Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
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Militärwesen (A. Organisation) 
  
aktiven Miln"Dienst oder Zivildienst sowie, wenn 
Klage wegen Hochverrats usw. erhoben ist. Das 
Recht auf den Bezug der Pensionen erlischt 
mit Wiederanstellung in Stellen des aktiven Mili- 
tärdienstes, mit denen der Bezug von Gehalt ver- 
bunden ist und nach §#22 durch rechtskräftige Verur- 
teilung zu Zuchthaus wegen Hochverrats, Landes- 
Kriegsverrats und Verrats militär. Geheimnisse. 
§& 3. Die Versorgung der Personen der Unter- 
klassen des Reichsheers, der Marine und der 
Schutztruppen ist ebenfalls, durch ein zweites 
Gv. 31. 5. 06, neu geregelt. Sie erfolgt durch 
Gewährung einer Rente, des Zivilversorgungs- 
scheins, oder einer Zivilversorgungsentschädigung, 
bedingter Renten oder durch eine einma- 
lige Abfindung (Versorgung in einem In- 
validenhaus entsprach einer Zeit, da ein 
großer Prozentsatz der Soldaten das Kriegshand- 
werk als Lebensberuf trieb: das preuß. Invaliden= 
haus wurde 1748 eröffnet und mit 570 Gemeinen 
und 9 Offizieren belegt). 
Anspruch auf „Militärrente“ haben die zur 
Klasse der Unteroffiziere und Gemeinen gehören- 
den Personen des Soldatenstandes, wenn und 
solange ihre Erwerbsfähigkeit infolge einer Dienst- 
beschädigung aufgehoben oder um wenigstens 
10% gemindert ist. Kapitulanten mit mindestens 
8jähriger Dienstzeit haben diesen Anspruch, 
wenn die Minderung usw. der Erwerbsfähigkeit 
Folge von Gesundheitsstörungen, die während der 
Dienstzeit eintraten, ist, Kapitulanten mit min- 
destens 18jähriger Dienstzeit haben den Anspruch 
ohne weiteres, solche mit 12jähriger Dienstzeit 
(ohne Doppelrechnung von Kriegsjahren usw.) 
haben den Anspruch auf Zivilversorgungsschein, 
wenn sie zum Beamten würdig und brauchbar 
erscheinen; ist dies nicht der Fall, erhalten sie 
„Zivilversorgungsentschädigung“ von 12 Mk. mo- 
natlich, außer wenn die mangelnde Würdigkeit 
ihren Grund im Mangel ehrliebender Gesinnung 
hat. Neben den genannten Versorgungen kennt 
das Gesetz Verstümmelungs-, Kriegs-, Alterszu- 
lage. Verstümmelungszulage hat analoge Gründe 
wie bei Offizieren (s. ob.), nur daß auch schweres 
Siechtum und Geisteskrankheit besonders erwähnt 
sind, sie beträgt 27—54 Mk. und mehr monatlich; die 
Kriegszulage beträgt 15 Mk.; Alterszulage kann 
nur Empfängern der Kriegszulage vom 55. Lebens- 
jahr an (u. U. früher) gewährt werden, falls 
ihr Gesamteinkommen unter 600 Mk. jährlich 
beträgt. Im übrigen beträgt die „Vollrente“ 
(bei völliger Erwerbsunfähigkeit) für Feldwebel 
900, Sergeanten 720, Unteroffiziere 600, Gemeine 
540 Mk. jährlich, für Kapitulanten nach 18jähri- 
ger Dienstzeit %/10° dieser Beträge, mit jedem 
Dienstjahr über 18 um /0100 bis zum vollen 
Betrag steigend, bei pensionsfähigen Löhnungs- 
zuschüssen und Zulagen um 7 /00 dieser steigend. 
Ueber Erlöschen und Ruhen des Rechts auf den 
Bezug der Versorgungsgebührnisse, für Berech- 
nung bei Krieg, Dienstzeit außer Europa usw. 
gelten ähnliche Bestimmungen wie nach dem Ge- 
setz für Offiziere. Auf das auf dem Kriegsschauplatz 
verwendete Personal der freiwilligen Kranken- 
pflege finden die Vorschriften entsprechende An- 
wendung (§ 44), sie erhalten die Rente der Ge- 
meinen (leitende Krankenschwestern!7). 
&* 4. Zivilversorgungsschein. Eine eigentüm- 
liche Art der Mil Pension ist die Versorgung der 
  
