Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
Mediatisierte (Rechtserwerb u. -Verlust) 
und der des Kreises Wetzlar unbeschadet des dem 
Kreistage zustehenden Vorschlagsrechtes nach An- 
hörung des Fürsten zu Wied bezw. der Fürsten zu 
Solms-Braunfels und zu Solms-Hohensolms-Lich 
ernannt werden. Endlich erfolgt in den Land- 
bürgermeistereien der Kreise Neuwied und Wetzlar, 
zu denen standesherrliche Besitzungen der drei 
genannten Fürsten gehören, die Ernennung und 
kommissarische Bestellung der Bürgermeister nach 
Anhörung der Fürsten. Nur in betreff der Er- 
nennung der Vorsteher der aus Besitzungen der 
genannten Fürsten gebildeten Kommunalverbände 
hat es bei der Bestimmung der mit ihnen ge- 
schlossenen Rezesse sein Bewenden behalten. 
Ebenso ist die eigene Verwaltung der Standes- 
herren in den anderen deutschen Staaten erloschen. 
In Baden ist nur die niedere Polizei in den Schloß- 
bezirken geblieben. 
c) Dagegen ist den M. eigene Vermö- 
gensverwaltung, besonders der Domä- 
nen durch Beamte), die eidlich verpflichtet 
und mit entsprechenden Titeln beliehen wer- 
den, sowie das Patronat verblieben. Eine 
ausgedehntere Kirchen-= und Schulverwal- 
tung haben nur die drei Stolberger Fürsten in 
ihren Grafschaften durch ihre Konsistorien (un- 
mittelbar dem Minister und Oberkirchenrat unter- 
stehend). Die Fürsten Stolberg haben auch noch 
ein eigenes Bergamt (Ob über den preuß. Hof 
und Staat 1913, 535, 542). 
2. Die Grundsteuerfreiheit hat das 
Schicksal der sonstigen Steuerfreiheit geteilt. In 
Preußen hatten zwar die G über die Grund= und 
Gebäudesteuer v. 21. 5. 61 die Steuerfreiheit der 
Domanialgrundstücke und der dazu gehörigen Ge- 
bäude der M. anerkannt, soweit sie nicht selbst 
in besonderen Verträgen auf die Grundsteuerfrei- 
heit Verzicht geleistet hatten. Grund und Gebäude- 
steuer sind jedoch seit 1893 für den Staat außer 
Hebung gesetzt und den Gemeinden überlassen. 
Ihnen gegenüber besteht die bisherige Steuerfrei- 
heit nach § 21 KommAbg v. 14. 7. 93 fort, ist 
aber zum zwanzigfachen Jahresbetrage ablösbar. 
3. Einqguartierungsfreiheit im 
Frieden nach § 4 B(k/ v. 25. 6. 68. 
  
