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Ministerium (Auswärtige Angelegenheiten)
was Arth die Affaires Etrangeres und Reichs-
sachen sollen geführet und tractiret werden“
v. 8. 12. 1728. Danach sollen die Min Borck
und Cnyphausen „nebst dem Geheimten Nat
Thulemeier die ausw. geheimen Affairen ganz
allein tractiren und zu diesem Zwecke mindestens
zweimal wöchentlich zusammenkommen; an einem
bestimmten Tage in der Woche sollen sie gemein-
schaftlich die fremden Min empfangen. Borck und
Cnyphausen sollen die Kgl Erlasse in AuswA
kontrasignieren (Näheres acta Borussica 4 Teil 2,
Wie die Min zunächst Mitglieder des Geh.
Staatsrats blieben, so gehörten auch die ihnen
zur Seite gestellten beiden ständigen Sekretäre
anfänglich noch dem Verbande der dem Geh.
Etatsrat untergeordneten Geh. Kanzlei an. Aus
der Stellung des ersten Sekretärs hat sich später
das Unterstaatssekretariat entwickelt. Zu den
höheren Beamten des Departements gehörten
noch ein oder zwei Hilfsarbeiter und zeitweise
jüngere Diplomaten im Vorbereitungsdienst.
Näheres, auch über die Subaltern= und Kanzleibeamten,
den Geschäftsgang usw., bei Koser, D. Gründung d.
Ausw. Amts durch Kg. Fr. Wilh. I. im Jahre 1728 i. d.
Forsch. z. Brdb. und Preuß. Gesch. 2, (1889). Das. auch
die Liste der Minister.
Zu bemerken ist, daß namentlich unter Fried-
richt II. die Erlasse an die Gesandten und die
sonstige politische Korrespondenz vielfach ohne
Gegenzeichnung und Beteiligung des Min vom
König allein oder in dessen Kabinett erledigt wur-
den (Koser 194 ff). .
Im offiziellen Adreßbuch von 1733 erscheint
die neue Behörde unter der Bezeichnung „Kabi-
nettsministerium“, sie bezeichnete sich selbst jedoch
schon bald als „Departement der auswärtigen.
Affären“.
Gegen Ende des Jahrhunderts bestimmte
Friedrich Wilhelm II. die Rangordnung der drei
Zentralbehörden bei Anerkennung ihrer grund-
sätzlichen Gleichheit dahin, daß dem Kabinetts Min
die erste, dem Generaldirektorium die zweite und
2 Justizdepartement die dritte Stelle gehören
ollte.
Eine veränderte Verfassung der obersten Staats-
behörden war bereits durch ein Publikandum
v. 16. 12. 1808 angebahnt und wurde durch Allerh.
V v. 27. 10. 1810 (Pr. GS 3ff) festgesetzt. Da-
nach hat der „Minister der Auswärtigen Ange-
legenheiten“, wie er jetzt heißt, zum Wirkungs-
kreise alle Gegenstände, welche die Verhältnisse
mit fremden Mächten und die Verhandlungen mit
auswärtigen Regierungen betreffen.
Die Geschäfte werden in zwei Sektionen bearbeitet.
1. Die erste betrifft die äußeren Verhältmisse des preußi-
schen Staats im allgemeinen, die Kommunikation mit den
fremden Geschäftsträgern, ihre Legitimation und Präsen-
tation und die Instruktion der unfrigen über die höhere
Politik. Dieser steht der Min selbst vor und im Behinde-
rungs- oder Abwesenheitsfall ein Geh. Staatsrat als Stell.
vertreter. Der Min vollzieht die Reisepässe in das Ausland
und alle Zahlungsverfügungen.
2. Die zweite (sie bestand schon auf Grund einer Kal V
v. 21. 9. 1808) alle Geschäfte des auswärtigen Departe-
ments, die sich auf die innere Verfassung und Verwallung
des Staats oder auf den Handel und die Privat--Angelegen-
heiten der Untertanen beziehen, Konsulat., Gränz-, Post.,
Polizey, Paß- und andere Sachen, die nicht zu den höheren
politischen Angelegenheiten gehören. Dieser ist ein beson-
derer Sektionschef vorgesetzt, der die wichtigeren Gegenstände,
vorzüglich solche, die die Vollziehung des Departementschefs
erfordern, diesem vorträgt, alle Korrespondenz und die
Kommunikation mit inneren Departements und Behörden
führt und Mitglied des Staatsraths ist.
