Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

Endlich trifft eine Kab O v. 18. 11. 07 noch 
Bestimmungen über die Erledigung von Ehren- 
händeln zwischen Offizieren verschiedener deutscher 
Militärische Ehrengerichte 
Kontingente usw. und eine solche v. 16. 9. 98 
Vorschriften über die ehrengerichtlichen Verhält-, 
nisse der nach Preußen kommandierten württemb. 
und der nach Württemberg kommandierten preuß. 
Offiziere. Auch diese Orders sind im „Kompen- 
dium“ abgedruckt. 
II. Bayern, Sachsen und Würt- 
temberg. Obwohl nach a 61 Verf des Nordd. 
Bundes und a 61 RV nach Publikation dieser 
Verfassung die gesamte preuß. Mil esetzgebung, 
namentlich auch die V über die Eg. v. 20. 7. 43 
in dem ganzen Bundesgebiete und Reiche unge- 
säumt eingeführt werden sollte, hat eine Ein- 
führung dieser Verordnung weder in Bayern 
noch in Sachsen oder in Württemberg stattgefun- 
den. Die Kontingentsherren dieser Kontingente 
erließen vielmehr erst nach dem Erlaß der Allerh. V 
über die Eg. der Offiziere im preuß. Heere v. 
2. 5. 74 für die Offiziere ihrer Kontingente ge- 
mäß a 63 Abs 5 RV mit den Bestimmungen dieser 
preuß. Verordnung inhaltlich übereinstimmende 
Vorschriften. Sie verfuhren in gleicher Weise bei 
dem Erlasse ergänzender oder abändernder preuß. 
Bestimmungen und bei der Regelung der ehren- ar 
Dienstgewalt. Ihre Beteiligung an der Bildung 
gerichtlichen Verhältnisse der Sanitätsoffiziere 
ihrer Kontingente, so daß hinsichtlich der Eg. für 
Offiziere und Sanitätsoffiziere im Heere im 
ganzen Reiche gleiches, wenn auch aus verschie- 
denen Rechtsquellen hervorgegangenes, Recht gilt. 
III. Reich. 1.'7 Kaiserliche Marine. 
Obwohl die V v. 20. 7. 43 sich ihrem Wortlaute 
nach nur auf Offiziere des preuß. Heeres 
bezog (da es eine selbständige preuß. Marine noch 
nicht gab K Kriegmarine), wurden nach Schaffung 
der Kais. Marine die Bestimmungen dieser Verord- 
  
nung auch auf die Offiziere der Marine angewendet. 
Daran änderte sich zunächst auch nichts nach dem 
Inkrafttreten der Allerh. Vi v. 2. 5. 74 über die 
Eg. der Offiziere im preuß. Heere, obwohl die 
Marine inzwischen aus einer Einrichtung Preußens 
eine solche des Reiches geworden war. Erst durch 
die V v. 2. 11. 75 (MVBl 221) wurden vom Kaiser 
besondere Vorschriften über die Eg. der Offiziere 
der Kaiserl. Marine erlassen. Sie wurden durch 
die Bestimmungen der Allerh. V v. 26. 7. 95 
(MVl 185) ersetzt, die wiederum durch die Vor- 
schriften der Allerh. Order v. 1. 1. 97 im Sinne 
der unter dem gleichen Datum für das Heer er- 
lassenen ergänzt wurden. Die Allerh. Orders 
v. 20. 3. 99 (MBl 79) und v. 30. 9. 99 (MVBl 
273 S. 836—877) trafen noch weitere Ergän-. 
zungen. Endlich wurde die ganze Materie neu 
geregelt durch die Allerh. V v. 13. 5. 11 
(MV#l 158). 
Für die Sanitätsoffiziere der Kaiserl. Marine 
wurden nach dem Vorgange im Heere Eg. ge- 
schaffen durch Allerh. V v. 3. 6. 01 (MVhl 211), 
deren Vorschriften durch diejenigen der Allerh. 
V v. 24. 10. 11 (MVBl 337) ersetzt worden sind. 
2. Für die Offiziere der Kaiserlichen 
Schutztruppen [/ führte die Allerh. V 
v. 15. 6. 97, für die Sanitätsoffiziere dieser 
Truppen die Allerh. V v. 7. 11. 01 Eg. ein. 
An die Stelle dieser Vorschriften sind diejenigen 
der Allerh. V v. 15. 7. 10 getreten, die gleichfalls 
im „Kompendium"“ abgedruckt sind. 
v. Stengel-Flelschmann, Wörterbuch 2. Aufl. II. 
  
