Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

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866 Militärwesen (C 
Verstoß gegen die Mannszucht als auch eine Ver- 
letzung der Standesehre enthalten kann, kann sie 
neben disziplinarischer Ahndung auch ein Ein- 
schreiten des Eg. nach sich ziehen. 
# 3. Zweck, Zuständigkeit und Organisation 
der Ehrengerichte. ç * 
I. Die Eg. (der Offiziere und Sanitätsoffiziere 
des Heeres und der Kaiserl. Marine) haben den 
Zweck, die gemeinsame Ehre des Standes und die 
Ehre des einzelnen zu wahren und zu schützen. 
Ihre Aufgabe ist es, a) gegen Offiziere 
(Sanitätsoffiziere), deren Benehmen dem richtigen 
Ehrgefühl oder den Verhältnissen des Offizier- 
standes (Standes) nicht entspricht, auf dem durch 
diese Verordnung bezeichneten Wege einzuschrei- 
ten, sowie b) die Offiziere (Sanitätsoffiziere) von 
unbegründeten Verdächtigungen ihrer Ehrenhaf- 
tigkeit zu reinigen, insofern andere standesmäßige 
Wege hierzu nicht vorhanden sind. 
Zur Beurteilung der Eg. gehören: a) Alle 
Handlungen und Unterlassungen von Offizieren 
(Sanitätsoffizieren), die dem richtigen Ehrgefühl 
oder den Verhältnissen des Offizierstandes (Stan- 
des) zuwider sind und daher die gemeinsame Ehre 
des Standes oder die Ehre des einzelnen gefährden 
oder verletzen; b) Die Fälle, in denen Offiziere 
(Sanitätsoffiziere) zum Schutz ihrer eigenen Ehre 
auf einen ehrengerichtlichen Spruch antragen. 
II. Den Eg. sind unterworfen: a) die 
Offiziere und Sanitätsoffiziere des aktiven Dienst- 
standes des Heeres, der Marine und der Schutz- 
truppen; b) die Offiziere und Sanitätsoffiziere 
des Beurlaubtenstandes des Heeres und der 
Marine; c) die Offiziere à la suite der Armee, 
die Sanitätsoffiziere à la suite des Sanitäts- 
offizierkorps und die Offiziere und Sanitätsoffi- 
ziere der Marine à la suite; d) die Gendarmerie- 
offiziere;e) die mit Pension zur Disposition ge- 
stellten und diejenigen verabschiedeten Offiziere 
und Sanitätsoffiziere des Heeres, der Marine und 
der Schutztruppen, die das Recht haben, Mil- 
(Marine-)Uniform zu tragen. » 
Offiziere im Sinne dieser Verordnung sind in 
der Marine: die Seeoffiziere und die Offiziere 
der Marineinfanterie, die Marine= und Torpedo- 
Ingenieure sowie die Feuerwerks= und Torpeder- 
offiziere. 
III. Es bestehen Ehrengerichte: 
1. im Heere: a) über Hauptleute oder Ritt- 
meister, Oberleutnants und Leutnants, und zwar 
je eines bei jedem Regiment, bei jedem selbstän- 
digen Bataillon, bei jeder selbständigen Abteilung 
und in jedem Landwehrbezirk. Das ganze 
Offizierkorps bildet das Eg. b) über Stabs- 
offiziere, und zwar in jedem Armeekorps ein 
solches, das aus einem General und 9 Stabs- 
offizieren gebildet wird; c) über Stabs-, Ober- 
und Assistenzärzte; d) über Generaloberärzte und 
Oberstabsärzte. 
2. In der Marine: a)g über Offiziere vom 
Dienstgrade der Kapitänleutnants einschließlich ab- 
wärts, und zwar je eines auf jedem Schiffe, bei 
jeder Flottille aus Torpedo= usw. Booten, bei 
jedem selbständigen Marincteile, bei jedem In- 
stitut mit Ausnahme der Werften und der Tor- 
pedowerkstatt, für alle Offiziere, die in Berlin 
ihren Standort haben oder dorthin kommandiert 
sind, wenn außer dem Kommandeur noch min- 
destens 8 stimmberechtigte Mitglieder vorhanden 
u Militärrechtspflege) 
  
