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Korrigendenwesen — Kraftfahrzeuge
fängnisstrase auf Einweisung des Schuldigen in ein UArbeits-
haus für die Zeit von 1 bis zu 3 Jahren erkennen kann, wenn
das Verbrechen auf Liederlichkelt oder Arbeitsscheu zurück-
zuführen ist (a 31). Es lag nahec, daß man auf ein so wirk.
sames Vorbeugungsmittel auch für unsere Strasgesetz-Resorm
nicht verzichten würde. Im Gegensatz zu dem schweizeri-
schen Entwurf hat indessen unser Borentwurf die Zulässig-
keit der Arbeitshausstrase auf die im Gesetz bestimmten be-
sonderen Fälle beschränkt. Diese Regelung wird als ein
wirksamer Versuch der Berbrechensbekämpsung gebilligt
werden dürfen. Nur muß verlangt werden, daß das Gesetz
die neue Strafe in ein bestimmtes Verhältnis zu den übrigen
Hauptstrasen (Gefängnis und Zuchthaus) setzt und nähere
Vorschriften über ihren Vollzug gibt.
Quellen: Preußen: G v. 8. 3. 71 1 38; Nig v.
8. 5. 75, 27. 7. 75 und Min Anw v. 22. 10. 85. — Bayern:
MinE v. 27. 3. 64, B v. 7. 1. 72, Erl v. 13. 3. 82, Min E v.
28. 3. 91. — Sachsen: Vv. 24. 12. 70, 22. 8. 74, 9. 10.
74, 20. 2. 75, 22. 12. 75, Min Beschl v. 19. 1. 76, B v. 22.
5. 77, 12. 1. 78, 12. 6. 78, 5. 11. 78, 7. 2. 80, 9. 3. 81, 30.
12. 81, 4. 7. 82, 2. 5. 83, 14. 8S. 88. — Württemberg:
Gv. 17. 4. 71, 27. 12. 71 a 11 und 63, G v. 12. 8. 79 à 8,
Vi'g v. 19. 1. 72, 2. 2. 82, B v. 4. 11. 89. — Baden:
Gv. 23. 12. 71, 21. 12. 78, B v. 4. 5. 72, 18. 2. 79,
12. 7. 86, 19. 12. 89. — Hessen: Vo. 30. 12. 74, 1. 6. 76,
30. 12. 89. — Elsaß- Lothringen: G v. 23. 3. 83,
A'g v. 4. 3. 90.
Literatur: 1 bei Bettel- und Wanderwesen, Ge-
fängnis, Kriminalpolizei, Polizeiaufsicht; hier die Haupt-
werke von v. Hippel, ferner von demselben:
Bettel, Landstreicherei, Arbeitsschen und Arbeitshaus
im Vorentwurf, in der Monateschrist für Kriminalpfsy-
chologie und Strafrechtsreform, 7. Jahrg.; Frhr. von
Wintzingerode--Knorr, Die deutschen Arbeits-
häuser, 1885; Stelling, Ueber das Umherziehen als
Landstreicher, 1891; Leutner, Bettelunfug und Bettel-
betrug, 1892; Bertsch, Ueber Landstreicherei und Bettel,
1894; Grobleber, Juristische Natur der Korrekt.-Nach-
haft, Diss. 1906; Storm, Die Landstreicherei, 1909; Fen-
ner, Die französische Gesetzgebung gegen Bettel und Ba-
gabondage bis auf Napoleon, 1006; v. Jarotzky, Die
Arbeitsanstalt und ihre Stellung im Vorentwurf z. St GB,
1910; Keidel, Handhabung der Vagantenpolizei (Bayern),
1899. Scheurer.
Kraftfahrzeuge
4 1. Begriff. # 2. Statistik. 3 3. Gegenstand der gesetz-
lichen Regelung. # 4. Polizei, und Strafrecht, Führer:
Steucr. 4 5. Hastpflicht. # 6. Internationaler Verkehr.
IF— Fahrzeug: KF — Kraftfahrzeug; AV — Berordnung
des Bundesrats über den Verkehr mit KF v. 3. 2. 10.]
