IV. Unter dem neuen Gesetz sind bis Ende 1911
2,68 Mill. Mk. Darlehen bewilligt, davon für
Wassergenossenschaften 423 700 Mk., für Feld-
bereinigungen 467 500 Mk., für Wasserleitungen
1,17 Mill. Mk., für Wohnungsfürsorge 319 000 Mk.
Lüteratur: Braun, Die wirtschaftspolitische Ge-
setzgebung des Großherzogtums Hessen im Jahre 1902;
Troeltsch, Die hessische wirtschaftspolitische Gesetzgebung
im Jahr 1902 und ihre bisherigen Erfolge, in Jahrb GVerw-
BW 1005; Hecht, Der Europäische Bodenkredit 1, S 307 ff,
442 ff; Flachsbarth, Die hessische Landeshypotheken-
bank und ihre bisherige Entwicklung, Diss. 1908; Troch,
Die wirtschaftliche Bedeutung der staatlichen und provin-
zlalen Bodenkreditinstitute für den ländlichen Besitz (51. Heft
der Conradschen Sammlung), 1907. Troeltsch.
III. Hupothekenbanken #/ oben II S 421.
C. Landwirtschaftliches Unterrichts-
wesen
1. Einleltung. 1 2. Die höheren Unterrichtsanstalten:
a. landwirtschaftliche Institute an den Universitäten, b) selb-
ständige landw. akademische Lehranstalten. 1 3. Mittlere
Unterrichtsanstalten: Landwirtschaftsschulen. 1 4. Niedere
Unterrichtsan stalten: a) Ackerbauschulen, d) landwirtschaft-
liche Winterschulen. # 5. Die ländlichen Fortbildungsschulen.
#1 6. Allgemeine Vortragszyklen und Spezialkurse für prak-
tische Landwirte. # 7. Spezialschulen und verwandte.
*8. Wanderlehrer.
K1. Einleitung. Das l. U. unterliegt in Deutsch-
land der Verwaltung der Einzelstaaten des Reiches.
Die Regelung in den Einzelstaaten gründet sich
nicht auf Gesetze sondern auf ministerielle Ver-
ordnungen und Verbands- oder örtliche Statuten.
Während jedoch die höheren landwirtschaftlichen
Lehranstalten jetzt sämtlich Staatsinstitute sind,
ruht der mittlere und niedere landwirtschaftliche
Schulunterricht größtenteils in den Händen ein-
zelner Verbände öffentlichen und privaten Cha-
rakters, insbesondere der Landwirtschaftskam-
mern (unten S 751 ff.). Nur in Württemberg sind
sämtliche landwirtschaftlichen Unterrichtsanstalten
staatlich.
g 2. Die höheren landwirtschaftlichen Unter-
richtsanstalten.
I. Bereits um das Jahr 1700 hielt Thomasius an der Uni-
versität Hallc neben kamcralistischen Vorlesungen auch solche
über Landwirtschaft für künftige Kameralisten, aber erst
Friedrich Wilhelm I schuf besondere Lehrstätten, an denen
die Landwirtschaft eine eigentlich wissenschaftliche Behand-
lung erfuhr. Er ernannte im Jahre 1727 Peter Gasser zum
Professor der Oekonomie an der Universität Halle und
Christoph Dithmar zum Professor der Oekonomie an der
Universität Frankfurt a. O. Dieses Vorgehen des preußtl.
schen Königs gab den Anstoß zur Gründung ähnlicher Lehr-
stühle an den meisten Universitäten und höheren Bildungs-
stätten Deutschlandas. So wurden Prosessuren für Oeko-
nomie und Kameralwissenschaften geschaffen: 1730 in Rin-
teln, 1742 in Leipzig, 1745 in Helmstedt, 1752 in Wien,
1755 in Göttingen, 1763 in Jena und Erfurt, 1706 in Prag,
1770 in Heidelberg, Erlangen, Kiel und Landshut, 1771 in
Linz. In Gießen wurde im Jahre 1777 durch einen Erlaß
Landwirtschaft (C. Unterrichtswesen)
747
des Landgrasen Ludwig sogar eine ökonomische Fakultät
errichtet, welche aber später wieder aufgehoben wurde; auch
Marburg, Wittenberg und Greifswald erhielten 1785 und
Jena 1791 kameralistische Lehrstühle. In Kaiserslautern
wurde 1774 sogar eine eigene kameralistische Hochschule ge-
gründet, die aber nur kurze Zeit bestand und 1784 mit der
Universität Heidelberg vereinigt wurde. Diese Lehrstätten
brachten jedoch dem Landwirt wenig Nutzen und vermochten
eine wirkliche Förderung des Landwirtschaftsbetriebes nicht
zu erreichen, weil die für die Oekonomie berufenen Pro-
sessoren über zu geringe praktische wie theorctische landwirt.
