Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

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Landwirtschaft (D. Berufsvertretungen) 
  
  
darin, den in der landw. Technik gemachten Fort- 
schritten innerhalb ihres Bezirks möglichste Ver- 
breitung zu verschaffen und Maßregeln zur He- 
bung des Ackerbaus und der Viehzucht zu treffen. 
Viele Zentralvereine haben zu dem Zwecke 
landw. Versuchsstationen gegründet. Die meisten 
Aufgaben der Zentralvereine, z. B. die Vertretung 
der landw. Interessen gegenüber der Staatsregie- 
rung, die Verwendung der von dieser für die 
Landwirtschaft bestimmten öffentlichen Mittel sind 
jedoch inzwischen durchweg auf die Landwirt- 
schaftskammern übergegangen. 
II. Die oberste Stufe der landw. Ver- 
eine, die stellenweise ganz oder zum Teil amtlichen 
Charakter tragen, sind: 
1. Für das Deutsche Reich der deutsche 
Landwirtschaftsrat. Dieser, am 8. 4. 
1872 gegründet, hat nach seinen Statuten (von 
1872 mit Aenderungen vom Jahre 1885, 1893, 
1895, 1899, 1901 und 1909) den Zweck, die landw. 
Interessen im Gesamtumfange des Deutschen 
Reiches wahrzunehmen und überall wo diese 
durch die Reichsgesetzgebung oder durch Anord- 
nungen und Maßregeln der Reichsverwaltung ge- 
fördert werden können oder geschädigt zu werden 
Gefahr laufen, nicht nur die etwa von ihm ge- 
forderten Gutachten abzugeben, sondern auch un- 
aufgefordert und beizeiten an den RK motivierte 
Vorstellungen zu richten, oder sich mit Anträgen 
an den RX zu wenden. Er besteht aus den Ab- 
geordneten derjenigen in den deutschen Bundes- 
staaten und den deutschen Kolonien errichteten 
landw. Vertretungen, welche kraft Gesetz oder 
Verordnung als die berufenen Vertretungen der 
Landwirtschaft von ihren Staatsregierungen aner- 
kannt sind. Die Zahl dieser Abgeordneten beträgt 
75, von denen 25 auf Preußen, 9 auf Bayern, je 5 
auf Sachsen und Württemberg, 4 auf Baden, je 3 
auf Hessen und die Reichslande, je 2 auf Mecklen- 
burg-Schwerin und Braunschweig und je 1 auf 
die übrigen Staaten entfallen. An der Spitze 
steht ein Vorsitzender (Präsident), der nebst 2 tell- 
vertretern auf jedesmal 3 Jahre gewählt wird. 
Dieser Vorstand nebst 12 Ausschußmitgliedern, die 
ebenfalls auf je 3 Jahre gewählt werden, bilden 
den Ständigen Ausschuß. Die laufende Verwal- 
tung führt ein Generalsekretär. 
2. Preußen: das Landes-Oeko- 
nomie-Kollegium. Im Jahre 1842 ins 
Leben gerufen, ist es wiederholt (Regl v. 24. 6. 59, 
24.D 5. 70, 24. 4. 78 und v. 10. 12. 98) reorganisiert 
worden. Es hat jetzt die Bestimmung, dem Min- 
Landw als dessen regelmäßiger Beirat in der 
Förderung der Land= und Forstwirtschaft und 
ferner den Landwirtschaftskammern für die Bear- 
beitung gemeinschaftlicher Angelegenheiten als 
Geschäftsstelle zu dienen. Seinen Sitz hat es in 
Berlin und besteht aus den von den Landwirt- 
schaftskammern von 3 zu 3 Jahren gewählten (25) 
Mitgliedern, von denen wie beim deutschen Land- 
wirtschaftsrat auf jede Provinz 2, auf Hohenzollern 
1 entfallen und aus Mitgliedern, die vom Min für 
die gleiche Zeit ernannt werden. Die Zahl der 
letzteren soll jedoch 16 der gewählten Mitglieder 
(also 9) nicht überschreiten. Der Vorsitzende und 
sein Stellvertreter werden von dem Kollegium 
aus seiner Mitte gewählt, die Geschäfte führt ein 
Generalsekretär. Zur Wahrnehmung der ihm 
überwiesenen gemeinsamen Angelegenheiten der 
  