jedoch keine Befreiung von der allgemeinen Wehr- 
pflicht genießen: ihr Verhältnis gründet sich auf 
einen privatrechtlichen Dienstvertrag. 
5. Die Standschaft. Bei a 14 Nr. 2 der 
Bundesakte war das ständische Verf System 
vorausgesetzt, wonach mit dem Besitze gewisser 
Grundstücke die persönliche Landstandschaft ver- 
bunden war. Dieser bundesrechtlichen Bestim- 
mung ist dadurch Rechnung getragen, daß die 
Häupter der mediatisierten Familien, als Besitzer 
ihrer Standesherrschaft in dem Staate, in dem sie 
belegen, verfassungsmäßig als erbliche Mitglieder 
in die Erste Kammer berufen sind. /Landtag 
und unten den Anhang „Standesherren“. 
6. Die Bundesakte a 6 hatte es der Erwägung der Bun- 
desversammlung vorbehalten, ob den M. einige Kuriatstim. 
men im Plenum der Bundesversammlung zugestanden 
werden sollten. Trotz der Verwendung des Aachener Kon- 
greises hierfür ist den M. keine Vertretung in der Bundes- 
versommlung gewährt worden. Ebensowenig sind sie im 
Bundesrate oder Reichstage des neuen Deutschen Reiches 
irgendwie besonders vertreten. 
# 4. Erwerb und Verlust der Rechte. 
1. Die persönlichen Vorrechte sind ab- 
hängig von der Zugehörigkeit zu einer ehemals 
reichsunmittelbaren, zur Reichsstandschaft berech- 
tigten Familie (vgl. jedoch oben §# 1 a. E.). 
Die dinglichen Vorrechte haben zur 
Voraussetzung den Besitz des ehemals reichsun- 
mittelbaren und zur Reichsstandschaft berechtigten 
Gebietes. Dieses Erfordernis ist jedoch nicht 
streng festgehalten worden. Vielmehr hat man 
auch mehreren, persönlich zu den ehemals Reichs- 
unmittelbaren gehörigen Personen für in ihrem 
Besitze befindliche Gebiete, die niemals Reichs- 
unmittelbarkeit und Reichsstandschaft genossen, die 
dinglichen Vorrechte der M. eingeräumt. Der 
bekannteste Fall sind die in der Provinz Sachsen 
belegenen Besitzungen der Fürsten von Stolberg, 
die Grafschaften Stolberg-Wernigerode, Stolberg- 
Stolberg und Stolberg-Roßla, die beim Unter- 
gange des alten Reiches schon nicht mehr reichs- 
unmikttelbar waren, sondern unter brandenburg- 
pPrenupßischer bezw. sächsischer Landeshoheit standen. 
4. Dingliche Ehrenrechte. Die Bun- 
desakte enthält direkt nichts von Ehrenrechten der 
Standesherren in Beziehung auf ihre Gebiete, 
wohl aber die bayerische V v. 19. 3. 1807, welche 
seitens der Bundesstaaten den von ihnen zu 
treffenden Anordnungen zugrunde gelegt werden 
sollte. Die Landesgesetzgebung bestimmt in dieser 
Beziehung, daß der Standesherren und ihrer 
Familien in den standesherrlichen Bezirken beim 
Kirchengebete Erwähnung geschehen darf. 
Ebenso kann beim Ableben des Standesherren, 
seiner Gemahlin und seines vermutlichen Nach- 
folgers öffentliche Trauer stattfinden 
vermittels Trauergeläutes und Unterlassung öffent- 
licher Lustbarkeiten. Endlich in Preußen und 
Bayern ist den Häuptern der standesherrlichen 
Familien das Recht eingeräumt, innerhalb des 
standesherrlichen Bezirkes aus ihren Privatein- 
künften Ehren wachen zu unterhalten, die 
–. n“ 
1) Wegen der Befreiung von der Versicherungsoflicht 
nad) dem R v. 20. 12. 1911 (Angestelltenversicherung) 
vgl. & 14 d. Rö und Bek des Bundesrats v. 10. 2. 13 
(RZBl 182). D. H. 
  
Ferner gehörten hierher der Herzog von Croy 
wegen Dülmen, der Fürst von Bentheim-Stein- 
furt wegen Steinfurt und der Fürst von Bent- 
heim-Tecklenburg wegen Rheda. Jedenfalls sind 
jedoch die dinglichen Vorrechte der Standesherren 
an ein bestimmtes Gebiet geknüpft. Das Haupt 
der Familie erwirbt die Sonderstellung mit dem 
Besitze des standesherrlichen Gebietes und ver- 
liert sie mit dessen Aufgabe. 
Da die dinglichen Vorrechte den mediatisierten 
Familien für die in ihrem Besitze befindlichen 
Gebiete zugesichert sind, so ist der Uebergang des 
Besitzes von einem Familienmitgliede auf ein 
anderes ein rein innerer Vorgang, der das Ver- 
hältnis des Gebietes zum Staate nicht berührt. 
Die der Familie für alle ihre Glieder, sobald sie 
in den Besitz der Standesherrschaft kommen, zu- 
gesicherte Sonderstellung geht einfach von einem 
Familienmitgliede auf ein anderes über. Der 
Erwerber wird Haupt der Familie, der Veräußerer 
tritt unter die übrigen Familienmitglieder zurück. 
Anders ist es dagegen, wenn ein Standesherr 
in gesetzlich zulässiger Weise sein Gebiet an einen 
Fremden veräußert. Die Eigentumsrechte, na- 
mentlich Domänen und Privatgüter können unter
	        
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