  
Mil Personen durch Zivilanstellung. Auf dieser 
altbewährten preußischen Einrichtung beruht zum 
Teil die Gleichmäßigkeit und Trefflichkeit unserer 
deutschen Verwaltung. Die Gewährung des Zivil- 
versorgungsscheins hat einen doppelten Zweck, 
einmal den der Versorgung, sodann aber auch den, 
den Zivilverwaltungsbehörden geschulte, zur Ord- 
nung und Pünktlichkeit erzogene Unterbeamte zu- 
zuführen. Die Rechtssätze über diesen Gegenstand 
lagen in zahlreichen Reglements, Kabinettsorders, 
Anordnungen der Ressortchefs zerstreut: sie wurden 
zusammengefaßt im preuß. Regl v. 16. und 20. 6. 
1867. Sodann wurden für das ganze Reich ge- 
meinsame Grundsätze durch BRB v. 7. und 21. 
3. 82 festgestellt. 
Nach § 15 wird ein Zivilversorgungsschein ge- 
währt nach 12jähriger Dienstzeit bei fortgesetzt 
guter Führung, wenn die betreffenden „zum Be- 
amten würdig und brauchbar erscheinen“. Juristisch 
ist die Erteilung des Zivilversorgungsscheines eine 
Spezies der Versorgung:es entsteht damit ein neuer 
Anspruch, und das Recht auf Rente usw. ist er- 
loschen. Daraus folgt z. B., daß, wenn gegen 
den Inhaber des Zivilversorgungsscheins auf Ver- 
lust der öffentlichen Aemter usw. (StGB § 34) 
erkannt ist, der Invalide usw. kein neues Recht auf 
Versorgung erwirbt. Mit der Wahl zwischen Ent- 
schädigung und Schein ist das Recht des Invaliden 
und die Pflicht der Mil Verwaltung erledigt. Das 
Wahlrecht erlischt mit dem Verlust der Würdigkeit 
des Beamten (5 20). 
Die Inhaber von Zivilversorgungsscheinen 
heißen „Militäranwärter"“. Mit ihnen sind die 
mittleren Kanzlei= und Unterbeamtenstellen im 
Reichs= und Staatsdienst, sowie bei den Kom- 
munalbehörden, bei den Versicherungsanstalten 
für die Invalidenversicherung sowie bei stän- 
dischen oder solchen Instituten, die ganz oder 
zum Teil aus Mitteln des Reichs, Staats oder der 
Gemeinden unterhalten werden, vorzugsweise zu 
besetzen. Ausgeschlossen sind die Stellen des 
Forstdienstes. (Verzeichnis 8 Bl 1911, S. 297.) 
Ueber die vorbehaltenen Stellen werden Verzeich- 
nisse geführt und es dürfen, sofern MilAnwärter 
vorhanden, diese Stellen nicht durch andere Per- 
sonen besetzt werden. Die MilAnwärter haben sich, 
sofern sie noch aktive Militärpersonen sind, bei 
den „Anstellungsbehörden“ durch Vermittlung 
der vorgesetzten Mil Behörde, Dienstbehörde oder 
Landwehr-Bezirkskommandos zu melden. Die 
Anstellungsbehörde kann Nachweis der kör- 
perlichen Tüchtigkeit, sowie Vorprüfungen oder 
informatorische Beschäftigung verlangen. Die 
„qualifiziert" befundenen Bewerber werden 
„Stellenanwärter“. Auch über diese werden 
Verzeichnisse geführt. Sofern Stellenanwärter 
für freie Stellen nicht notiert sind, werden „Va- 
kanzenlisten" durch das zuständige Kriegs Min 
herausgegeben. Zur Kontrolle darüber, daß bei 
Besetzung der den MilAnwärtern im Kriegsdienst 
vorbehaltenen Stellen den durch den Bundesrats- 
beschluß festgesetzten Grundsätzen gemäß verfahren 
werde, ist außer den Ressortchefs der Rechnungshof 
verpflichtet. Die Grundsätze selbst sind dem Nor zur 
Kenntnisnahme vorzulegen. Uebrigens kann auch 
Unteroffizieren und Gemeinen, die nicht Kapi- 
tulanten sind, neben der Rente ein „Anstellungs- 
schein für den Unterbeamtendienst gewährt 
werden.
	        
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