schaftliche Kenntnisse verfügten und den Schwerpunkt ihrer
Wirksamkeit in die Vorbereitung und Ausbildung zukünfti-
"" Vonmnorerhren, ade kte fachwif schaf
ahnbrechend für eine exalte fachwissenschaft-
liche Schulung der Landwirte von Beruf wurde
erst Albrecht Thaer zu Celle in Hannover.
Er gründete auf Veranlassung von Friedrich Wil-
helm III. und dessen Minister Hardenberg auf dem
Rittergut Möglin, unweit Berlin, 1806 die erste
öffentliche höhere landwirtschaftliche Lehranstalt.
Zur Unterstützung des theoretischen Unterrichts
diente eine mit dem Unterricht verbundene größere
Gutswirtschaft. Dieser Anstalt wurde im Jahre
1819 vom König der Name „Königliche Akademische
Lehranstalt des Landbaues“ verliehen. Sie wirkte
bis 1862. Möglin wurde vorbildlich für die gleich-
falls in enger Anlehnung an größere landwirt-
schaftliche Betriebe im Anfang des vorigen Jahr-
hunderts geschaffenen, staatlichen landwirtschaft-
lichen Lehranstalten, die zumeist den Namen Aka-
demien erhielten. Die größere Anzahl von ihnen
lag isoliert, indem sie teils auf Gütern, teils in
kleineren Städten errichtet wurden. Es sind dies
Hohenheim in Württemberg (1818 von Schwerz
gegründet), Idstein in Nassau (1818 von Albrecht
errichtet), 1834 nach Hofgeismar bei Wiesbaden
verlegt, Schleißheim in Bayern (1822 von Schön-
leutner gegründet), 1852 nach Weihenstephan ver-
legt, Jena (1826 durch F. G. Schulze), Tharandt
im Kgr. Sachsen (1829 durch Schweizer), Eldena
bei Greifswald (1835 durch F. G. Schulze),
Regenwalde (1842 durch Sprengel), Proskau in
Schlesien und Bonn-Poppelsdorf (1847), Wcende
bei Göttingen (1851) und Waldau bei Königs-
berg in Pr. (1858).
II. Als Gegner dieser isoliert gelegenen Akade-
mien trat dann J. v. Liebig auf; er bekämpfte
sie auf das schärfste und forderte nachdrücklichst
ihre Verlegung an die Universität (Chemische
Briefe 1859 und Münchener Rede v. 26. 3. 1861).
Die Ansicht Liebigs fand zahlreiche Anhänger und
die Folge davon war, daß die meisten Akademien
aufgelöst wurden und zwar: Regenwalde 1859,
Möglin 1862, Waldau 1868, Tharandt 1869, Hof-
geismar 1871, Eldena 1877, Proskau 1880.
a) Dafür entstanden nun die landwirtschaft-
lichen Institute an den Universitäten und zwar
in Preußen: Halle 1863, Göttingen 1872, Kiel
1873, Königsberg i. Pr. 1876, Breslau 1881, im
Königreich Sachsen Leipzig 1869, im Großhezgt.
Hcssen Gießen 1871, im Großhzgt. Mecklenburg-
Schwerin Rostock. In Jena wurde die Akademie
nach dem Ableben Schulzes (1860) zum Univer-
sitätsinstitut erhoben. Auch einer technischen Hoch-
schule (München) wurde 1874 eine landwirtschaft-
liche Abteilung angegliedert.
Das Hallenser Institut, von Julius Kühn er-
lichtet und nach seinem Tode von F. Wohltmann