  
  
  
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— 
# 2. Rechtliche Natur der Ehrengerichtsbe- 
stimmungen. Obwohl die vorgenannten Allerh. 
Orders sich „Verordnungen“" nennen, sind es keine 
Verordnungen im Rechtssinne, also weder Ver- 
waltungs= noch gar Rechtsverordnungen. Sie 
enthalten vielmehr lediglich militärische Dienst- 
befehle, d. h. Aeußerungen der KRommandogewalt, 
die für diejenigen Personen, die dieser Gewalt 
unterworfen sind, die Personen des Soldatenstan- 
des, ohne weiteres verbindlich sind (UArmeebe- 
fehll. Zu den Personen des Soldatenstandes ge- 
hören u. a. nun nicht nur die aktiven Offiziere (71, 
sondern auch die Offiziere z. D., nicht aber auch die 
Offiziere a. D., insbesondere also auch nicht diejeni- 
gen Offiziere a. D., denen das Recht verliehen 
worden ist, Mil Uniform zu tragen. 
Wenn auch die letztgenannten Offiziere am 
ehrengerichtlichen Verfahren aktiv und passiv be- 
teiligt sind, aktiv insofern, als sie berechtigt sind, 
an der Bildung der Eg. teilzunehmen, passiv in 
der Beziehung, daß sie den Eg. umerworfen sind, 
so macht diese Beteiligung von Offizieren, die der 
militärischen Dienstgewalt nicht mehr unterliegen, 
doch nicht eine Gegenzeichnung der Verordnungen 
erforderlich. Die Verordnungen enthalten näm- 
lich keine an diese Offiziere gerichteten Befehle, 
unterwerfen sie also auch gar nicht der militärischen 
  
der Eg. ist nämlich eine freiwillige, und das Recht 
des Kontingentsherrn, gegen sie diejenige Ent- 
scheidung zu treffen, auf die der Spruch des Eg. 
lauten kann, findet seine rechtliche Begründung 
nicht in der Verordnung über die Eg., sondern 
in den allgemeinen Machtbefugnissen des Herr- 
schers. Das ehrengerichtliche Verfahren gibt für 
die Maßnahmen gegen diese Offiziere nur die 
tatsächlichen, nicht auch die rechtlichen Voraus- 
setzungen derart, daß der König sich mit dem 
Erlasse dieser Bestimmungen dahin gebunden hat, 
gegen diese Offiziere nur auf Grund eines Spru- 
ches des Eg. von seinen ihm gegen sie zustehenden 
Machtbefugnissen Gebrauch zu machen. 
Irrig ist auch die Ansicht, daß die Bestimmungen 
dieser Verordnungen den Charakter von Disziplinar- 
vorschriften hätten. Eine solche Auffassung würde 
einen inneren Wert und eine rechtliche Bedeutung 
nur dann haben, wenn sie auch zu der Folgerung 
käme, die allgemeinen Vorschriften über Disziplin 
auchausf das Eg. Verfahren anzuwenden, insbe- 
sondere also auch den & 8 RMilG für anwendbar 
zu erklären."“ Ganz abgesehen davon, daß die für 
diese Ansicht beigebrachten Gründe, insbesondere 
der, daß auch die Vorschriften über das Ehren- 
gerichtsverfahren, wenngleich nicht unmittelbar, 
so doch mittelbar den Zwecken der Disziplin dien- 
ten, keineswegs ausreichend sind, um diesen Vor- 
schriften den rechtlichen Charakter als Disziplinar 
vorschriften zu geben — müßten dann doch auch 
manche Bestimmungen des ECrxerzierreglements 
usw., die auch mittelbar den Zwecken der Disziplin 
dienen, diesen Charakter annehmen — steht dieser 
Auffassung der Umstand entgegen, daß ein und 
dieselbe Handlung sowohl ein disziplinares, wie 
ein ehrengerichtliches Einschreiten nach sich ziehen 
kann. Und in der Tat ist die Aufrechterhaltung 
der Disziplin nicht Aufgabe der Eg. Zweck der 
Disziplinarvorschriften ist Aufrechterhaltung der 
Mannszucht, Aufgabe der Eg. dagegen Wahrung 
der Standesehre. Da eine Handlung sowohl einen 
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