Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
teilung im Jahre 1815 dem Königreiche verblie- 
benen) Teile des ehemaligen, im Jahre 16353 an den 
Kurfürsten von Sachsen abgetretenen Markgrafen- 
tums Oberlausitz (unten III) und aus den „Erblan- 
den“, unter denen im wesentlichen das schon seit dem 
16. Jahrhundert oder noch länger zum Kurfürsten- 
tum Sachsen gehörige Gebiet verstanden wird. 
I. Die Erblande wurden von der Regierung zu 
Verw Zwecken in 5 K geteilt. Nachdem einer (der 
thüringische) im Jahre 1815 hat an Preußen ab- 
getreten werden müssen, sind gegenwärtig noch 
der Meißener, Leipziger, erzgebirgische und vogt- 
ländische K vorhanden. Die Bedeutung dieser K 
hat sich (vgl.. unter II) zunächst in aufsteigender, 
dann in absteigender Linie bewegt. Zur Zeit ist 
ihre öffentlich-rechtliche Wirksamkeit verhältnis- 
mäßig gering; auch als staatliche Verw Bezirke 
erscheinen sie nicht mehr, seitdem im Jahre 1835 
das ganze Land, einschließlich der Oberlausitz, in 
KDirektionsbe zirke geteilt wurde, von denen keiner 
mit einem der ehemaligen K sich deckte (unten 82). 
II. Die einzelnen erbländischen K hatten ur- 
sprünglich die Eigenschaft von Verw Bezirken. Seit 
dem 18. Jahrhundert wurde es aber auch üblich, 
die Herrschafts= und Rittergutsbesitzer aus dem 
K, sowie städtische Deputierte zu KTagen (KKon- 
venten) zu berufen, auf denen die Wahlen der in 
die landständischen Ausschüsse zu entsendenden Per- 
sonen stattfanden und über sonstige den K berüh- 
rende Angelegenheiten, namentlich über die Auf- 
bringung öffentlicher Lasten, beraten wurde. Nach 
der Landesteilung wurde die kreisständische Ver- 
fassung durch die KTags O v. 10. 8. 21 (GS 95) 
neu geregelt. Ein wesentlicher Teil der dort ge- 
troffenen Bestimmungen ist freilich später durch 
die Einführung einer konstitutionellen Verfassung 
und eine veränderte Abgabengesetzgebung wieder 
hinfällig geworden, so daß die Kreisstände 
gegenwärtig nur noch über Verwendung der 
vorhandenen K Fonds Beschluß zu fassen haben 
und dasjenige, was sie zur Beförderung der Wohl- 
fahrt des K oder zur Abwendung der diesem 
drohenden Nachteile notwendig finden, „beraten 
und bevorworten" können (KTagsO § 4, 5), so- 
wie (unter Hinzutritt weiterer Wahlberechtigter) 
gewisse Wahlen zur ersten Kammer des Landtages 
zu vollziehen haben. Auf Anregung der ritter- 
schaftlichen K Stände sämtlicher K ist im Jahre 
1844 zur Gewährung von Hypothekentredit mittels 
Ausgabe verzinslicher Pfandbriefe der erblän- 
dische ritterschaftliche Kreditverein 
zu Leipzig begründet worden. 
Die Stände eines K bestehen aus zwei 
Korporationen: Ritterschaft und Städten. Zur 
Ritterschaft gehören die Besitzer derjenigen 
Herrschaften und Güter, welche bis 1821 zu den 
KKonventen konvoziert worden sind oder die 
K Standschaft später beigelegt erhielten. Die 
städtische Korporation besteht aus den Stadt- 
räten, welche im Jahre 1821 Deputierte zu dem 
erbländischen Landtage abzuordnen hatten. Die 
kreisständischen Angelegenheiten werden in jedem 
K durch einen seitens der K Stände aus der Mitte 
ihrer Ritterschaft gewählten vorsitzenden Stand 
(nebst Stellvertreter) geleitet, der zugleich das 
Direktorium der Ritterschaft führt. Vei der städti- 
schen Korporation liegt die Geschäftsleitung dem 
Stadtrate der K Stadt ob. KTage können nur auf 
Verlangen oder mit Genehmigung der Regierung 
Kreis (Sachsen) 
  
  
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– . 
gehalten werden. Jedes anwesende Mitglied der 
beiden Korporationen hat eine Stimmez in solchen 
Angelegenheiten, an denen beide Korporationen 
ein geteiltes Interesse haben, hat jede derselben 
besonders eine Kuriatstimme. 
