Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

Küstenmeer 
Lande zu betätigen, hat in der Staatenpraxis zu 
gewissen Abmilderungen der Handhabung der 
Gebietshoheit geführt, die im einzelnen allerdings 
nicht unbestritten sind. Ueber Einzelheiten (vgl. 
83) bestehen Staatsverträge. 
Für die Schutzgebiete gilt nichts Ab- 
weichendes. Die positiven Vorschriften, so auch 
die Staatsverträge, finden nur siunngemäße An- 
wendung. Vgl. noch § 3 Z. 3. 
Für die Konsulargerichtsbezirke 
wird das K. wie das Staatsgebiet des Empfangs- 
staates zu beurteilen sein (so englische Ver- 
träge). 
## 2. Die Erstreckung des Küstenmeeres. 
I. Bynkershoek hat (de dominio maris, 1703) 
die begreifliche Formel aufgestellt: impcrium 
terra finiri, ubi finitur armorum potestas; denn 
in seinem Zeitalter, so meinte er, sei es die Ge- 
walt der Waffen, die den Besitz sichere. An Stelle 
dieser automatisch wechselnden Abgrenzung ist 
seit Ausgang des 18. Jahrhunderts mehr und 
mehr die feste 3-Seemeilen-Grenze (rund 5600 m) 
zur Geltung gelangt; sie ist wiederholt in 
Staatsverträgen, besonders zum Vorbehalt des 
Fischereirechts (] für die Angehörigen des Ufer- 
staates, festgesetzt worden, so in dem Vt über 
die polizeil. Regelung der Fischerei in der Nord- 
see außerhalb der Küstengewässer v. 6. 5. 82 a 2; 
sie findet sich aber auch u. a. in der engl. territorial 
waters jurisdiction act v. 16. 8. 78 (Strafjustiz), in 
dem Suezkanal Vt v. 29. 10. 88 a 4 J Kanal C), 
in dem Panamakanal V§#v. 18. 11. 01 a III Ziff. 5 
ussw. Indes ist diese Abgrenzung keineswegs all- 
gemein anerkannt: England beansprucht im Zoll- 
interesse die Revision auf 12 Seemeilen, im gleichen 
Umfang bestimmt neuerdings Rußland seine 
„Seezollzone“ (G v. 10. 12. 09), Spanien setzt 
sich eine Grenze von 6, Norwegen von 4 See- 
meilen. Uebertriebene Ansprüche, wie sie die Ver- 
einigten Staaten von Amerika gegenüber englischen 
Robbenfängern für das Behringsmeer erhoben 
(100 Seemeilen), sind durch den Schiedsspruch v. 
1. 8. 93 gebührend zurückgewiesen worden !“ Jagd 
. Zweifelhaft bleibt hierbei noch der Ausgangs- 
punkt der Berechnung: ob höchster Wasserstand 
(röm. Recht), niedrigster Stand (Nordscefischerei- 
vertrag) oder gar „die jedesmalige den Wasser- 
spiegel begrenzende Linie des Landes" (§ 16 Abs 2 
Vereinszoll G v. 1. 7. 69). „In Buchten ist das 
Gebiet der 3 Seemeilen von einer geraden Linie 
ab zu rechnen, welche in dem dem Eingang der 
Bucht zunächst gelegenen Teile von einem Ufer 
desselben zum andern da gezogen gedacht wird, 
wo die Oeffnung zuerst nicht mehr als 10 See- 
meilen beträgt“ (àa 2 Vt v. 6. 5. 82). Weiter er- 
strecken sich Ansprüche in England (Kings cham- 
bers) und Nordamerika; vgl. jedoch den Schritt 
zur Einheit in dem Spruch des Haager Schieds- 
gerichts v. 7. 9. 10 (V. St. v. Amerika Eng- 30 
land). 
gende Versuch der niederländischen Regierung 
(1895), eine Einigung unter den Seemächten über 
eine 6-Seemeilen-Zone (für den Kriegsfall 12 See- 
meilen) herbeizuführen, ist ohne Ergebnis geblie- 
ben. Das ist zu bedauern, da eine ziffernmäßige 
Festlegung der unberechenbaren Abgrenzung 
durch die Tragweite der Geschütze vorzuziehen ist, 
Der Anregungen des intern. Instituts fol- 
der Geschütze Rechnung tragen müßte, was bei 
3 Seemeilen längst nicht mehr der Fall ist, 
ganz abgesehen von der jetzt gebotenen Be- 
rücksichtigung einer Einwirkung auf den Küsten- 
saum von der Luft her. Es wäre darum zu wün- 
schen, wenn die als Vorarbeit für die 3. Haager 
Friedenskonferenz von dem Institut de droit 
international (1911) ausgenommene Nachprüfung 
der Lehre vom mer territoriale (Revue de droit 
international 43, 598, auch Verhandl. des In- 
stituts in Christiania 1912) die Anerkennung der 
Staaten fände. Die Neigung geht wohl dahin, die 
Grenze nach dem verchiedenen Zwecke (Kriegs- 
schutz, Zollaufsicht, Fischerei usw.) verschieden weit 
zu ziehen (vgl. unten § 3). 
Der Haager Schiedsspruch über die neufund- 
ländisch-kanadische Fischerei v. 7. 9. 10 bietet An- 
sätze zu zweckdienlicher Fortbildung des Rechts 
im K. Bei einer Anzahl von Buchten wird für 
Anhaltspunkte (an Leuchttürmen usw.) zur Orien- 
tierung für die Fischer über die Grenzlinie Sorge 
getragen; eine Schiedskommission besteht, um 
die Einhaltung ider Vertragsbestimmungen 
durch die Anordnungen der Staaten zu über- 
wachen. 
Ueber das Watt JX Landesgrenze § 2 I. 
II. In einem anderen Sinne — nach geogra- 
phischen Merkmalen — wird die „Küste“ zum 
Maßstab für die Abgrenzung der Befähigung als 
Seeschiffer und Seesteuermann verwendet (VBR 
v. 16. 6. O3, Rö#l 247) und, wieder abweichend, 
iin den Unfallverhütungsvorschriften der Seeberufs- 
genossenschaft, doch auch für die Küstenschiffahrt 
(unten § 3 Z. 3). 
Ein weiteres Kriegsmarine. 
z 3. Einzelheiten. Der amphibische Charakter 
des K. in der Praxis (vgl. & 1 am Schlusse, auch 
Staatsdienstbarkeiten): 
1. Ein passagium innozium istfrem- 
den Schiffen, auch Kriegsschiffen, gestattet (arg. 
a 2 Abs. 3 des Nordseefischerei Vi v. 6. 5. 82). Unzu- 
lässig sind aber militärische Uebungen, Vermes- 
  