  
sind. Andernfalls findet eine Vereinigung der 
Offiziere mehrerer Schiffe usw. statt. Besondere 
Bestimmungen gelten hinsichtlich der Offiziere, 
die nicht zum aktiven Dienststande der Marine ge- 
hören. b) Ueber Stabsoffiziere, und zwar je eines 
bei jedem Geschwader, jedem Verbande von Auf- 
klärungsschiffen, für alle Stabsoffiziere, die in 
Berlin ihren Standort haben oder dorthin kom- 
mandiert sind, und endlich bei jedem Stations- 
kommando für sämtliche übrigen zu der betr. Sta- 
tion gehörigen Stabsoffiziere — wenn außer dem 
als Kommandeur mit der Leitung des Eg. beauf- 
tragten Flaggoffizier mindestens 9 stimmberech- 
tigte Mitglieder vorhanden sind. Andernfalls 
wird ein gemeinsames Eg. gebildet. Auch hier 
gelten besondere Bestimmungen für Stabsoffi- 
ziere, die nicht dem aktiven Dienststande angehören. 
J) Ueber Sanitätsoffiziere vom Dienstgrade der 
Marinestabsärzte einschließlich abwärts. d) Ueber 
Marinegeneraloberärzte und Oberstabsärzte. Be- 
sondere Bestimmungen gelten für verabschiedete 
Sanitätsoffiziere hinsichtlich deren Unterstellung 
unter ein Ehrengericht. 
Für Generale (Flaggoffiziere) und für Offi- 
ziere in deren Stellungen gibt es keine stän- 
digen Eg. Erforderlichenfalls ergehen dafür be- 
sondere Allerh. Bestimmungen. 
#s 4. Ter Ehrenrat. Bei jedem Eg. wird ein 
Ehrenrat gebildet, der dem Kommandeur des Eg. 
als dessen ausführende und begutachtende Dienst- 
stelle zur Seite steht und unter seiner Leitung die 
Geschäfte des Eg. führt. Der Ehrenrat besteht 
aus drei Offizieren von dem Dienstgrade der- 
jenigen, für die das Eg. zuständig ist, dessen Ge- 
schäfte er führt. Die Mitglieder des Ehrenrats 
über Hauptleute usw., Kapitänleutnants usw., 
Stabsärzte usw. und mindestens je ein Stellver- 
treter für jedes Mitglied werden aus den ordent- 
lichen Mitgliedern des Eg. und von diesen jedes- 
mal auf ein Jahr gewählt. Die Mitglieder des 
Ehrenrats über Stabsoffiziere, Generaloberärzte 
und Oberstabsärzte und deren Stellvertreter wer- 
den dagegen von dem kommandierenden General 
oder dem zuständigen Marinebefehlshaber dazu 
ernannt. Aufgabe des Ehrenrats ist es, unter 
Leitung und Verantwortlichkeit des Komman- 
deurs (des Truppen= oder Marineteils (Truppen- 
verbandes usw.], bei dessen Eg. er besteht) in 
ehrengerichtlichen Angelegenheiten Ermittlungen 
vorzunehmen, die Untersuchung zu führen, sich 
gutachtlich zu äußern usw. Außerdem liegt ihm 
ebenfalls unter Leitung des Kommandeurs un- 
abhängig von einem schwebenden Eg. Verfahren 
ob, im Falle von Ehrenhändeln zwischen Offizie- 
ren, die nicht alsbald auf gütlichem Wege standes- 
gemäß beglichen werden können, auf einen Aus- 
gleich hinzuwirken. 
5. Das ehrengerichtliche Verfahren. 
I. Glaubt ein Offizier Handlungen oder Unter- 
lassungen eines anderen Offiziers, in denen er 
einen Verstoß gegen die Standesehre erblickt, zur 
Sprache bringen zu müssen, so soll es ihm nicht 
versagt sein, hiervon dem Ehrenrat des Be- 
zichtigten oder dessen unmittelbaren Vorgesetzten 
Mitteilung zu machen. Außerdem hat der Chren- 
rat die Pflicht, sobald Handlungen oder Unter- 
lassungen, welche die Ehre cines Offiziers gefähr- 
den oder verletzen können, zu seiner Kenntnis 
kkommen, dem ihm vorgesetzten Kommandeur da-
	        
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