mitgliedschaft ein ziviles Ge- 
Wenn es auch nur Mitalieder sind, die das Kirchstuhlrecht 
publizistisches Mitgliedschaftsrecht. Die von Hinschius ver- 
teidigte Zuständigkeit der Zivilgerichte ist denn auch Beweis 
dafür, daß das KLirchstuhlrecht ein Privatrecht ist und zur 
brauchsrecht verleiht. Auch die Zulässigkelt petitorischer und 
possessorischer Prozesse erklärt sich nur aus der privatrecht- 
lichen Natur. Damit soll freilich nicht geleugnet werden, daß 
den Privatberechtigten die Kirchstuhlordnung auch polizei- 
lichen Schutz gewährt und öffentlich-rechtliche Erwägungen. 
das Gebäude für diesen Zweck nicht mehr gebraucht 
werden kann, im übrigen ist mangels besonderer 
Abmachungen die gottesdienstliche Bestimmung 
als eine dauernde anzusehen. Ebensowenig darf 
aber der kirchliche Obere wider Willen des Eigen- 
tümers ein dauerndes Verbot des Gottesdienstes 
erlassen. Zur zeitweisen Einstellung des Gottes- 
dienstes ist er berechtigt, doch hat der Eigentümer 
mangels zureichenden Grundes eine Beschwerde. 
45. Kirchenstühle. Ueber Zulassung, Form und 
Art der Anbringung, sowie über den Raum, wo sie 
aufgestellt werden sollen, befindet der geistliche 
Leiter. Eine Mitwirkung des Eigentümers resp. 
der vermögensrechtlichen Vertretung der Kirche er- 
gibt sich lediglich aus dem Gedanken des Budgets. 
Der Patron (J| hat regelmäßig für sich und seine 
Angehörigen ein dauerndes Recht auf einen be- 
stimmten (Ehren-) Platz. Daneben ist für die übri- 
gen Kirchenglieder entgeltliche Ueberlassung durch 
wiederkehrende Miete vielfach — besonders in der 
protestantischen Kirche — in Gebrauch. Die ein- 
schlägige Bestimmung trifft der Ordinarius (Kon- 
sistorium) resp. der rector ccclesiac. Die erforder- 
lichen Rechtsgeschäfte selbst schließt jedoch, nachdem 
  
kirchlicherseits ihre Zulässigkeit nicht beanstandet 
worden ist, die Vermögensverwaltung ab. So 
  
Platz greisen können. Aber volizeiliche Anordnungen haben 
zivilrichterlichen Urteilen gegenüber immer nur die Bedeu- 
tung interimistischer Maßnahmen. Val. OV G v. 10. 12. 84 
in 8 f. KR 21, 172 ff. Jeder Gesetzgeber kann übrigens die 
rechtliche Natur nach Belieben ordnen. In der protestanti- 
schen Kirche des rechtsrh. Bayern erfolgt z. B. die Zu- 
teilung eines Kirchenstubls durch die örtliche Kirchenbehörde, 
die über das finanzielle Interesse der Vermögensverwaltung 
nur Vortrag erstattet. Diese Berleihung begründet aller- 
dings kein Privatrecht (Oberstr. Erk. v. 15. 2. 76: 5, 893), 
doch ist dadurch die Möglichkeit von dinglichen oder persön- 
lichen Gebrauchsrechten an Kirchstühlen nicht ausgeschlossen 
(Erk. des R v. 5. ö. 82); auch Ersitzung ist möglich (R G 
v. 22. 4. 09), und darnach sind dann bezüglich der Kirchstuhl- 
berechtigung in Bayern teils VerwBehörden, teils „die or- 
dentlichen Gerichte zuständig (Krais 282; Meurer 1, 235 
bis 239). Für Württemberg val. K v. 29. ö. 88 
à 6 Abs 5. In Sachsen, wo der Klrchenvorstand darüber 
zu wachen hat, daß die Berlösung der Kirchenstühle, wo eine 
solche stattfindet, ordnungsmäßig erfolgt (KB u. SD v. 
1906 1 23), gehören Streitigkeiten über Kirchenstühle vor 
die Verw Behörden (G v. 28. 1. 35 1 9: Schreyer 401 und 
B v. 14. 9. 74: Cod. Suppl. 174), doch gilt der Grundsatz, 
daß kirchliche Streitigkeiten, so auch über Kirchstühle, vor 
die ordentlichen Gerichte gehören, wenn sich jemand auf be- 
sondere Rechtstitel, z. B. Verträge beruft (53 11). Das ist 
aber gerade bei Kirchstühlen oft der Fall (vgl. oben).
	        
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