Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
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Lebensversicherung 
  
  
  
Die hauptsächlichsten Bilanzposten der dent- VVG). 
schen Unternehmungen in 1000 Mark: 
Aktienkapital 163 827 
Prämienreserwen und Ueberträge 1 111 787 
Gewinnreserven der Versicherten 396 635 
Sonstige Reserven 178 675 
Bilanzgewinn 146 032 
# 3. Der Lebensversicherungsbertrag. Für 
die rechtlichen Beziehungen zwischen Versicherer 
und Versicherten kommen die Bestimmungen des 
R# über den Versicherungs VW v. 30. 5. 08 ( VVG) 
in Betracht, insoweit nicht die Versicherungsbe- 
dingungen ergänzend oder abändernd eingreifen. 
Das VV# faßt die LV als eine Art der Personen- 
versicherung auf (§ 1 Satz 2), für die, abgesehen 
von den allgemeinen Vorschriften für sämtliche 
Versicherungszweige (§& 1—48), die besonderen 
Vorschriften über LV (F§F 159—178) zur Anwen- 
dung kommen. Die letzteren befassen sich mit dem 
Zustandekommen des Vertrags (§& 159, 160), 
mit der Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers 
und der Gefahrerhöhung (S§s 161—164), mit der 
Stellung des bezugsberechtigten Dritten (§#§ 166 
bis 168), mit dem Eintritt des Versicherungsfalls 
(#ss 169, 171). 
Von den Eigentümlichkeiten des L Ver- 
trags sind als charakteristisch zwei zu erwähnen. 
er Versicherungsnehmer hat das Recht, das 
Versicherungsverhältnis jederzeit für den Schluß 
der laufenden Versicherungsperiode zu kündigen 
(5 165 Abs 1), wobei unter Versicherungsperiode 
der Zeitraum eines Jahres verstanden wird, sofern 
nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten be- 
messen ist (§ 9). Dieses Recht entspricht einem in 
der Natur der LV begründeten Bedürfnisse; die 
einem Wechsel in besonderem Maße unterliegende 
eigene Leistungsfähigkeit des Versicherungsneh- 
mers und seine Beziehungen zu anderen sind für 
den Abschluß und die Fortsetzung einer LV von 
ausschlaggebender Bedeutung. Zweitens hat der 
Versicherungsnehmer, wenn das Versicherungs- 
verhältnis mindestens drei Jahre bestanden hat 
und die Prämie für diesen Zeitraum gezahlt ist, 
bei vorzeitiger Aufhebung des Versicherungsver- 
hältnisses ein besonderes, auf der Ansammlung der 
„Prämienreserve (siehe §& 5) beruhendes Ver- 
mögensrecht. Dieses Recht besteht in der Umwand- 
lungsmöglichkeit der Versicherung in eine prämien- 
freie (§ 174 VVG). Wird die Umwandlung ver- 
langt, so tritt an die Stelle des vereinbarten 
Kapital- oder Rentenbetrags der Betrag, der sich 
für das Alter desjenigen, auf dessen Person die 
Versicherung genommen ist, als Leistung des Ver- 
sicherers ergibt, wenn die auf die Versicherung 
entfallende Prämienreserve als einmalige Prämie 
angesehen wird. Von dem sich hiernach ergeben- 
den Betrage kann der Versicherer einen ange- 
messenen Abzug machen. 
Eine besondere Stellung nimmt die Kapitalver- 
sicherung für den Todesfall ein, die in der Art 
genommen ist, daß der Eintritt der Verpflichtung 
des Versicherers zur Zahlung des vereinbarten 
Kapitals gewiß ist. Bei diesen Versicherungen mit 
unbedingter Leistungspflicht hat der Versicherer 
ebenfalls das Recht, das Versicherungsverhältnis 
jederzeit für den Schluß der laufenden Versiche- 
rungsperiode zu kündigen, selbst wenn die Prämie 
  
