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tragen werden (G v. 4. 6. 48 a 1); jedoch ist eine
gleichzeitige Ernennung zum ordentlichen Mit-
gliede des Staatsrats und zum Min nicht ausge-
schlossen. In Sachsen müssen nach Vl § 41 Abs 3
der Kultus Min und wenigstens zwei andere Min
evangelischer Konfession sein.
Ueber das Erfordernis der ministeriellen Gegen-
zeichnung der Min Ernennungen oben §& 6 II 1.
II. Die Entlassung bezw. Pensio-
nierung der Min. 1. Da der Min in besonde-
rem Maße des landesherrlichen Vertrauens be-
darf, so steht die Enthebung der Min von
ihrer Stelle dem Landesherrn jederzeit frei (vgl.
insbesondere das württ. VG v. 1. 7. 76 a 2).
Andererseits aber ist es eine natürliche Folge
der den Min gegenüber dem Landtage obliegen-
den Verantwortlichkeit, daß sie, wenigstens soweit
diese Verantwortlichkeit in Frage kommt, durch-
aus nicht genötigt sind, wider ihren
Willen das Min Amt weiter zu führen. (Ausdrück-
lich bestimmt das bayer. Gv. 4. 6. 48 a 3, daß die
Bitte um Enthebung unbedingt dann erfüllt wer-
den muß, wenn sie sich darauf gründet, daß der
König in „wichtigen“ Reg Angelegenheiten die Rat-
schläge des Min nicht annehmen zu können glaubt.
Tragweite zu; vgl. Seydel, St Ri 2, 303 Anm. 6).
Unabhängig von dem Willen sowohl des Lan-
desherrn als des Min kann eine Entfernung des
letzteren aus dem Amte stattfinden insbesondere
durch gerichtliche Verurteilung auf Grund einer
Min Anklage (unten 5& 18 II); dagegen sind die
Min wenigstens in den deutschen Staaten recht-
lich nicht verpflichtet, infolge eines Mißtrauens-
votums von seiten der Volksvertretung bezw. einer
Kammer von ihrem Amte zurückzutreten.
2. Die Gesetzgebungen sind größtenteils bemüht
gewesen, die Unabhängigkeit der Min in der
Führung ihres Amtes sowie hinsichtlich eines etwai-
gen Entlassungsgesuches durch besondere peku-
niäre Zusicherungen für den Fall ihres
Ausscheidens aus dem Amte bezw. Staatsdienste
zu schützen. Nach dem preuß. G v. 31. 3. 82 a I
l sind die Pensionsansprüche der aus dem Staats-
dienste ausscheidenden Min nicht an die Voraus-
setzung eingetretener Dienstunfähigkeit gebunden.
Nach dem bayer. Gv. 4. 6. 48 kommt dem Min
sofort nach seiner Ernennung ein unentziehbarer
Standesgehalt von wenigstens 3000 fl. zu. Aehn-
lich hat das württ. Beamten G v. 28. 6. 76 a 48
nebst Novelle v. 1. 8. 07 den Min unbedingt eine
Pension von mindestens 7000 Mk. zugesichert. In
Sachsen, in Baden und in zahlreichen kleineren
Staaten gilt die Enthebung von dem Min Amt
als zeitweise Versetzung in den Ruhestand.
II. Das Staatsministerium (Gesamtministerium)
##8. Im allgemeinen. I. Die Verteilung der
Staatsgeschäfte an die verschiedenen Ministerien
kann leicht zur Geltendmachung widerstreitender
Richtungen in den verschiedenen Zweigen der
Staatstätigkeit sowie zu ungenügender Berück-
sichtigung der allgemeinen politischen Gesichts-
punkte führen. Gegenüber diesen Gefahren soll,
neben der persönlichen Einwirkung des Monarchen
als des obersten Organs für die Ausübung der
gesamten Staatsgewalt, jemeinsame Be-
ratung bezw. Beschlußfassung der
Minister
Minister über einheitliche Reg Grundsätze und
über wichtige Angelegenheiten, insbesondere solche
von einer nicht auf das einzelne Departement be-
schränkten Bedeutung, Schutz gewähren. Das
Kollegium der Minister bezw. ver-
antwortlichen Departementschefs, denen zuweilen
noch andere Personen als Mitglieder hinzutreten
(+91), heißt „Staatsministeriu m“ (so
in Preußen, Württemberg, Baden, Hessen), im
Königreich Sachsen „Gesamtministerium“, in
Bayern „Gesamtministerium“ oder „Gesamt-
staatsministerium“ oder „Ministerrat".
