Militärkirchenwesen
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antwortlich. Kirchenrechtliche Besonderheiten be-
stehen 1. hinsichtlich von Simultankirchen. Hier
muß im Vorstand auch ein kathol. Geistlicher sein.
2. Hinsichtlich der einer Zivil- und der MilGemeinde
zu gemeinschaftlicher Benutzung überwiesenen
Kirchen. Hier wird ein gemischter Vorstand ge-
bildet, ev. die Sache vom Kriegs= und Kultus Min
gemeinsam geregelt (& 159 a. a. O.).
5 3. Die Militärgeistlichkeit besteht aus a) den
Feldpröpsten, b) den MilOberpfarrern, c) den
Divisions-, Garnisons= und Anstaltspfarrern (Ka-
dettenhäuser), d) den Mililfsgeistlichen. Die
Feldpröpste haben die gesamte innere und
äußere Leitung, sind Vertreter der kirchlichen In-
teressen und ausführende Organe des Kriegs Min,
haben Vorschlags= und Ernennungsrecht usw.
Die Militäroberpfarrer haben etwo die
Stellung eines Superintendenten bzw. Dekans und
sind nur den Stäben der Generalkommandos (nicht
wie früher zugleich Divisionen) zugeteilt, evan-
gelische gibt es je einen bei jedem Korps, katholische
z. Z. 9 (Berlin, Danzig, Allenstein, Frankfurt a.
M., Breslau, Hannover, Koblenz, Metz, Straß-
burg). Jene sind in Altpreußen Mitglieder des
Provinzialkonsistoriums. Divisions., Garni-
sons= und Anstaltspfarrer gibt es z. Z. (vor
1. Okt. 12) 78 + 13 evang., 48 + 1 katholische.
Außer den Mil Hilfsgeistlichen können
dann Zivilgeistliche mit Wahrnehmung
der Seelsorge für Mil Personen widerruflich beauf-
tragt werden (§133 EM , 122 MKXD)h. Zur Ver-
richtung des niederen Kirchendienstes sind Mili-
tärküster beigegeben. Die Stellen sind aus-
schließlich mit MilAnwärtern zu besetzen.
#5s4. Anstellung und Wirkungskreis der Mili-
tärgeistlichen. Der evang. Feldpropst wird vom
König von Preußen frei, der kath. nach Verein-
barung mit dem Papste ernannt. Die MilOber-
pfarrer werden ebenfalls vom König ernannt,
auf Vorschlag des Feldpropstes, der mit den
beiden Ministerien über die Person zu verhandeln
hat. Die Ernennung der übrigen MGerfolgt durch
den Feldpropst mit Genehmigung des Kriegs= und
Kultus Min. Außer dem Erfordernis der zur wirk-
samen Führung des Mil Pfarramts unentbehr-
lichen persönlichen Eigenschaften ist Vorbedin-
gung Bestehen der theolog. Prüfungen, bei den
Katholiken ferner erhaltene Priesterweihe. Die
M nehmen eine Doppelstellung ein, sie sind Be-
amte der Kirche und des Staats, d. h. des Königs
(von Preußen), als Reichsbeamte gelten sie gemäß
64 RV und §&1 Reichsbeamten G v. 18. 5. 07.
Die evang. M sind Beamte der Landeskirche,
die katholischen stehen nicht im Diözesanver-
band, sind „exempt“ und nur dem Feldpropst
unterworfen, werden daher nicht als Pfarrer
i. e. S., sondern als „Kursisten“, „Cappellani“
bezeichnet.
Die Amtsgeschäfte beziehen sich teils
auf die Seelsorge, teils auf Unterricht (Kadetten-
anstalten) usw. Der evang. Gottesdienst vollzieht
sich nach der Agende für das Heer v. 1. 4. 97,
die kathol. Geistlichen sollen sich nach dem Ritual
der Diözesen richten. Der offizielle Kirchgang
richtet sich nach der Garnisondienstvorschrift v.
15. 3. 02 §§ 185 ff. Nach altpreuß. Tradition ist!
# S 270.
(EMD §8 85) die Länge des Gottesdienstes auf 1
Stunde, die Predigt bei 5% C in ungeheizter
Kirche auf 20 Minuten festgesetzt. „Feldgottes-=
dienste“ im Frieden werden von Fall zu Fall
angeordnet (Art der Abhaltung s. WBVerwR1
und Kirchenheim a. a. O. 196). Gemeinsame
Gottesdienste sind nicht erst seit Wilhelm II.
