Kirche (Kirchenhoheit)
untereinander durch Handhabung der staat- lebung ihrer Rechte und Gesetze den Schut
lichen Paritätspflege entfaltet.
In beiderlei Beziehung steht die Advokatie unter dem
Gesichtspunkt eines Rechts, nicht der Pflicht. Für das
eine und das anderc ist insbesondere der Staat nicht an
ein schablonenhaftes Gesetz abstrakter Gleichheit gebunden.
Vielmehr wird die Weisheit und Gerechtigkeit in Ausübung
der KH auch in diesem Teile eben darin bestehen, daß Gesetz-
gebung und Verwaltung die einzelnen Religionsgesellschaf-
ten nach ihrer öfsentlichen Bedeutung, nach ihren Macht-
mitteln sowie nach ihrer eigenen geschichtlichen und prin-
zipiellen Stellung zum Staate spezifisch diffe-
renziert. Die formal gleiche Behandlung von Unglei-
chem würde die menschlich überhaupt erreichbare Gerechtig-
keit nicht verwirklichen können. Hiernach ist es gerechtfertigt,
daß in den einzelnen positivrechtlichen Acußerungen der
Advokatie ein verschiedenes Maß von Förderung an die
großen historischen Kirchen auf der einen, an die Religions-
gesellschafien jmis privatl und an die Sekten auf der anderen
Seite gewendet werde, während hinwiederum die Paritäts-
pilege, der Schutz im eigenen Rechtslreise, allen gleich-
mäßig zugute kommt. "“
a) In seinen positiv-rechtlichen Aeußerungen
verteilt sich der Staatsschutz der Kir-
chen auf ein vierfaches Gebiet.
1. Im Verhältnis der Kirchenverfas-
sung zur staatlichen Rechtsordnung.
Jene bildet einen anerkannten Bestandteil des öffentli-
chen Rechts im Staat. Die Kirchenämter IX/ als solche sind
öffentliche Aemter und sallen unter den technischen Begriff
der Behörde. Die Kirchenregimentsbeamten wie die Träger
des geistlichen Amtes sind öfsfentliche Beamte. b und in
welchem Sinne Staatsbeamte, entscheidet sich nach dem
hierin sehr verschieden gelagerten Recht der Einzelstaaten.
Davon unabhängig ist aber allgemein den nirchendienern
eine privilegierte Stellung durch staatliche Zuerlennung ge-
wisser geistlicher Standesrechte eingeräumt.
Sie beruhen teils auf der Reichs-, teils auf der Landesge-
setzgebung und beziehen sich hauptsächlich auf Begünstigun-
gen binsichtlich der Militärpflicht (bierin für katho-
lische und evangelische Geistliche nicht vollkommen gleich),
auf gewisse Vorbehalte im Gebiet der Rechtspflege
und auf die Befreiung von der Verpflichtung zur Ueber-
nahme gewisser Ehre nämter.
2. Gewährung äußerlicher Staats-
hilfe, welche ihrerseits wieder in doppelter
Form auftritt: als Vermögenszuwen-
dung und als Darbietung des staatlichen
Verwaltungszwangs.
Für die als öffsentliche Korporationen anerkannten
christlichen Kirchen bestehen staailiche Kultusbudgets. Die
einzelnen Leistungen sind entweder fortdauernde, d. h. in den
Staatshauchaltsetats regelmäßig wiederkehrende, so die Posi-
tionen für Bischösc und Domkapitell"!, für cvangelische
Kirchenregimentsbehörden, für die Pfarrgeistlichen beiderlei
Konfession; oder sie sind einmalige außerordentliche Staats-
zuschüsse, wie solche gelegentlich für Kirchenbauten, Ein-
richtung kerchlicher Anstalten oder sonstige kirchliche Zwecke
geleistet werden. Der staatliche Verwzwang wird nicht
mehr im Sinn und Umfang des mittelalterlichen brachinm
###cculare ud nutum sacerdotis geleistet. Im System der KH
handelt es sich um einen freiwillig dargebotenen Schus,
fur weolchen sich der Staat die Vorprüsung im Einzelfalle
vorbehalt. Hauptanwondungssälle sind die staatliche Er-
hebung und Zwangsvollstreckung von Kirchen seuern ##
sowic die staatliche Vollstreckung kirchlicher Diszipli-
narerkenntnisse.
