Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

Minister (Verantwortlichkeit) 
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fassungsverletzungen von seiten der kein Teil der Landesverfassung, ebensowenig bil- 
Min begründet (neben die Verletzung der Ver- 
fassung selbst stellt die bad. VBll #§ 67 a ebenso wie 
schon der ursprüngliche Text des C die Verletzung 
anerkannt verfassungsmäßiger Rechte). Außer der 
Verfassungsverletzung sind zuweilen noch einzelne 
Verbrechen als Gegenstand der Min Verantwort- 
lichkeit bezeichnet (insbes. in der preuß. Vll a 61, 
nach dem Vorgang der französ. Charte v. 1814, 
Bestechung und Verrat). Das bayer. G v. 4. 6. 48 
à 9 aber hat, während die Vl von 1818 Tit. X 
§*# 6 das Anklagerecht der Kammern auf Ver- 
letzungen der Staatsverfassung beschränkte, das- 
selbe auf Verletzungen der Staats- 
gesetze überhaupt ausgedehnt, und ebenso be- 
steht in Hessen nach dem G v. ö. 7. 1821 a #l die 
Min Verantwortlichkeit für gesetzwidrige 
Handlungen der Min überhaupt. Nach der ba- 
dischen Vli #l 67 a wird die Min Anklage auch 
durch schwere Gefährdung der Si- 
cherheit oder Wohlfahrt des Staa- 
tes begründet. Eigentümlich ist die Bestimmung 
des hessischen Gesetzes, welche die Min auch für 
Nichterfüllung von Zusagen, die der Großherzog 
den Ständen erteilt hat, verantwortlich macht. 
Nach einigen Landesrechten (so auch bayer. VU. 
von 1818 Tit. X § 6) soll nur vorsätziche Ver- 
fassungsverletzung die Min Anklage begründen. 
Mehrfach aber ist dem Vorsatz die grobe 
Fahrlässigkeit gleichgestellt (so bad. Vl 
367 az oldenb. Vl a 200 51 usw.), und dieser 
Umfang der Verantwortlichkeit ist auch für die- 
jenigen Staaten anzunehmen, in denen keine aus- 
drückliche Bestimmung über die Frage besteht (für 
Bayern jetzt um so mehr, als das G v. 4. 6. 48 
a 9 nicht nur die Erwähnung des Vorsatzes hin- 
wegläßt, sondern auch die Strafen „mit Rücksicht 
auf den Grad des Verschuldens“ abstuft). 
Die Min Verantwortlichkeit besteht sowohl für 
(positive Handlungen als für Unter- 
lassungen (ausdrücklich bestimmen dies insbes. 
das bayer. G v. 4. 6. 48 à 9 und die bad. VU 
# 67a). Sie bezieht sich sowohl auf die Mit- 
wirkung der Min bei den Akten des Staats- 
oberhaupts als auf die von ihnen inner- 
halb der eigenen Zuständigkeit 
vorgenommenen Akte (vgl. besonders das bayer. 
G a 6 und die württemb. Vll. F 51 und 52). 
In ersterer Hinsicht beschränkt sich die Min Ver- 
antwortlichkeit nicht auf die von dem Min ge- 
gengezeichneten landesherrlichen Erlasse, 
sondern sie wird ebenso durch jede andere Art 
der Mitwirkung, namentlich auch durch ein im 
Staats Min abgegebenes zustimmendes Votum, 
begründet. (Zur Erleichterung des Beweises 
schreibt die bad. Vll §67 gvor, daß die Reg Anord- 
nungen des Großherzogs in der Urschrift von den 
zustimmenden Mitgliedern der obersten Staatsbe- 
hörde, des Staats Min, zu unterzeichnen seien.) 
II. Während eine besondere Verantwortlichkeit 
der Landes Min gegenüber den Reichsorganen 
nicht besteht, erstreckt sich ihre Verantwortlichkeit 
(auch ihre Verantwortlichkeit im engeren Sinne) 
gegenüber der Landesvertretung auch auf die 
Beobachtung der Reichsver fas- 
sung und der Reichsgesetze sowie 
auch auf ihre Beteiligung an der Wil- 
lensbildung des Reichs. 
1. Allerdings ist die Reichsverfassung 
den die Reichsgesetze einen Teil der Lan- 
desgesetzgebung. Aber da die Reichsverfassung 
in vielen Punkten an die Stelle der Landesver- 
  