— — — 
  
—— —— — — —— — —— 
in einer einmaligen Zahlung besteht (s§ 165 Abfs 2 
— — — - —7 
Wird eine derartige Versicherung ge- 
kündigt oder durch Rücktritt aufgehoben, so hat 
der Versicherer entweder den Anspruch auf Um- 
wandlung der Versicherung in eine prämienfreie 
oder den Anspruch auf Erstattung der auf die Ver- 
sicherung entfallenden Prämienreserve, vermin- 
dert um einen angemessenen Abzug (5 176). Die 
Rückerstattung der Prämienreserve wird gewöhn- 
lich als Rückkauf, Rückgewähr, Abgangsvergütung 
bezeichnet. 
Von der Umwandlung der Versicherung in eine 
prämienfreie und von der Erstattung der Prämien- 
reserve kann mit Genehmigung der Aufsichtsbehör- 
de bei kleineren Versicherungsvereinen im Sinne 
des §J 53 VV0, bei der Sterbegeld-Volksversiche- 
rung und den sonstigen Arten der L V mit kleineren 
Beträgen abgesehen werden (5 189 BVV). 
#ö4. Betrieb der Lebensversicherung. Seit In- 
krafttreten des Roe v. 12. 5. 01 (RGBl 139 
[V2AGlI) kann die LV. — in dieser Beziehung ist 
ihr die Invaliditäts-, Alters-, Witwen-, Waisen-, 
Aussteuer- und Militärdienstversicherung gleichge- 
stellt — von deutschen Gesellschaften betrieben 
werden nur in der Form von Versicherungsver- 
einen auf Segenseitigkeit und von, den Be- 
stimmungen des HG unterliegenden, Aktien- 
gesellschaften (§ 6). Die ersten sind Personenver- 
einigungen, die ihre Mitglieder nach dem Grund- 
satz der Gegenscitigkeit, also in der Weise ver- 
sichern, daß jeder Versicherte auch zugleich Ver- 
sicherer ist. Die Versicherungsvereine sind in An- 
lehnung an das Recht der Aktiengesellschaften in 
s#5s 15—53 VV0 geregelt. Sie zerfallen in zwei 
Gruppen: in große, der Handelsregistereintragung 
unterliegende, und in kleinere, von der Eintragung 
befreite, sachlich, örtlich oder hinsichtlich des Per- 
sonenkreises eng begrenzte Vereine (s 563). Für 
die letzte Gruppe ist subsidiär das Vereinsrecht 
maßgebend. Ausländische Unternehmun- 
gen, die im Inland das L BGeschäft betreiben, 
unterliegen diesen Beschränkungen nicht, ihre Ver- 
fassung und Organisation regelt sich nach ihrem 
Heimatsrecht. 
Die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb wird 
deutschen Gesellschaften durch die Aufsichtsbehörde 
erteilt, deren Entscheidung im Wege des Verw- 
Streitverfahrens oder des Rekurses angefochten 
werden kann (55 73, 74, 84 VA-). Die Erlaub- 
nis darf nur aus einem der in 37 VA angeführ- 
ten Gründe versagt werden, nämlich wenn der 
Geschäftsplan den gesetzlichen Vorschriften zu- 
widerläuft, wenn nach dem Geschäftsplan die 
Interessen der Versicherten nicht hinreichend ge- 
wahrt sind oder die dauernde Erfüllbarkeit der 
aus den Versicherungen sich ergebenden Verpflich- 
tungen nicht genügend dargetan ist, wenn endlich 
Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfer- 
tigen, daß ein den Gesetzen oder den guten Sitten 
entsprechender Geschäftsbetrieb nicht stattfinden 
wird. Die Zulassung kann — bei ausländischen 
Gesellschaften regelmäßig — von der Stellung 
einer Kaution abhängig gemacht werden. Die 
Zulassung ausländischer Unternehmungen zum 
Geschäftsbetrieb spricht der Reichskanzler nach 
freiem Ermessen aus. Die Erlaubnis darf nur dann 
erteilt werden, wenn das Aufsichtsamt für Privat- 
versicherung nach Anhörung des Versicherungs- 
beirats sich gutachtlich dahin geäußert hat, daß 
keiner der in 3 7 bezeichneten Gründe zur Versa- 
 
	        
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