Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
Bayern 73 
  
der Hälfte der Magistratsmitglieder, daß die 
Mehrheit zustimmte. Bei Stimmengleichheit ent- 
scheidet die Stimme des Vorsitzenden. Niemand 
darf sich der Abstimmung enthalten. Wird das 
Privatinteresse eines Magistratsrates unmittelbar 
berũhrt, so darf er an der Beratung und Abstim- 
mung nicht teilnehmen. 
e) Der Magistrat kann mit Zustimmung der 
Gem Bevollmächtigten Senate bilden; zur 
Gültigkeit ihrer Beschlüsse gehört, daß 5 Mitglie- 
der teilgenommen haben. Einzelne Gegenstände 
müssen in „Plenar-Sitzungen“ erledigt werden. 
Die Verhandlungen des Magistrats und der Se- 
nate sind öffentliche, soweit nicht Rücksichten auf 
das Wohbl des Staates, der Gem und berechtigte 
Ansprüche Dritter entgegenstehen. Zur Ver- 
waltung örtlicher Stiftungen, von Anstalten, Un- 
ternehmungen usw., zur Besorgung bestimmter 
Geschäfte (auch der wichtigsten) kann der Magistrat 
Ausschüsse bilden aus Mitgliedern des Ma- 
gistrats oder Bürgern (also auch Gem Bevollmäch- 
tigten). Der Bürgermeister oder ein von ihm be- 
stimmtes Magistratsmitglied führt den Vorsitz. 
Diese Ausschüsse handeln namens des Magistrats 
und nach seinen Anweisungen. Das dem Aus- 
schuß übertragene Geschäft kann auch die Vor- 
bereitung der kollegial zu erledigenden Angelegen- 
heiten sein. Auch gemeinschaftliche Ausschüsse aus 
Mitgliedern beider Kollegien können zur Vorbe- 
reitung von Beratungsgegenständen gebildet wer- 
n. 
2. Dem Magistrat stehen gegenüber als „Ver- 
tretung der Gemeinde“ die Gemeinbdebe- 
vollmächtigten" (Gem), welche ohne 
nach außen handeln zu können, den Magistrat in 
seinen Befugnissen beschränken. Ihre Zahl ist 
immer die dreifache der bürgerlichen Magistrats- 
räte; sie werden im Ehrenamt auf 9 Jahre ge- 
wählt, alle 3 Jahre scheidet ein Drittel aus. Sie 
wählen jedes Jahr einen Vorstand und einen 
Schriftführer; sie geben sich eine Geschäftsord- 
nung. Hinsichtlich der Gültigkeit ihrer Beschlüsse 
gilt das nämliche wie beim Magistrat. Die Zu- 
stimmung der Gem Bevollmächtigten wird vom 
Gesetz zu einer Reihe von Magistratsbeschlüssen 
gefordert, insbesondere wo Belastungen der Gem 
in Frage kommen; doch bedarf es einer ausdrück- 
lichen gesetzlichen Bestimmung (vgl. a 112 Gem0O). 
Die Vermutung spricht für die alleinige Zustän- 
digkeit des Magistrats. Die Gem B können ihre 
Zustimmung auch an Bedingungen knüpfen, doch 
können sie sich hiedurch nicht eine Zuständigkeit 
verschaffen, die ihnen das Gesetz verweigert. Bei 
der Feststellung des Haushaltplanes ist im we- 
sentlichen ihre Beschlußfassung maßgebend. Die 
Gem B können Sachverständige hören; sie prüfen 
die Gem= und Stiftungsrechnungen. Sie haben 
als Körperschaft das Recht auf Einsicht jener 
Akten, „deren sie zu ihren Beratungen bedürfen“. 
Die Gem B können selbständige Anträge in den- 
jenigen Angelegenheiten stellen, die ihrer Mit- 
wirkung vorbehalten sind; im übrigen können 
sie „Anregungen“ geben, auf welche der Ma- 
gistrat antworten muß. Der Magistrat kann 
zu den Sitzungen der Gem B Mitglieder abord- 
nen; die Gem B können eine solche Abordnung 
verlangen; von diesen Rechten wird aber nur 
geringer Gebrauch gemacht. 
Hat eines der beiden Kollegien einen Beschluß 
  