  
fassungen, die Reichsgesetze an die Stelle der 
Landesgesetze getreten sind, und da überhaupt 
Reichsrecht und Landesrecht im engsten Zusam- 
menhange miteinander stehen, so erscheint eine 
ausdehnende Erklärung, welche die 
landesrechtlichen Bestimmungen über Min Ver- 
antwortlichkeit für Verfassungsverletzungen bezw. 
Gesetzesverletzungen auch auf Verletzungen der 
Reichsverfassung bezw. der Reichsgesetze bezieht, 
als gerechtfertigt (im Ergebnis übereinstimmend, 
aber mit unzutreffender Begründung, John, 
v. Sarwey, Thudichum). 
2. Die Ernennung und Instruie- 
rung der Bundesratsbevollmäch- 
tigten ist Sache der Einzelstaaten; daher er- 
streckt sich die Verantwortlichkeit der Landes Min, 
und zwar nicht nur die politische, sondern auch die 
Min Verantwortlichkeit im engeren Sinne, auf 
diese Akte. (A. M. hinsichtlich der den Mitgliedern 
des BR erteilten Instruktionen bezw. der Unter- 
lassung der Instruierung John, Thudichum, 
v. Rönne, G. Meyer, Hänel usw.; für den hier 
vertretenen Standpunkt insbesondere auch La- 
band.) 
Freilich wird der Inhalt der Instruktionen 
praktisch kaum zum Gegenstand einer Min Anklage 
gemacht werden können, wenigstens sofern sich 
die Min Verantwortlichkeit i. e. S. auf Verfassungs- 
verletzungen oder auf Gesetzesverletzungen be- 
schränkt. 
15. Ankläger. In denjenigen deutschen 
Staaten, deren Landtag nur aus einer 
Kammer besteht, kommt diesem das Recht der 
Min Anklage zu. In den deutschen Staaten mit 
Zweikammersystem ist das Recht der 
Anklage verschieden geordnet. In Bayern (VU 
Tit. X § 6), Sachsen (VUu# # 141), Hessen (G v. 
5. 7. 1821 a 4) ist ein überreinstimmender 
Beschluß beider Kammern erforder- 
lich; in Preußen (Vl#a# 61) und in Württemberg 
(Vuf l79) steht jeder einzelnen Kam- 
mer das Anklagerecht zu; in Baden, wo die 
Mitglieder der ersten Kammer zur Bildung des 
Gerichtshofes herangezogen werden (s. § 16 II), 
ist nur die zweite Kammer zur Anklage 
berechtigt (Vu § 67a). 
5 16. Gerichtshof. Zur Entscheidung über die 
Min Anklage ist bald ein ordentliches Ge- 
richt, bald ein beson derer Staatsge- 
richtshof berufen. 
I1 In Preußen (Vll a 61), Hessen (G v. 5. 7. 
1821 a 3 und 5) sowie in zahlreichen kleineren 
deutschen Staaten war die Aburteilung der 
Min Anklagen dem obersten Gerichtshof 
des Landes zugewiesen. Infolge der neuen deut- 
schen Gerichtsorganisation ist in der großen Mehr- 
zahl dieser Staaten (so insbesondere auch in Hessen 
durch das AEG z. GVG v. 3. 9. 78 a 6) diese Funk- 
tion auf das Oberlandesgericht über- 
tragen worden, während in Preußen bisher kein 
anderer Gerichtshof dem aufgehobenen Obertri- 
bunal in dieser Beziehung substituiert ist (vgl. 
oben §& 12 II). 
II In den größeren deutschen Staaten, außer 
Preußen und Hessen, sowie in Sachsen-Weimar,
	        
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