§ 1. Begriff. Der Begriffsbestimmung des
deutschen K FG v. 3. 5. 09 & 1 Abs 2 kann all-
gemeine Gültigkeit zuerkannt werden. Als K F im
Sinne dieses Gesetzes gelten Wagen oder Fahr-
räder, die durch Maschinenkraft bewegt werden,
ohne an Bahngleise gebunden zu sein. Fahr-
räder unterscheiden sich von den Wagen darin,
daß der Fassungsraum erheblich geringer und in
der Regel nur für die Aufnahme von ein oder zwei
Personen oder einer kleinen Menge von Gütern
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eingerichtet ist, daß ferner der Lenkersitz unmittel-
bar zwischen den Rädern angebracht ist, regel-
mäßig der Wagenkasten fehlt und daß sie nötigen-
falls auch durch Treten der Pedale bewegt wer-
den können. WasserF (Motorboote) und Luft F
gehören nicht hierher. Es gehört zum Begriff des
KF:ll. daß es der Beförderung von Personen oder
Gütern dient, 2. daß es sich mit diesen selbst über-
größere Strecken frei fortbewegen kann. Es sind
daher auszuscheiden einerseits: Pflüge, Straßen-
walzen u. ä., insoweit sie nicht durch entsprechende
Vorrichtungen, insbesondere einen Führersitz,
Kohlenraum usw. auch der Personen= und Güter-
beförderung dienen. andererseits, weil keine Be-
förderung auf freier Strecke stattfindet: Fahrstühle,
Krahne u. ä. Gleichgültig ist es, ob sich die kraft-
erzeugende Maschine auf dem F selbst befindet
oder ob die Kraft von außen her in irgend welcher
Gestalt zugeleitet wird (z. B. Elektromobil mit
oberirdischer Stromzuleitung).
KF sind aber nur solche F, die durch Motore
getrieben werden, also z. B. durch Gaskraftma-
schinen, Elektromotore, Dampfmaschinen, nicht
durch andere Kräfte, wie Luftdruck, Winddruck,
Schwerkraft, menschliche und tierische Kraft.
Das KF muß ferner nach seiner Bauart zum
Verkehr auf allen Ebenen oder sonst fahrbaren
Flächen — und nicht bloß auf besonderen Schienen-
wegen — bestimmt sein.
Unter „Bahngleisen“ im Sinne des KFsind
Gleise jeder Art und jeden Stoffes, gleichviel ob
im Niveau oder erhaben, auf Straßen und Wegen
oder besonderen Räumen, aus Metall, Stein, Holz
usw. gemeint.
5 2. Statistisches. Einen Anhalt für die Beurteilung
der Entwicklung des KFFVerkehrs im Deutschen Reich geben
die Zahlen der vom Kais. Stkatistischen Amte jährlich vorge-
nommenen Zählung der KF. Am 1. 1. 08 wurden im Reiche
34 244, am 1. 1. O9 wurden 41 727 und am 1. 1. 10 49 941
KF gezählt In Preußen stieg die Zahl der F von 22 362
im Jahre 1909 auf 26 519 im Jahre 1910. Der weitaus
größte Teil der F— 46 922 (unter diesen etwa 50% Fahr-
räder) — diente der Personenbeförderung. Der Lastenbe-
förderung dienten 3019 F, darunter aber nur etwa 100
Krafträder. Von der Gesamtzahl der Personen F wurden
von öffentlichen Behörden 459 verwendet, im öffentlichen
Fuhrverkehr (Droschken, Omnibusse usw.) 3285, für gewerb-
liche Zwecke 19 140, für andere Berufszwecke (Aerzte,
Feldmesser usw.) 5430, für land= und forstwirtschaftliche
Jwecke 468, für Vergnügung und Sport 18 131 F. Von
ausländischen 33 passierten in der Zeit v. 1. 10. 03
bis zum 30. 9. 09 12 934 KF die deutsche Grenze, darunter
1024 Krafträder. Mehr als der dritte Teil der ausländischen
F, nämlich 4364, kamen aus Frankreich.
Die Unfallstatistik berichtet für das Jahr 1900
von 6063 Unfällen gegen 5069 im Vorjahre. Davon ent-
fielen auf F zur Personenbeförderung 5606. Bei den Un-
fällen wurden 194 Personen getötet, davon 13 Führer und
31 Fahrgäste. Verletzt wurden 2945 Personen, davon
245 Führer und 487 Insassen der Fahrzeuge.
g3. Das Kraftfahrwesen als Gegenstand der
staatlichen Regelung.
I. Das Eingreifen der gesetzgebenden Gewalt
kann in drei Richtungen geschehen: 1. in Hinsicht
auf die Regelung des Verkehrs (Automobil-
polizeirecht), 2. in Hinsicht auf die Sicher-
heit des Verkehrs gegen die unzulässigen Einwir-
kungen des KF Verkehrs durch Androhung be-
sonderer Strafen für Beeinträchtigungen des Ge-