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erteilt werden. Immer muß gerichtliche Requi-
sition für den K. die Grundlage bilden und nach
Vorschrift der Prozeßgesetze (Protokoll) verfahren
werden. Zur Vernehmung und Vereidigung von
Zeugen und Sachverständigen bei Untersuchung
von Sceunfällen sind alle K. berechtigt. Vgl.
unten §5 Nr. 11 (Go. 1867 920; Vv. 23. 11. 77
Rl 634; Aufzählung der mit dieser Spezialvoll-
macht ausgestatteten K. bei Zorn 530 ff.)
8. Die K. haben den in ihrem Bezirk weilenden
Kriegsschiffen und deren Besatzung jede
gewünschte Unterstützung zu ge-
währen. Sie haben insbesondere die Komman-
danten von den in ihrem Amtsbezirk bezüglich
fremder Kriegsschiffe bestehenden Vorschriften und
Ortsgebräuchen sowie von etwa dort herrschenden
epidemischen und ansteckenden Krankheiten zu un-
terrichten, ferner, wenn Mannschaften von Kriegs-
schiffen desertieren, bei den Orts= und Landesbe-
hörden die zur Festnahme erforderlichen Schritte
zu tun (G v. 8. 11. 67 88 27, 28; Bestimmungen
für den Dienst an Bord v. 21. 11. 03 8 15 Nr.
2 B, 5 21). Vgl. unten §3 5 Z. 1.
9. Die K. dürfen Vergleiche vermit-
teln und als Schiedsrichter auf Grund
nach Landcsrecht rechtswirksamer Schiedsverträge
fungieren; Schiedssprüche sind schriftlich mit Ent-
scheidungsgründen abzufassen (§ 21).
10. Die K. dürfen als Nachlaßbeamte
sungieren für die in ihrem Amtsbezirke befindlichen
Verlassenschaften verstorbener Reichsangehöriger,
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wenn wegen Abwesenheit der Erben oder aus
ähnlichen Gründen ein amtliches Eingreifen an-
gezeigt erscheint. Darin liegt das Recht, den Nach-
laß zu versiegeln und zu inventarisieren, Mobilien
je nach Erfordernis zu verwahren oder zu ver-
kaufen, fesistchende Schulden zu tilgen und den
Nachlaß den urkundlich legitimierten gesetzlichen
Erben auszuhändigen. Auch diesem Rechte fehlt
eine vertragsmäßig gesicherte internationale Grund-
lage, deren Erzielung dringend erwünscht wäre.
Durch Spezialvertrag ist die Materie deutscherseits
nach den Prinzipien der Reziprozität mehr oder
minder vollständig geordnet mit Rußland (Vit v.
12. 11. bzw. 31. 10. 74), der nordamerikanischen
Union, Italien, Spanien, Holland (für die Ko-
lonien), Türkei, Griechenland, Persien, China,
Siam, Hawai, Brasilien, Argentinien, Serbien,
Uruguay, Paragugy, der südafrikanischen Repu-
blik, Sansibar, Honduras. Diese Vertragsbestim--
mungen stehen als lex specialis über dem G#v#
8. 11. 67 § 18; dazu Rund Erl v. 6. 12. 75 und
27. 12. 06.
11. Die K. üben die (in den inländischen Hafen-
orten besonderen „Kommissaren“ obliegende)
Staatsaufsicht über das Auswan-
derungswesen [X] aus. Ihnen ist insbeson-
dere in außerdeutschen Häfen, von welchen aus
Deutsche oder über Deutschland kommende Aus-
wanderer befördert werden, das Verzeichnis der
beförderten Auswanderer einzureichen. Bei ihnen
werden Beschwerden über mangelhafte Erfüllung
des Auswanderungsvertrages, Schadensersatzan-
sprüche usw. geltend gemacht. Die Führer von
Auswanderungsschissen haben nach Beendigung
jeder Reise dem K. bestimmte, auf eine Bekämpfung
des Mädchenhandels abzielende Meldungen zu er-
statten, serner ihm ein Verzeichnis des Nachlasses
an Bord verstorbener Personen zu übergeben,
– — —
Konsuln (Gerichtsbarkeit)
(G über das Auswanderungswesen v. 9. 6. 97
g 41; Best. v. 14. 3. 98 88 2, 5, 7, 9, 29; Bek v.