gefaßt, der die Zustimmung des anderen bedarf, 
diese aber nicht findet, so kann gemeinsam Bera- 
tung stattfinden, nach welcher beide Körper ge- 
trennt abstimmen. Der ablehnende behält Recht. 
3. Besonderheiten. a) Die GemOrd- 
nung kennt einige Fälle, in welchen ein Beschluß 
nur mit Zustimmung einer bestimmten Zahl von 
Gem Bürgern gefaßt werden kann, so beim An- 
trag auf Einreihung in die „unmittelbaren“ Städte, 
beim Rücktritt in die Klasse der Land Gem usw. 
b) Das Armengesetz von 1869 überträgt die 
Verwaltung des Armenwesens dem Armen- 
pflegschaftsrat. Er besteht aus den Bür- 
germeistern, aus Magistratsmitgliedern, Gem Be- 
vollmächtigten — deren Zahl diese Kollegien über- 
einstimmend bestimmen — dann aus durch diese 
(vereinigten) Kollegien gewählten „Armenpfleg- 
schaftsräten", ferner aus dem Bezirksarzt, den 
Pfarrvorständen und dem Vorstand der Israeliti- 
schen Kultus Gem. Vorstand ist der (erste) Bürger- 
meister. 
c) Die inneren Schul angelegenheiten wer- 
den unter Leitung der Regierungen von den 
Schulinspektionen (in unmittelbaren Städten von 
den Lokalschulkommissionen) verwal- 
tet. Bei diesen Behörden wirken die Magistrate 
durch Abordnung von Mitgliedern mit. Der (1.) 
Bürgermeister ist Vorsitzender der Lokalschul- 
kommission. 
d) In München verwaltet die Baupolizei eine 
besondere städtische Behörde, die Lokalbaukom= 
mission, in welche der Magistrat Mitglieder ab- 
ordnet. Der (1I.) Bürgermeister ist der Vorsitzende. 
e) Die Gem Ordnung kennt in den Städten noch 
Distriktsvorsteher, welche den Magist- 
rat unterstützen und in polizeilichen Angelegen- 
heiten im Falle eines augenblicklichen Bedürf- 
nisses an Stelle des Bürgermeisters handeln; 
größere Bedeutung hat diese Einrichtung nicht ge- 
wonnen. 
# 4. Landgemeinden rechts des Rheins. 
a) Die Verwaltung besorgt der auf 6 Jahre ge- 
wählte ehrenamtliche Gemeindeausschuß, 
der gebildet wird aus dem Bürgermeister, dem 
Beigeordneten (Vertreter des Bürgermeisters) 
und 4—24 Gem Bevollmächtigten (je nach der 
Größe der Gemeinde). Der Bürgermeister ist 
Vorstand und Vorsitzender des Gem Ausschusses, 
dessen Beschlüsse er vorbereitet und vollzieht. 
Gewisse Obliegenheiten sind ihm selbständig über- 
tragen insbesondere die Führung von Listen, 
Inventaren, der Registratur usw. Er leitet die 
Geschäfte und vollzieht die Ausfertigungen, die 
aber, wenn eine Verpflichtung der Gem begrün- 
det werden soll, noch von 2 anderen Ausschußmit- 
gliedern unterzeichnet sein müssen. Die Gültigkeit 
der Beschlüsse hat die nämlichen Voraussetzungen 
wie jence der Magistrate (s. 5 3, Ib). In polizci- 
lichen Angelegenheiten ist der Bürgermeister Gem- 
Behörde; die übrigen Gem Ausschußmitglieder un- 
terstützen ihn hiebei nach seinen Weisungen. Orts- 
polizeiliche Vorschriften beschließt der Gem Aus- 
schuß, wie auch polizeiliche Einrichtungen, die 
Geld kosten. Besondere Ausschüsse können 
wie in den Städten gebildet werden. 
b) In bestimmten Fällen z. B. bei Aenderung 
der GemßGrenzen, Aufnahme eines Anlehens, 
dann wenn die Gem Versammlung durch statuta- 
rischen Beschluß in gesetzlich bestimmten Fällen
	        
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