Bayern gebt über diese spe zialisierten Fälle hinaus.
5 5 des Rel. Ed. sichert der Kirchengewalt gegen jede Ver-
der Staatsgewalt zu.
3. Berücksichtigung des Kirchenwesens im öf-
fentlichen Leben. Sie besteht zunächst in
mittelbarer Unterstützung der religiösen
Wirksamkeit der Kirche durch den staatlichen Schutz
der kirchlichen Sonn= und Festtagsfeier (I. Eine
unmittelbare Berücksichtigung des Kirchen-
wesens im öffentlichen Leben tritt in der (s. o.
&3, a) organischen Beteiligung der Kirche an ur-
sprünglichen Aufgaben der Staatspflege hervor.
4. Strafrechtlicher Schutz der Kirchen
und Religionsgesellschaften, welchen in der Haupt-
sache die Reichsgesetzgebung übernommen hat.
Die einzelnen unter Strafe gestellten Tatbestände
sind Gotteslästerung, Beschimpfung von Kirchen
oder anderen mit Korporationsrechten innerhalb
des Bundesgebietes bestehenden Religionsgesell-
schaften, Unfugverübung, Hinderung der perfön-
lichen Gottesdienstausübung, Verhinderung oder
Störung des Kultus, Störung des Gräberfriedens,
Kirchendiebstahl, Sachbeschädigung an res reli-
giosae, Brandstiftung an Kultusgebäuden.
b) Die staatliche Paritätspflege im
Verhältnis der Kirchen und Religionsgesellschaften.
In erster Linie steht auch hier die Obsorge für die
wechselseitige Integrität der Ehre, wie
sie durch den strafgerichtlichen Rechtsschutz gewähr-
leistet und in ihrer Sicherstellung durch landes-
rechtliche Vorschriften ergänzt wird. Zur Seite
tritt die Obsorge für die wechselseitige Inte-
grität des Kultus. Dies ist nicht nur im
Sinne des strafrechtlichen Verbotes von Real-
injurien und Kultusstörungen, sondern im weiteren
Sinne auch dahin zu verstehen, daß niemand zur
Teilnahme an fremdem Kultus genötigt
werden darf. Daher ist jeder Parochial-
zwang zugunsten einer fremden Konfession im
geltenden Recht beseitigt. Von Staats wegen ist
sowohl den Mitgliedern einer Religionsgesellschaft
freigestellt, ob sie eine Parochialhandlung im Not-
fall von dem Geistlichen einer anderen Konfession
erbitten, als auch den Geistlichen, ob sie die er-
betene Funktion verrichten wollen. Die Paritäts-
pflege erfordert weiterhin die Obsorge für die
wechselseitige Integrität des reli-
gionsgesellschaftlichen Tatbestan-
des. Sie wird gegen Verletzung seitens fremder
Konfessionsangehörigen durch staatliche Anord-
nungen geschützt. Einmal durch gesetzliche Fest-
legung der Voraussetzungen, Formen und Wir-
kungen eines bürgerlich rechtsgültigen Konfessions-
wechsels und Kirchenaustritts, wodurch die Mög-
lichkeit, durch die verbotenen Mittel des Zwangs
und der Ucberlistung die Angehörigen einer an-
deren Konfession auf die eigene Seite zu ziehen,
verhindert und die volle Freiheit der religiösen
Selbstbestimmung gewahrt wird. Sodann durch
staatsgesetzliche Ordnung der Anteile der Kon-
sessionen an der religiösen Kindererziehung ([Jl, um
gegenüber den weitgehenden grundsätzlichen An-
sprüchen der katholischen Kirche das Recht des Pro-
testantismus und die Freiheit des elterlichen Be-
stimmungsrechts sicher zu stellen. Zur Paritäts-
pflege gehört letztlich noch die Obsorge für die
wechselseitige Integrität des Vermö-
gens. An und für sich kann für keine Religions-
gesellschaft und deren Angehörige eine rechtliche
Verpflichtung zu vermögenswerten Leistungen an