14. 3. 98 bzw. 26. 2. O4 & 70 1, 11).
12. Ausschließlich vertragsmäßig und somit das
Konsulargesetz ergänzend sind noch folgende Rechte
der K. nach Maßgabe der Reziprozität geordnet:
a) Auslieferung [/| flüchtiger Verbrecher (v. König
347 ); b) Einleitung von Vormundschaften (mit
Italien, der Nordamerikanischen Union, Spanien);
c) Vermittlung des amtlichen Verkehrs mit den
Landesbehörden (für China, Japan, Siam);
d) Ueberwachung der Niederlassungen und der Er-
werbstätigkeit der Konsularuntergebenen (mit Ja-
pan, Siam); e) Expropriation von Vermögens-
stücken der Konsularuntergebenen für öffentliche
Zwecke (mit Chile). Die einschlägigen Staatsver-
träge zitiert bei Zorn 525 ff.
# 3. Konsulargerichtsbarkeit 7).
I. In einigen Staaten ist den K. durch Herkommen
oder durch Staatsverträge volle Zivil- und
Strafgerichtsbarkeit eingeräumt worden.
Das Vorbild hierfür sind allenthalben die Einrich-
tungen, welche auf Grund der sog. Kapitulatio-
nen seit Jahrhunderten in der Türkei für die An-
gehörigen der abendländischen Staaten bestehen.
Zuerst hatte Frankreich für sich dieses Privileg er-
wirkt (1535). Seinem Beispiel folgten allmählich
sämtliche Kulturstaaten. Die heute für das Deutsche
Reich geltende preußische Kapitulation ist vom
#22. J. I761 (v. Ullmann 198 f, Wiederabdruck bei
Fleischmann 253).
Konsulargerichtsbarkeit besteht nur, wo der RK
den K. dazu ermächtigt hat, was jedoch schon in
der Ernennung zum K. eines Gerichtsbezirkes liegt;
es können für die Gerichtsbarkeit oder selbst nur für
einzelne Funktionen besondere Beamte durch den
RK, für letzteren Fall auch durch den K. selbst,
ernannt werden (Kons# ## 6). Dem Ré ist
alljährlich von jedem K., welcher Gerichtsbarkeit
übt, ein Verzeichnis der gerichtlichen Geschäfte
einzureichen.
II. Zur Zeit besteht Konsulargerichts-
barkeit (1911) noch (Uebersicht bei Zorn S 530
bis 534 und alljährlich im Preuß. JMlh:
1. in der Türkei; die Gerichtsbezirke sind
Adana, Aleppo, Bagdad, Bafsra, Beirut, Konstan-
tinopel, Trapezunt, Haiffa, Jerusalem, Jaffa,
Salonik, Smyrna;
2. in Rumänien: die Gerichtsbezirke sind
Bukarest, Galatz, Jassy; die K G ist tatsächlich außer
Uebung, de jurc aber fortbestehend. Vgl. Zorn
5318; dagegen Fleischmann, Völkerrechtsquellen
160 Anm. 30).
3. in Bulgarien: Gerichtsbezirke Sofia
und Varna; nur noch beschränkte Gerichtsbarkeit
gemäß Kaiserl. V v. 27. 2. 08;
4. in Serbien: Gerichtsbezirk Belgrad; Be-
schränkung gemäß Vt v. 6. 1. 83 a 25;
5. in China: Gerichtsbezirke Amoy, Canton,
Charbin, Hankau, Itschang, Mukden, Nanking,
Pakhoi-Hoihau, Schanghai, Swatau, Tientsin,
Tschengtu-Tschungking, Tschifu, Tsinanfu;
6. in Japan: Gerichtsbezirk nur noch Söul
für Korea; in Japan selbst ist die K G durch den
Handels Vt v. 4. 4. 96 a 20 beseitigt worden;
7. in Siam: Gerichtsbezirk Bangkok;
1) Wegen der Uebertragung der Rechtssätze auf die
Kolonialgerichte 1 Schutzgebiete.