Auch für die Wahlen zur ersten Kammer des 
Landtages (vgl. oben) hat sich durch die neuere 
Gesetzgebung (Nov. z. VU #. 3. 12. 68 und Land- 
tagswahlG## vom gleichen Tage) die Bedeutung 
der historischen „Kreise“ gemindert. Gegenwärtig 
werden nämlich im Meißener K (und in der Ober- 
lausitz) je drei, in den übcigen K je zwei Abge- 
ordnete für die erste Kammer auf Lebenszeit ge- 
wählt; wahlberechtigt sind aber nicht mehr bloß 
die Eigentümer sämtlicher im K gelegener Ritter- 
güter, sondern auch die Eigentümer der sonstigen 
Güter des platten Landes, welche mit mindestens 
3000 Einheiten zur Grundsteuer veranlagt sind, 
und den Vesitzern aller derartigen Güter, sofern 
diese mit mindestens 4000 Steuereinheiten belegt 
sind, steht die Wählbarkeit zu. Nur hinsichtlich des 
Verfahrens ist es dabei geblieben, daß die Wahlen 
in K Versammlungen erfolgen. Die K Vorsitzenden 
haben hierbei als Wahlvorsteher zu fungieren. 
Die Erträgnisse des ritterschaftlichen und kreis- 
ständischen Vermögens sind, da ihre Verwendung 
zu gemeinnützigen und wohltätigen Zwecken hin- 
länglich gewährleistet erscheint, von der Heran- 
ziehung zur Staatseinkommensteuer befreit (Urteile 
des O## v. 10. 12. 08). 
III. Ueber die von den erbländischen Verhält- 
nissen nicht unwesentlich abweichende Provinzial- 
verfassung der Oberlausitz (fz. B. unten 
5 4) val. Opitz, Sächs. Staatsrecht 1 S27, 66; 
Leuthold, Sächs. Staatsrecht 176. 
#§+#2. Verwaltungsbehörden sind die Kreishaupt- 
mannschaften in erster Linie. Sie sind als solche 
durch das landläufig als Organisationsgesetz 
bezeichnete G v. 21. 4. 73, die Organisation der 
Behörden für die innere Verwaltung betreffend, 
an die Stelle der vormaligen, im Jahre 1835 er- 
richteten K Direktionen (s. 5 1 unter lgesetzt worden, 
unterscheiden sich jedoch von diesen, abgesehen 
von der abweichenden Organisation, auch mohrfach 
hinsichtlich des Mirkungskreises (unten Zifser 2). 
1. Zahl und Zusammensetzung. 
Gegenwärtig gibt es fünf KÖH, nachdem zufolge 
Vuv. 10. 7. 00 (GMhl 481) den K# zu Bautzen, 
Dresden, Leipzig und Zwickau noch dicienige zu 
Chemnitz hinzugetreten ist. An der Spitze jeder 
KHPsteht ein Kreishauptmann, dem die 
zur Stellvertretung und Unterstützung erforder- 
lichen Beamten und das nötige Kanzleipersonal 
beigegeben werden. Die Behörde ist also — im 
Unterschiede von den früheren K Direktionen, die 
kollegial zusammengesetzt waren — bureaukratisch 
eingerichtet. Eine Ausnahme hiervon machen nur 
die Angelegenheiten, bei denen der Küusschuß 
(s. unten Ziffer 3) mitzuwirken hat, sowie ferner 
die in zweiter Instanz zu erteilenden Entscheidun- 
gen, welche, soweit bei ihnen nicht die Mitwirkung 
des KAusschusses eintritt, kollegialisch durch den 
KHauptmann und zwei der ihm beigegebenen 
Bcamten zu erfolgen haben. In gewissen Fällen 
wird andererseits von der Gesetzgebung überhaupt 
nicht die KH, sondern gerade zu der KHauptmann 
als die zuständige Stelle bezeichnet, so bei der 
Bestätigung der Wahl des Bürgermeisters und 
seines Stellvertreters in Städten mit Revidierter
	        
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