(Langhäuser § 257) eingeführt, sondern unent-
behrlich und altbekannt. Daß „militärische Feiern
mit religiöser Weihe“ vom „Gottesdienst" zu
scheiden und die Rednertribüne keine „altarartige“
Ausstattung haben dürfe, ist allerdings vom Kriegs-
ministerium (18. 2.04) angeordnet. Selbstverständ-
lich sind Gebräuche, die nur einer Konfession
eigentümlich, zu vermeiden, z. B. Zeigen der Mon-
stranz (wurde 1888 in Stuttgart verletzt, vgl. auch
die Lit. über die sog. „Kniebeugungsfrage“, s. u. a.
Kirchenheim, Kirchen R. 276). Weiter haben die
MG die Verwaltung der Sakramente, Abend-
mahl, Beichte (seit 1911 haben die kathol. M#
Beichtjurisdiktion für Zivilpersonen ohne weiteres).
Im übrigen haben die M die Parochialhand-
lungen, Taufen, Trauungen vorzunehmen. Hin-
sichtlich der Dimissorialien gelten die allgemeinen
Grundsätze, Stolgebühren werden nicht erhoben.
Dienstiournal und besondere MilKirchenbücher
sind zu führen, Besuch von Lazaretten, Strafan-
stalten, Mitwirkung in den Soldatenheimen ge-
hört zu den Amtspflichten des Mil eistlichen.
Mit der Seelsorge jüdischer Mil Personen
werden Rabbiner des Orts oder von Nachbar-
gemeinden beauftragt. Für Sekten wird nicht
gesorgt, ihre Angehörigen, soweit nicht katholisch,
werden zur evang. Mil Gemeinde gerechnet, aber
ihre Ueberzeugung geachtet, soweit rein religiös
(Sabbatisten!).
5. Das evang. Marin e kirchenwesen ist
durch eine Kirchen O von 1903 analog geregelt.
Das Amt als Marinepropst verwaltet der preuß.
Feldpropst. Es gibt obere Pfarrer (3), Pfarrer
(15) und Hilfsgeistliche (3). Die Oberpfarrer sind
2 Stations-= und ein Flottenpfarrer. Eine beson-
dere katholische Ordnung gibt es nicht, nur eine
DAnw v. 14. 9. 07 für den kathol. Geschwader-
pfarrer der Hochseeflotte. Der kathol. preuß. Feld-
propst ist zugleich Marinepropst. Ein kathol.
Marineoberpfarrer ist zugleich Stationspfarrer der
Nordseestation.
Duellen: RV 61 mit Kab L v. 12. 2. 32; A. O v.
3. 8. u. 24. 11. 69, 30. 9. 75 u. v. 31. 3. 72 (Entschädigung
der Zivilgeistlichen); Mil Kirch. Konventionen v. 20. 1. 72
Baden (vol. Kirchen GBl 1876 S 88), 8. 11. 92 Hessen,
1. 9. 01 Braunschweig, 15. 2. 00 Meiningen; Evg. u. Kath.
Milkirchl. Dienst v. 17. 10. 02. Ausgabe d. EM D
(163 f#m. Anl.) v. Richter; B u. Anw v. 18. 3., 8. 8. u.
19. 10. 04, s. A. Bl.
Literatur: Thudichum, Deutsches Kirchenr.
1877, 1 S156—69; Jacobson, Evr. Kirchenr. Preußens,
1866, s. S 742; Kirchenheimm, Kirch.R.“, 1911, S 193,
woselbst Lit.; Goet##0, De pastoribus castrensibus, 1700;
Müller, v. d. Feldpriestern aller Zeiten, 1750; Strauß,
Seelsorge b. Kriegsheer, 1870; Schild, D. preuß. Feld-
prediger, 1888 u. 1890; Goens, Gesch. d. Berliner Gar-
nisonkirche, 1897, 1898; Hossenfel—der, MilfK. O, 1879;
Niedner, 3. f. Politik 1 (1908), 471; Arch f. kath. K R.
Bd. 32 (Namszanowski) u. 58 (Ketteler). Ausführlich:
Langhäuser, Das Mil Kirchenwesen i. brandenb. u.
preuß. Heer, Metz 1912 (Straßb. Diss.) mit Quellen u. Lit.
v. Kirchenheim.