Im Juli 1810 wurde der Staatskanzler Frhr.
v. Hardenberg oberster Chef auch des Min der
AuswA, unter ihm führte Graf v. d. Goltz als
Staats= und Kabinetts Min zunächst die Geschäfte
weiter. Die KabO v. 3. 6. 1814 stellte an die
Spitze der gesamten Auswol den bald darauf zum
Fürsten ernannten Staatskanzler v. Hardenberg,
der unter dem 29. 7. 1814 eine vorläufige Instruk-
tion und unter dem 26. 12. 1815 ein Regulativ
für das Min erließ. Die Einteilung in zwei Sek-
tionen blieb, abgesehen von einer zeitweiligen
Vereinigung (1818—1825), bestehen, bis ein Regl
v. 13. 6. 48 im Interesse der Beschleunigung und
Vereinfachung des Geschäftsganges unter Auf-
hebung der zweiten Abteilung 4 Bureaus (das
politische, handelspolitische, staats- und zivilrecht-
liche sowie das für Personalien, Etats= und Kassen-
sachen) schuf, die unter der selbständigen Leitung
je eines Vortragenden Rates als Dirigenten stan-
den. Da indes bei einer derartigen Organisation
und in Anbetracht der Arbeitsüberhäufung des
Min infolge der Kammersitzungen die Einheitlich-
keit der Geschäftsführung gefährdet schien, so er-
folgte zunächst durch Kab O v. 10. 7. 48 die Er-
nennung eines Unterstaatssekretärs zur Vertre-
tung des Min und Uebernahme der Funktionen
des Dirigenten des politischen Bureaus und später
die Wiederherstellung der Einteilung in zwei
Sektionen, einer ersten (politischen) Abteilung un-
ter unmittelbarer Leitung des Min, einer zweiten
unter einem Direktor (Kab O v. 11. 9. 50, Gesch-
Regl v. 6. 6. 51). Die Stelle des Unterstaatssekre-
tärs blieb längere Zeit unbesetzt. Seit 1854 be-
standen dann mehrere Jahre hindurch unter Vor-
tragenden Räten mit Direktorial- oder Dirigenten-
zulage drei Abteilungen, die politische, handels-
politische und Rechtsabteilung (Kab O v. 24. 9.
und Refl v. 20. 10. 54), bis im Jahre 1862 die
beiden letzteren wieder in einer Hand vereinigt
wurden.
Nach der Gründung des Norddeutschen Bundes
wurden die Ausw auf Kosten Preußens und
ohne Beisteuer der übrigen Staaten provisorisch
vom preußischen Min der Auswe wahrgenommen,
aber dann auf wiederholte Anregung des Hauses
der Abgeordneten (Beschl v. 9. 12. 67 und 1868)
und des RT (Beschl v. 17. 6. 68) für 1870 auf
den Bund und dessen Haushalt übernommen.
Das Min trat als „Auswärtiges Amt des Nord-
deutschen Bundes“ (AO v. 4. 1. 70) unter die
Oberleitung des Bundeskanzlers. Der bisherige
Unterstaatssekretär (v. Thile) erhielt den Charakter
als Staatssekretär. Dem neuen Amt wurde nun-
mehr auch die Beaufsichtigung der Bundeskon-
sulate übertragen, die als Bundesangelegenheit
dem im Jahre 1867 begründeten Bundeskanzler-
amt zugefallen war.
Mit Inkrafttreten der Reichsverfassung wurde
das nunmehrige „Auswärtige Amt des Deutschen
Reiches“ (Trl v. 4. 5. 71) der unmittelbaren Lei-
tung des Reichskanzlers unterstellt; es besorgt
aber auch preußische Angelegenheiten gegen eine
Abfindung von jährlich 120 000 Mk.