II. Das Institut des Staats Min hat in den
größeren deutschen Staaten, mit
Ausnahme Bayerns, allmählich eine wesentlich
gleichmäßige Ausbildung erlangt.
In Preußen hat das 1808 in Aussicht ge-
nommene, durch Kab-O v. 3. 6. 1814 geschaffene
und durch KabO v. 3. 11. 1817 in seinen Funk-
tionen näher bestimmte Staats Min durch die
VUuU und durch die neuere konstitutionelle Gesetz-
gebung weitere Befugnisse erhalten, und seine all-
gemeine Bedeutung ist auch infolge der verringer-
ten Wirksamkeit des Staatsrats J| sehr gewachsen.
u In Sachsen wurde zugleich mit der Errichtung
Dem Ausdruck „wichtig“ kommt keine sachliche
von Einzelministerien das Gesamt Min durch die
Vuv. 4. 9. 31 als „die oberste kollegiale Staats-
behörde“ (§ 41) angeordnet und mit wichtigen
Funktionen ausgestattet; eine nähere Normierung
erhielt sein Wirkungskreis durch die V v. 7. 11. 31
unter 4 G. In Baden, woschon das Organi-
sations-Ed. v. 26. 11. 1809 ein Staats Min er-
richtet hatte, ist dessen Zuständigkeit allmählich
vielfach erweitert worden. In Hessen hat das
durch die V v. 28. 5. 1821 geschaffene Staats-
Min insbesondere durch die V v. 22. 8. 74 und
v. 15. 3. 79 eine weitgehende Ausdehnung seines
Wirkungskreises erhalten. Iu Württem-
berg, wo die Vul (§ 54 ff) den Geheimen Rat
als oberste den König beratende Staatsbehörde
mit sehr ausgedehnter Zuständigkeit konstituierte,
ist erst durch VG v. 1. 7. 76 ein Staats Min
gebildet, auf welches ein großer Teil der Funk-
tionen des Geheimen Rats übertragen wurde. In
Bayern dagegen, wo dem bereits 1817 ange-
ordneten Gesamt Min durch die Form. V v. 9. 12.
1825 §§S 114—116 nur ein sehr unbestimmter
Wirkungskreis zugewiesen war, sind auch gegen-
wärtig Zusammentritt und Wirksamkeit des Min-
Rats durchaus dem Ermessen des Königs anheim-
gestellt (Kgl Entschließung v. 25. 3. 48 Ziff. II);
als die hauptsächlich zur Beratung des Königs in
wichtigen Angelegenheiten berufene Behörde er-
scheint dort fortdauernd der Staatsrat.
5 19. Organisation. I. Mitglieder des
Staats Min sind durchgängig die Vorstände sämt-
licher einzelner Fachministerien. Zur Teilnahme
an den Beratungen bezw. Abstimmungen des
Staats Min können aber auch andere Personen
berufen sein. Hierher gehören vor allem die sog.
Min ohne Portefenille, deren amtliche Wirk-
samkeit, abgesehen von etwaiger Vertretung der
Reg Politik in den Verhandlungen der Volksver-
tretung, lediglich in der mit den Departements-
Min gleichberechtigten Mitwirkung in den Sit-
zungen des Staats Min besteht (in Sachsen ist aber
die Ernennung solcher Min durch die Vu a 41
ausgeschlossen; ebenso in Württemberg durch das
Vv. 1. 7. 76 a 1). In Preußen pflegen die Vor-