  
die Festlegung andererseits aber der Reichweite 
sungen, Aufnahme von Befestigungen und dgl. 
2. Das K. untersteht der Hoheit des Ufer- 
staates. Symbolisch ist die von dem Staate 
verlangte Priorität des Schiffsgrußes (Bgl. 
Perels &28). 
a) Für die Sicherheit der Fahr- 
straße hat der Uferstaat — d. i. in Deutschland 
der Einzelstaat, sofern nicht Interessen der Lan- 
desverteidigung in Frage kommen (X Kriegs- 
hafen] — zu sorgen: Unterhaltung der Seezeichen, 
Leuchtfeuer, Beseitigung von Wracks, Regelung 
des Lotsenwesens (JI. Uebereinstimmende Grund- 
sätze haben die Einzelstaaten für Leuchtfeuer usw. 
vereinbart (1. 3. 04), Grundsätze des Bundes- 
rats über Bezeichnung des Fahrwassers in den 
Küstengewässern (31. 7. 87, jetzt 13. 5. 12, Rl 
1 
2). 
Das Reich ist für Aufsicht und Gesetzgebung nach 
RVa 43Z. 9 zuständig. Grundzüge für die Auf— 
sicht sind unter dem 17. 11. 91 zwischen den Staa- 
ten vereinbart. Das Reichsmarineamt übt die 
Aufsicht innerhalb eines jeden der 5 Küstenbe- 
zirke (Rüstenbezirksamt) durch einen RKüstenbe- 
zirksinspektor (höheren Marineoffizier z. D.), vgl. 
Dienstanweisung v. 11. 11. 99 (nicht veröffentlicht). 
Wegen der Betonnung der Mündungen der Unter- 
ems, der Unterhaltung der Leuchttürme und Kü-
	        
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