  
Landwirtschaftskammern ist von dem Kollegium 
eine „ständige Kommission des Landes-Oekono- 
mie-Kollegiums (Zentralstelle für die Landwirt- 
schaftskammern)“ eingesetzt worden, in der jede 
Landwirtschaftskammer vertreten sein muß. Diese 
hat sowohl die Einzelgutachten und Beschlüsse der 
Landwirtschaftskammern zu einem Gesamtgut- 
achten zusammenzuarbeiten, als auch durch Samm- 
lung von Material den Landwirtschaftskammern 
die Bearbeitung gemeinschaftlicher Angelegenhei- 
ten zu erleichtern, endlich auch die gemeinschaft- 
lichen Angelegenheiten der Kammern in der Zeit 
zu vertreten, wo das Landes--Oekonomie-Kolle- 
gium zu einer Sitzung nicht versammelt ist. 
3. Bayern: der bayerische Landwirt- 
schaftsrat. Früher stand an der Spitze 
der landw. Interessenvertretung das sog. General- 
komitee mit 8 Kreiskomitees entsprechend den 
8 Reg Bezirken. An seine Stelle ist der bayerische 
Landwirtschaftsrat getreten. Es ist jedoch die Er- 
richtung von Landwirtschaftskammern auf gesetz- 
licher Grundlage in Aussicht genommen. 
4. Sachsen: der Landeskult ur- 
rat für das Königreich Sachsen in Dresden. 
Nachdem er durch Gv. 30.4.06 neu organisiert ist, 
besteht er aus 28 ordentlichen Mitgliedern, näm- 
lich den jedesmaligen Vorsitzenden der 5 landw. 
Kreisvereine, 13 durch die land= und forstwirt- 
schaftlichen Unternehmer gewählten Personen, 
3 von dem Min ernannten, der Land= oder Forst- 
wirtschaft kundigen Personen, je einem Vertreter 
der Volkswirtschaft, der Forstwissenschaft, der 
landw. Lehranstalten, der landw. Versuchsanstal- 
ten und des landw. Genossenschaftswesens — die 
durch die vorher genannten Mitglieder gewählt 
werden — dem Vorsitzenden des Ausschusses für 
Gartenbau und einem Generalsekretär. Zum 
Zwecke der Vertretung, Förderung und Fortbil= 
dung der Land- und Forstwirtschaft und des 
Gartenbaus hat der Landeskulturrat insbesondere 
das Recht, selbständige Anträge, Wünsche und An- 
regungen der Staatsregierung gegenüber zu äu- 
ßern und zu vertreten, ferner die Verpflichtung, 
der Staatsregierung als sachverständiges Organ 
auf dem Gebiete der Gesetzgebung und Verwal- 
tung zu dienen und endlich die Befugnis, Ein- 
richtungen und Anstalten, deren Wirksamkeit sich 
auf das ganze Land erstreckt, ins Leben zu rufen, 
zu unterstützen oder zu unterhalten. Zur Deckung 
seiner Ausgaben kann er, soweit dazu der Staats- 
zuschuß nicht ausreicht, von den wahlberechtigten 
land= und forstwirtschaftlichen Unternehmern Bei- 
träge erheben. 
5. Württemberg: die Zentralstelle 
für die Landwirtschaft. Auch hier ist 
die Errichtung einer Landwirtschaftskammer in 
Aussicht genommen. 
6. Für Mecklenburg-Schwerin, 
Mecklenburg-Strelitz, Koburg, Sach- 
sen = Meiningen, die beiden Lippe, 
Rudolstadt, die beiden Reuß, Ham- 
burg, Bremen und Elsaß-Lothrin- 
gen bestehen gemeinschaftliche Vertretungen 
teils in der Form eines Landwirtschaftsrats, teils 
als Hauptverein. In den übrigen deutschen Staa- 
ten, nämlich Baden, Hessen, Olden- 
burg, Weimar, Braunschweig, Go- 
"tha, Altenburg, Anhalt, Sonders- 
hausen, Waldeck, Lübeck werden die
	        
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